Das Speierloch gehört neben Döle, Nikolaustor, Stegen- und Salmannsturm zu den architektonischen Glanzpunkten der Stadtmauer rund um Heidingsfeld. Nachdem der Verein der Freunde der Meisterschulen (FdM) für Bauhandwerker und Straßenbauer Würzburg diesen mittelalterlichen Wehrbau 1978 wieder instand gesetzt und bis ins vergangene Jahr als Domizil genutzt hatte, ist nun das Kuratorium Speierloch der neue Mieter. Diese Organisation besteht hauptsächlich aus Mitgliedern der Bürgervereinigung Heidingsfeld.
„Das Speierloch wird kein Vereinsheim, davon gibt es im Städtle genug“, erklärt Victor Heck, einer der Kuratoriumsvorsitzenden. „Unser Ziel ist eine sinnvolle Nutzung als Ort der Kultur- und Brauchtumspflege.“ Geplant ist die Dauerpräsentation der Schau- und Informationstafeln zur Geschichte des Wehrgangs Speierloch und seines Namensgebers. Hier sollen zudem Führungen durch den Stadtteil sowie zu den Weinbergen beginnen.
Einige Male diente der Wehrbau schon als „Klassenzimmer“ für den Geschichtsunterricht von Mädchen und Jungen der Walther-Grundschule. Auch am Tag des offenen Denkmals durften Interessierte einen Blick hineinwerfen, und es fanden bereits einige Treffen von Mitgliedsverbänden der Bürgervereinigung statt.
Für den nächsten Frühling plant das Kuratorium eine Ausstellung mit Skizzen des Heidingsfelder Künstlers Ossi Müller, der das Giemaul am Heidingsfelder Rathaus geschaffen hat. Dazu ist vorgesehen, das Speierloch als Bestandteil des Sommerferienprogramms der Heidingsfelder Selbstständigen zu etablieren, Lesungen in Zusammenarbeit mit der Stadtteilbücherei zu ermöglichen, gemeinsam mit der Sing- und Musikschule Kammerkonzerte anzubieten und Vorträge über die Geschichte der Stadt Würzburg und des Stadtteils Heidingsfeld zu organisieren.
Weitere Nutzungsmöglichkeiten: Vorträge im Anschluss an Führungen über den jüdischen Friedhof; Ort für Sitzungen des Landschaftspflegeverbands sowie des Vereins „Bauhütte Alt-Heidingsfeld“, der zurzeit beispielsweise das ehemalige Feldhüterhäuschen am Blosenberg von Grund auf saniert; Ort für Empfänge und Tagungen des Kuratoriums; Einbindung in das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) Heidingsfeld bei der Neugestaltung des Rathausplatzes sowie des Projektes der Aufwertung der Achse Rathausplatz zum Mainufer.
„Wir hoffen auf finanzielle Unterstützung durch das ISEK-Programm“, sagt Victor Heck, denn das Kuratorium ist nicht in der Lage, das Speierloch dauerhaft aus eigener Kraft zu erhalten. Man zahlt Miete und Nebenkosten und wird sich engagiert an der energetischen Sanierung beteiligen. Aber nur mit Finanzspritzen von öffentlicher Seite, Geschäftsleuten und privaten Sponsoren kann das Kuratorium dieses Großprojekt stemmen.
Um das Speierloch winterfest zu machen, strichen sechs fleißige Helfer nun die zehn Fensterrahmen. Die energetische Sanierung beinhaltet unter anderem die Innendämmung des Fußbodens, der Geschossdecke und der Dachsparren und das Anbringen einer zusätzlichen Scheibe an den bleiverglasten Fenstern. Die Dämmung muss innen erfolgen, schließlich befindet sich außen historisches Mauerwerk. Nur mit der energetischen Sanierung ist es möglich, dieses geschichtliche Schmuckstück ganzjährig zu nutzen. Insgesamt schätzt das Kuratorium die Kosten auf über 200 000 Euro.
Nach der Rückgabe der Freunde der Meisterschulen an die Stadt gab es laut Heck Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten. Die Bürgervereinigung Heidingsfeld mit ihren rund 40 Mitgliedsvereinen und -organisationen war der Ansicht, dass das Speierloch nicht privaten Zwecken oder als „Lagerstätte für alte Akten“ dienen, sondern allen Interessierten zugänglich gemacht werden sollte.
Gebucht werden kann das Speierloch für kulturelle Zwecke bei Victor Heck, Tel. (09 31) 6 59 98. Wer die Sanierung finanziell fördern will, kann auf das Konto 100 601 993 der Bürgervereinigung Heidingsfeld spenden bei der VR-Bank (BLZ 790 900 00).
Speierloch
Das Speierloch wurde 1367 als spätmittelalterlicher Wehrbau errichtet; es ist ein Brückenbogen über dem Heigelsbach, den die Heidingsfelder auch „Zwischengemäuerbach“ nennen, weil er die Stadtmauer zu beiden Seiten des Baches verbindet; Zerstörung im Jahr 1945; Wiederaufbau durch die Freunde der Meisterschulen 1978/79. Der Name erinnert an Josef Speier (1873-1947); der Schuhmachermeister und Oberturnwart der Turngemeinde (TG) Heidingsfeld wohnte neben dem Wehrbau, hier befand sich ein inzwischen zugemauertes Loch in der Mauer, das als Zugang zu seinem Garten diente.