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WÜRZBURG
LGS 2018: Blumen statt Burger und Ice-Cream
Beim Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfest 1998: (von links) Jo Jones, Bürgermeister Adolf Bauer, Oberstleutnant Charles D. Allen mit seiner Frau Ann, Doris Bauer und Oberst Roger Jones.
Foto: ArchivStefan Pompetzki | Beim Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfest 1998: (von links) Jo Jones, Bürgermeister Adolf Bauer, Oberstleutnant Charles D. Allen mit seiner Frau Ann, Doris Bauer und Oberst Roger Jones.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 10.05.2017 03:36 Uhr

Für viele Würzburger ist es eine der schöneren Erinnerungen an die Besatzungszeit. Fast jedes Jahr zog es zwischen 1954 und 2006 nämlich immer im Mai die Würzburger hoch auf die „Skyline“ in die Leighton Barracks, das Deutsch-Amerikanische Freundschaftsfest entlang der ehemaligen Landebahn rief mit Burgern, Ice-Cream und Rock'n'Roll - und nicht nur die Jugend strömte.

Gefeiert wurde entlang der alten Landebahn, dort, wo schon in diesem September die ersten Mieter in die neuen Häuser der Stadtbau einziehen werden, und rund um den Hangar, wo derzeit Parkanlagen und der Biergarten der Landesgartenschau 2018 entstehen, anfangs auch noch auf dem Giebelstädter Flugplatz. Ausnahmen gab es nur in den Jahren 1986 wegen der Libyen-Krise, 1981 direkt nach dem ersten Golfkrieg und von 2001 bis 2005 im Nachklang der Anschläge vom 11. September.

„Dort gab es Familien, die hatten vier Autos.“

„Das war eine unheimlich wilde Zeit, in der die deutsch-amerikanische Freundschaft entstand und gepflegt wurde“, erinnerte sich Willi Lowinger 2010 in einem Gespräch mit dieser Redaktion an die Anfänge. Sein Vater hatte von Anbeginn im Jahr 1954 das Fest in den Leihton-Barracks organisiert, von ihm hatte er den „Job“ später auch übernommen und bis zum letzten Fest 2006 weitergeführt.

„Alle sind da hochgekommen und wollten einen Soldaten kennenlernen und die Amis sehen, die damals ja schon alles hatten. Deutschland befand sich noch in der Aufbauphase nach dem Krieg und dort gab es Familien, die hatten vier Autos“, erinnerte er sich.

Atomraketen mit 18 Kilometern Reichweite.

Die Berührungsängste waren nicht einmal 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges deutlich geringer, als sie es später mit dem amerikanischen Engagement in Vietnam wurden. 1960 war ein gigantisches Geschütz namens „Atom-Anni“ einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten in den Leighton Barracks, berichtete der Chronist. „Anni“ war ein 28-Zentimeter-Langrohrgeschütz auf einer fast 30 Meter langen Lafette, das seine fünfeinhalb Zentner schweren Atomgranaten rund 30 Kilometer weit schießen konnte.

Auch die „Honest-John“-Raketen genossen damals die Aufmerksamkeit der Würzburger und der Presse, obwohl oder gerade weil auch sie mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet werden konnten. Dezent verschwiegen hat der Chronist jener Zeit zur Sicherheit die Reichweite dieser Raketen: gerade mal etwas über 18 Kilometer konnten diese Raketen ihre atomare Fracht mit bis zu zehn Kilotonnen TNT Sprengkraft nur tragen.

Ice-Cream, Rock'n'Roll und Burger lockten.

Im Laufe der Jahre rückte trotz klassischer Konzerte im Residenz-Garten, gemeinsamer Tennis- oder Bowling-Turniere und zahlreicher anderer gemeinsamer Veranstaltungen immer mehr der Volksfest-Charakter in den Leightons auf dem Hubland in den Mittelpunkt des Geschehens. Ice-Cream, Rock'n'Roll und Burger lockten einfach mehr als Panzer und Raketen.

1969 war Schluss mit dem herumklettern auf Panzern und Raketen in den Leighton Barracks, „erstmals ohne Waffenschau“, schrieb der Chronist, blieb eine Erklärung aber schuldig. Aus der Zurschaustellung militärischer Macht war ein Volksfest geworden und 1970 hieß es in der Zeitung über die Eröffnung: „Wären die Ehrengäste nicht gewesen, wäre die Kulisse bei der Eröffnung doch zu dürftig gewesen“; nichts war es mehr mit 3000 Schaulustigen, wie noch bei der Eröffnung 1966.

Ein Abschied auf Raten.

2006 war dann mit einem letzten Fest Schluss, anschließend begann ein Abschied auf Raten. Im Januar 2009 holten die US-Streitkräfte ihre letzte Fahne auf den Leighton Barracks ein und übergaben die Schlüssel für das Gelände. Damit ging die 60-jährige Ära amerikanischer Militärpräsenz in Würzburg mit bis zu 10 000 US-Soldaten, Zivilangestellten und ihren Familien endgültig zu Ende. Das 134,5 Hektar große Gelände mit weiten Grünzonen ging in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland über.

Am Dienstag, 9. Mai, geht es in der Vortragsreihe „Dienstagsgespräche“ der Fakultät Gestaltung der Fachhochschule Würzburg/Schweinfurt um die Landesgartenschau 2018. Klaus Heuberger, Geschäftsführer der Landesgartenschau GmbH, Reinhard Meerwein, Ausstellungsdesigner und Inhaber der Agentur tecton, sowie der Würzburger Journalist und Historiker Roland Flade lassen die Teilnehmer hinter die Kulissen der komplexen Planungen und Konzepte blicken. Das „Dienstagsgespräche“ am 9. Mai findet um 19 Uhr im Fotostudio am Sanderheinrichsleitenweg 20 in Würzburg statt.

Eine „Gartenschau“ ist heute viel mehr, als der Name anklingen lässt: ein Event von Frühjahr bis Herbst für alle Altersgruppen, gärtnerische Erlebniswelten, die florale Vielfalt präsentieren, eine Plattform für aktuelle Themen im Kontext Leben in der Zukunft und Nachhaltigkeit. Ausstellungen erlauben eine Zeitreise zurück in die Geschichte des Ortes Hubland – im LAB 13 präsentieren die Fakultäten der Universität, FHWS und Musikhochschule aktuelle Arbeiten und Forschungstätigkeiten. Vor allem ist die gestaltete Parkanlage der Landesgartenschau auch ein ökologisches und soziales Instrument städtebaulicher Entwicklung, die den neuen Stadtteil Hubland mit dem Areal der Universität und der Stadt verbindet.

Auch den Kindern gefiel es mit Burgern und Ice-Cream. Das Foto stammt aus dem Jahr 1996.
Foto: ArchivNorbert Schwarzott | Auch den Kindern gefiel es mit Burgern und Ice-Cream. Das Foto stammt aus dem Jahr 1996.
 
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