„Ich habe mit meinen Mitarbeitern erst mal eine Flasche Sekt aufgemacht.“ Groß ist die Freude bei Hasse, als er am Donnerstag gegen 15 Uhr durch einen Anruf der DFG von der Ehre erfährt.
Die Auszeichnung sei eine „große Überraschung“, freut sich der Wissenschaftler. Im vergangenen Jahr sei er von der Universität vorgeschlagen worden. "Jetzt kommt der Preis für mich völlig unerwartet."
Preis verschafft große Freiheit
Er, so Hasse, empfinde die Auszeichnung als Anerkennung für seine gesamte bisherige wissenschaftliche Arbeit. Der Preis verschaffe ihm „große Freiheit“. Die 2,5 Millionen Euro hülfen ihm unter anderem, sich durch zusätzliches Personal von einigen administrativen Aufgaben zu entlasten und so mehr Zeit für die eigentliche Leidenschaft, das Forschen über das arabische Erbe in Europa, zu haben.
Der Einfluss der arabischen Kulturgeschichte auf das heutige Europa werde häufig unterschätzt, sagt Hasse. Eine Erkenntnis, die angesichts der Kriege in Syrien oder im Irak aktuell auch politische Bedeutung hat.
Der Professor erinnert daran, dass beispielsweise die Apotheke als Institution auf die Araber zurückgeht. Lange schon beschäftigt er sich mit dem Philosophen Averroes (1126 bis 1198), der als Autor einer medizinischen Enzyklopädie bekannt wurde.
Dag Nikolaus Hasse: Leiter eines Forschungsprojekts
Seit 2013 leitet Hasse ein auf 25 Jahre ausgelegtes und mit elf Millionen Euro gefördertes Forschungsprojekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften über die gemeinsamen Grundlagen der islamischen und europäischen Kultur im Mittelalter.
Dag Nikolaus Hasse, ein gebürtiger Bremer, studierte in Göttingen unter anderem Geschichte, Philosophie und Arabistik. Nach Stationen in den USA und in Großbritannien kam er 2000 nach Würzburg. Seit 2005 hat er eine Professur inne.
Träger des Röntgen-Preises
Die Uni Würzburg hat Hasse bereits 2003 mit dem Röntgen-Preis für Nachwuchswissenschaftler ausgezeichnet. Dabei wurde er als „Hoffnungsträger der Geisteswissenschaftler“ bezeichnet, schreibt die Hochschule in einer Pressemitteilung. Zu den ersten Gratulanten zählte denn auch Unipräsident Alfred Forchel. Er hatte zuletzt immer wieder betont, dass an der Alma Mater neben preisgekrönten Naturwissenschaftlern auch herausragende Geisteswissenschaftler forschen und lehren.
In einer Stellungnahme freute sich Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle über die Auszeichnung. Sie bestätige die „hohe Leistungsfähigkeit“ der bayerischen Wissenschaftslandschaft. Drei der zehn Leibniz-Preisträger kommen aus dem Freistaat, so auch der Bayreuther Mineraloge Daniel James Frost und der Münchner Informatiker Daniel Cremers.
Philosoph Hasse wollte derweil am Abend erst einmal den Ratschlag eines Kollegen befolgen: „Bevor Du Pläne machst, nimm Dir erst mal Zeit zum Genießen.“
Der Leibniz-Preis
Die Auszeichnung, benannt nach dem Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), ist der wichtigste Forschungsförderpreis in Deutschland. Vergeben wird er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Ziel des Programms, das es seit 1985 gibt, ist es, „die Arbeitsbedingungen herausragender Wissenschaftler zu verbessern, ihre Forschungsmöglichkeiten zu erweitern, sie von administrativem Arbeitsaufwand zu entlasten und ihnen die Beschäftigung besonders qualifizierter jüngerer Wissenschaftler zu erleichtern“, heißt es bei der DFG. Die Auszeichnung ist mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotiert. Für 2016 wählte die DFG aus 120 Vorschlägen zehn Preisträger aus.
Bisher haben zehn Wissenschaftler der Uni Würzburg einen Leibniz-Preis erhalten, darunter ein Geisteswissenschaftler. Otto Ludwig Lange und Ulrich Heber (Ökologie, Biochemie, 1986), Hans-Peter Zenner, Medizin, 1987), Ingrid Grummt und Bert Hölldobler (Molekularbiologie, Zoologie 1990), Martin Lohse (Pharmakologie, 1999), Ulrich Konrad (Musikwissenschaft, 2001), Thomas Mussweiler (Psychologie, 2006), Holger Braunschweig (Chemie, 2009) und Laurens Molenkamp (Physik, 2014).