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OCHSENFURT
Lange Tradition geht zu Ende: Metzgerei Pregitzer schließt
Metzger aus Tradition: Familie Pregitzer (von links: Bärbel, Kurt und Otto-Karl Pregitzer) schließt ihr Geschäft mit gemischten Gefühlen, darunter auch eine Prise Wehmut.C. Hettiger
Foto: Fotos: | Metzger aus Tradition: Familie Pregitzer (von links: Bärbel, Kurt und Otto-Karl Pregitzer) schließt ihr Geschäft mit gemischten Gefühlen, darunter auch eine Prise Wehmut.C. Hettiger
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 08.12.2016 03:51 Uhr

Bereits Urgroßvater Georg hat den Beruf des Metzgers ausgeübt, Großvater Otto und Vater Otto-Karl ebenfalls – und auch Kurt Pregitzer arbeitet, seit er als 15-Jähriger seine Lehre im elterlichen Betrieb begann, in der Metzgerei im Zentrum von Ochsenfurt. Am kommenden Wochenende schließt das Geschäft. Mit dem Ausstieg Kurt Pregitzers aus dem Familienbetrieb geht eine lange Tradition zu Ende.

Seit 1896 befindet sich die Metzgerei im Haus Nummer 43 in der Hauptstraße; über vier Generationen geführt von Familie Pregitzer, die so in der Stadt zu einer Art Institution geworden ist. Nicht zuletzt durch ihren Beitrag zum Ochsenfurter Bratwurstfest: Seit der ersten Veranstaltung vor 54 Jahren stellt man bei Pregitzer die Bratwurst her, der das Traditionsfest sein Markenzeichen verdankt.

Wie aber kommt es zur Schließung der alteingesessenen Metzgerei? „Ich spiele seit Jahren mit dem Gedanken“, sagt Kurt Pregitzer. Bei Arbeitszeiten unter der Woche täglich von sieben bis 20 Uhr, dazu jeder Samstag, bleibe „irgendwie das Leben auf der Strecke.

“ Langjährige Unterstützung gab es unter anderem durch die Fachverkäuferinnen Maria Kriegbaum und Martina Schimmer, die beide ihr Handwerk bei Pregitzers gelernt haben. In den letzten Jahren aber habe es keine Auszubildenden mehr gegeben, geeignetes Personal sei knapp, so Kurt Pregitzer. Dass vor einem halben Jahr auch die Eltern Bärbel und Otto-Karl Pregitzer wegen Krankheit des Vaters aus dem Geschäft aussteigen mussten, bestärkte den 52-Jährigen in seinem Beschluss. „Ich hab‘ die Metzgerei vor allem für die beiden aufrecht erhalten – der Laden war ihr ein und alles.“

„Ich habe meine Arbeit gern gemacht, mit Leidenschaft“, bestätigt Otto-Karl Pregitzer – ihm falle es „ein bisschen schwer, loszulassen“. Sein Lebensinhalt sei das Geschäft gewesen, so der 85-Jährige, in dessen Familie die Berufswahl nie zur Debatte stand. „Es war klar, man wird Metzger.“ Sein Beruf führte Otto-Karl Pregitzer über seine Lehre in Frickenhausen zu Stationen in Würzburg, Frankfurt und Heidelberg; die Meisterprüfung legte er in Augsburg ab, ehe er 1971 das Geschäft in Ochsenfurt übernahm.

„Man ist in die Arbeit reingewachsen“, sagt Bärbel Pregitzer. Sie hat Otto-Karl im Trachtenverein kennengelernt, 1961 geheiratet und seitdem ihr Leben nach dem Familienbetrieb ausgerichtet. Ehe sie ins Geschäft einstieg, machte Bärbel Pregitzer, die zuvor als Krankenpflegerin im Krankenhaus gearbeitet hatte, eine Umschulung zur Fachverkäuferin. Dazu gab es praktische „Hausaufgaben“ vom Ehemann, erinnert sich die 76-Jährige lachend. „Er wollte, dass ich Rippli mache, ich hatte aber Angst, das Fleisch zu verhacken.“ Als „Trockenübung“ empfahl ihr ihr Mann, Holz zu hacken.

Wenig Zeit für Freunde und Hobbys

Dass man mit einer Metzgerei rund um die Uhr Arbeit habe, davor hätte sie schon ihre Mutter gewarnt, sagt Pregitzer. Abgeschreckt hat sie diese Warnung nicht – „es gab zwar kaum Freizeit und wenig Privatleben, aber früher waren alle sehr genügsam“, so ihr Fazit. „Was gemacht werden muss, das wird gemacht“, lautet ein Motto ihres Mannes.

Von spontanen Sonntagseinsätzen für die zahlreichen Gastwirte, die man früher beliefert hat („Könnt ihr mir schnell 50 Schnitzel bringen, ich krieg‘ einen Bus!“) erzählen Otto-Karl und Bärbel Pregitzer, und vom traditionellen alljährlichen Einsatz beim Bratwurstfest („wir haben alle Würste mit der Hand abgedreht und bis nachts gegrillt“), und sie klingen dabei erschöpft und stolz zugleich.

Ein kleines Mädchen mit Schulranzen auf dem Rücken betritt die Metzgerei; Kurt Pregitzer wechselt vom Gespräch mit der Reporterin schnell hinter den Tresen. „Ein Leberkäs-Brötle?“, fragt er, noch ehe das Kind den Mund aufmachen kann. Das Mädchen nickt und beißt kurz darauf zufrieden in sein Brötchen. Eine Stammkundin? „Ja“, sagt Pregitzer und lacht. Er selbst habe nie Kinder gewollt, zu schwer sei es, den Metzger-Beruf mit Familie zu vereinbaren.

Um 7 Uhr den Laden einräumen, um 8 Uhr das Geschäft öffnen, Salate machen, Mittagessen kochen, im Verkauf arbeiten, Lieferungen entgegen nehmen, die Wurstküche sauber machen und zwei Tage pro Woche in der Produktion arbeiten – das sei der ganz normale Arbeitsalltag, der oft erst spät abends ende. Zeit für Freunde oder Hobbys bleibe da kaum, so Pregitzer, „und was passiert, wenn ich mir als Selbstständiger ein Bein breche und für ein paar Wochen ausfalle?“

Wie sein Vater ist Kurt Pregitzer in den Beruf des Metzgers hineingewachsen. Als Schüler erledigt er bereits kleine Aufgaben im Laden, „auch wenn ich oft lieber Fußball gespielt hätte“; mit 15 Jahren beginnt er im elterlichen Betrieb seine Lehre, 2003 übernimmt er das Geschäft. Wie geht es nach dem Ausstieg aus der Metzgerei beruflich für Kurt Pregitzer weiter? „Ich möchte im sozialen Bereich arbeiten und eine Ausbildung als Heilerziehungspfleger machen“, so der 52-Jährige, der außerdem vor Jahren das Malen für sich entdeckt hat und unter dem Künstlernamen „Mad Butcher“ seine abstrakten und farbenfrohen Werke ausstellt.

Die Zukunft des Metzger-Berufs sieht er wenig rosig: Die großen Supermarkt-Ketten führten dazu, dass viele Kunden sich nicht mehr auf den Weg in die Stadt machten. Zudem habe sich das Essverhalten der Menschen komplett geändert, so Pregitzers Eindruck. Zeit zum Kochen würden sich nur noch wenige nehmen. Und: „Manche geben mehr Geld für Hundefutter als für ihr eigenes Essen aus.“

Nachfolge gesichert

Die nächste Kundin betritt den Laden: „Deine selbstgemachte Salami schmeckt sehr gut“, lobt sie, ehe sie ihre Bestellung aufgibt. Pregitzer freut und bedankt sich. Kommt da doch etwas Wehmut hoch? Der 52-Jährige überlegt kurz. Angesichts der Schließung habe er „gemischte Gefühle“, er mache seinen Beruf gern und hänge an der Tradition. „Ich freu‘ mich aber unheimlich, endlich das Wochenende für mich zu haben.“

Obwohl die Ära Pregitzer zu Ende geht: Die Metzgerei in der Hauptstraße wird Ochsenfurt erhalten bleiben. Martin Eisenhauer, der bisher als Metzger in Külsheim gearbeitet hat, übernimmt als Pächter Laden und Produktionsräume. „Es freut mich unheimlich, dass es weitergeht“, sagt Kurt Pregitzer. Dass sich heute jemand als Metzger selbstständig macht, findet er „sehr mutig.“. „Jeder Metzger macht seine Wurst doch ein bisschen anders“, sagt Pregitzer, der das Handwerk und die Vielfalt schätzt. Eines aber sollte der Nachfolger am besten genauso machen wie die Pregitzers all die Jahre zuvor: die Würste fürs Bratwurstfest. „Das Rezept gebe ich weiter“, verspricht Pregitzer und lächelt.

 
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    ... wünsche ich Kurt Pregitzer. Viele können sich das Leben als Selbstständiger nicht vorstellen. Nicht um sonst heißt es selbst und ständig. Und was ist der Lohn? Respekt für den Mut nun einen anderen Weg zu geben. Alles Gute und viel Erfolg, aber vor allem wünsche ich viel Zufriedenheit!
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