Was „stinknormal“ ist, lockt keinen Kunden mehr hinterm Ofen hervor. Mit jedem neuen Supermarkt steigen die Erwartungen ans Einkaufserlebnis: Die Konsumenten erhoffen sich etwas Überraschendes. Vanessa Mrasek und Laura Schaller von der Hochschule Würzburg-Schweinfurt entwickelten ein extravagantes Marktkonzept, das ein neues Einkaufserlebnis beschert. Damit überzeugten sie die Jury des Studentenwettbewerbs der Vereinigung freischaffender Architekten (VfA).
Ein Supermarkt dient heute nicht mehr nur dazu, sich das Nötigste für die nächsten Tage zu besorgen. In Zeiten der „Amazonisierung“ und „Zalandoisierung“ gilt es als immer wichtiger, „Shoppingerlebnisse“ zu bieten. Große „Retailer“ verbinden in ihren Konzepten Design, Mode, Kulinarik, Events und Workshops, um ihre Kunden zu begeistern und langfristig zu binden.
Vanessa Mrasek und Laura Schaller gingen vor diesem Hintergrund daran, einen Verbrauchermarkt zu gestalten, in dem sich die Menschen gern aufhalten und in dem sie in angenehmer Atmosphäre mit Genuss flanieren können. Eingekauft wird in ihrem Modell - über ein Stockwerk hinweg - rund um einen attraktiv begrünten Innenhof. Beim Schlendern durch den Markt sehen die Kunden durch weiß getönte, transparente Lamellen aus Kunststoff in den Hof hinein. Allein das ist für Supermärkte ungewöhnlich, sind Kunden doch meist gezwungen, in geschlossenen Räumen ausschließlich bei Kunstlicht einzukaufen.
„Der Markt selbst ist in einzelne Plattformen unterteilt“, erläutert Laura Schaller. Über flache, leicht begehbare Rampen gelangen die Kunden zu zehn verschiedenen Podesten, auf denen die Produkte präsentiert werden. Ist der Einkaufswagen voll, wird oben an der Kasse gezahlt. Die Kassenetage bildet damit den Abschluss des Einkaufstempels. Von dort aus geht es mit dem Lift wieder nach unten ins Erdgeschoss oder, so der Kunde mit dem Auto kam, in die Tiefgarage.
Ausschließlich mit Aufzügen von einem Stockwerk ins andere zu fahren, wäre ausgesprochen langweilig, finden Schaller und Mrasek: „Jedenfalls möchten wir beide so etwas in einem Supermarkt, in dem man Einkaufswägen benutzt, nicht erleben.“ Auch lange Rolltreppen, wie man sie von Supermärkten oder Flughäfen kennt, fanden die angehenden Architektinnen nicht attraktiv. „Aus diesen Überlegungen kamen wir auf die Idee einer durchgehenden Rampe“, so Mrasek.
Nachdem man auf Rampe jedoch keine Regale oder Präsentationstische aufstellen kann, entschlossen sich die Studentinnen, Podeste einzuplanen. „Beispielsweise werden nach unserer Empfehlung die großen Podeste an den Nord- und Südseiten mit Frischwaren ausgestattet oder mit bedienten Theken“, so Mrsaek. Der Zugang zu den Waren ist barrierefrei möglich. Schaller: „Unser Markt ist für alle Generationen gedacht.“
Mit ihrer Idee „Supermarkt ohne Grenzen“ betraten die beiden jungen Frauen Neuland in der Gestaltung einer Handelsimmobilie. Der Studentenwettbewerb, bei dem sie ihre Idee eingereicht hatten, trug den Titel „Germany‘s Next Top-Supermarkt - Erlebnismärkte statt Ladenkisten“. Insgesamt wurden neun Entwürfe eingereicht. Das Konzept der Würzburgerinnen überzeugte die Jury so sehr, dass es für 1000 Euro angekauft wurde. „Eine Realisierung steht derzeit allerdings noch nicht in Aussicht“, so VfA-Pressesprecherin Karoline Gruebe-Baier.
Für die 23-jährige Vanessa Mrasek und die 21 Jahre alt Laura Schaller bedeutet allein die Auszeichnung einen gewaltigen Ansporn, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen. „Die Möglichkeit, die eigene Kreativität durch Architektur zum Ausdruck zu bringen, macht den Architektenberuf so interessant und reizvoll“, sagt Schaller. Doch auch, mitzuerleben, wie eine kreative Idee technisch umgesetzt, ergänzt Mrasek, sei sehr spannend.