Feierlich brachten die Reuscher ihre drei neuen Glocken auf einen Anhänger zur Kirche. Dort widmete Regionalbischöfin Gisela Bornowski in einem musikalischen Festgottesdienst im Freien diese ihrem Dienst. Wenn alles mit dem Einbau glatt läuft, dann sollen die Glocken spätestens zum Reformationsfest läuten.
Bei der Außenrenovierung der Reuscher Kirche traf die Kirchengemeinde bereits Vorbereitungen für neue Glocken, wenngleich die bei schon für die Renovierung geschätzten Kosten von rund 800 000 Euro nicht zu finanzieren waren. Notwendig war ein Austausch der alten Eisenhartgussglocken aus dem Jahr 1949.
Für den damaligen Pfarrer Dietrich Röhrs, der es sich nicht nehmen ließ, jetzt im Ruhestand, den Gottesdienst zur Glockenweihe zu halten, war es eine Fügung, was dann geschah. Mit Gerhard und Brigitte Hermann fand sich ein Stifterehepaar. Die kleine Glocke trägt die Aufschrift "Glaube, Liebe, Hoffnung" aus dem Korintherbrief des Neuen Testaments, der Hochzeitsspruch des Ehepaares.
Große Glocke neu gegossen
Also konnte geplant werden. Etliche Reuscher wohnten dann am 11. Oktober 2019 dem Glockenguss bei der Gießerei Rincker in Sinn bei. Doch am 12. Dezember erreichte die Kirchengemeinde eine Hiobsbotschaft: Die große Glocke muss neu gegossen werden. Die Glocke war zu tief und mit Hinschleifen wäre hätte es auch kein musikalisch gutes Ergebnis gegeben. Die "große Reuscherin" wurde dann am 15. Mai dieses Jahres neu gegossen.
Die kleine Glocke im Schlagton h für "Gott Heiliger Geist" soll laut Dietrich Röhrs bei allen Segenshandlungen erklingen. Als Symbol trägt sie das Ankerkreuz. Es steht für den christlichen Glauben, der Halt und Orientierung gibt.
Die Friedensglocke
Die mittlere Glocke im Schlagton gis‘ steht für "Gott Sohn" und trägt die Jahreslosung von 1919 als Aufschrift: "Suche den Frieden und jage ihm nach!". Sie ist die Friedensglocke, die jeden Mittag zum Angelus läutet. Sie sei Mahnung, in unserem Mühen nicht nachzulassen, für Frieden zu sorgen, sagte Röhrs. Glockenzier ist eine Taube, in der das Wort Friede in mehreren Sprachen eingearbeitet ist.
"Gott Vater" symbolisiert die große Glocke im Schlagton e‘. Sie trägt die Aufschrift "Land, Land, Land höre des Herrn Wort". Sie ist die Gebetsglocke, die zum Vater unser geläutet wird. "Jeder, wo immer er sie hört, ist aufgefordert, inne zu halten und das Vater unser mitzubeten", sagte Röhrs. Glockenzier ist das Kreuz auf der Weltkugel.
Die Aufschrift "Land, Land, Land höre des Herrn Wort" steht auf allen großen Glocken in den drei Gemeinden Reusch, Weigenheim und Geckenheim. Für Gisela Bornowski ein starkes Zeichen der Zusammengehörigkeit.
Anschlagen der Glocken
Nach der Vorstellung der Glocken hob ein Traktor jede einzelne an. Die kleine schlugen Jugendliche an, die mittlere ein Brautpaar und die große Vertrauensmann Rudi Albrecht, der sich mit großem Einsatz für die neuen Glocken engagiert hatte. So durften die Reuscher erstmals den Klang der Glocken hören, die laut Hanns Martin Rincker von der gleichnamigen Glocken- und Kunstgießerei Rincker bald in einem fröhlich klingenden Dur-Dreiklang läuten.
Eine Glockenweihe sei ein Jahrhundertereignis. So bleibe das Jahr 2020 für die Reuscher nicht nur als Corona-Jahr in Erinnerung, meinte Regionalbischöfin Gisela Bornowski. Heute in einer Zeit voller Geräusche träte Glockenklang eher in den Hintergrund. Bei ihrem Schlag sollten wir aber aufhorchen und Gottes Wort in unser Herz lassen, riet die Regionalbischöfin. Jetzt in der Coronazeit habe das Glockenläuten wieder eine neue Relevanz bekommen. "Glocken sollen trösten, ermutigen und erfreuen, sie rufen Euch die frohe Botschaft zu", schloss die Regionalbischöfin.