
In leichter Hanglage liegt der Garten der Schellers zwischen der schmalen Malzstraße und dem Schulweg der Reichenberger Grundschüler. Helmut Scheller hat ihn deshalb in drei Etagen gegliedert. Es macht den Schwung sanfter, die jeweils nächste Ebene geheimnisvoller.
Eine Natursteinmauer fängt die mittlere Terrasse ab. Bei der nächsten Stufe sind es Sommerblumen- und Staudenrabatten, teilweise von einem Steinwall abgefangen. Rasen ist das verbindende Element, mit dem man an Dahlienrabatten entlang unter Apfelbäumen hindurch zum Esstisch unter der Kirsche oder zur Ruhebank neben dem Teich gelangt.
Schlossblick
Von hier geht der Blick bis hinüber zum Reichenberger Schloss – wenn er nicht an der Ramblerrose Raubritter hängen bleibt, der die abgestorbene Zwetschge zur Verfügung gestellt wurde.
Es mögen die vielen Obstbäume sein, darunter eine 70 Jahre alte Kirsche, an der die Kinderschaukel hängt, die knorrigen Apfelbäume, oder die Buntheit der einjährigen Sommerblumen, Rosen und Stauden, die in großer Vielfalt das Beet teilen, ein paar Früchte zum Naschen, selbst für die Schulkinder – dieser Garten erinnert an Kindheit in Opas Garten. Zu einer solchen Auszeichnung gehört unbedingt Ausdauer, vor allem mit den Apfelbäumen. Mehr als ein Dutzend sind es, die von der üppigen Blüte über die Ernte bis zur kahlen Winterruhe die Jahreszeiten anzeigen.
Und unter ihrem lichten Schatten ist tatsächlich Platz für die Enkel. Mittendrin das Spielhaus, die Bobbycar-Rennstrecke, die über alle Ebenen hinunter führt, die Lurche im Teich. Nebenan feiern sich Jungs auf dem Ferienspielplatz, singen: „Wir sind alle Reichenberger Jungs, Reichenberger Jungs!“.
Naturnah
Die Apfelbaumwiese, die Wildhecke am Schulweg entlang, Wein an den Hauswänden, es ist ein naturnahes, auf Erfahrung beruhendes Gärtnern, bei dem das Ehepaar Scheller Hand in Hand arbeitet, schneidet, erntet und vermehrt. „Alleine wäre ich aufgeschmissen“, betont Helmut Scheller.
Chemie ist tabu. Da setzt er lieber auf robuste Sorten wie die blaue Tafeltraube Boskoops Glorie beispielsweise. Traditionelle Apfelsorten wie Gravensteiner, Berlepsch, Goldparmäne oder der Glockenapfel versorgen die Familie mit Lagerobst und Saft. Hausbaum ist ein Winter-Glockenapfel mit seinen süßen, nur etwas säuerlichen Früchten, wie Scheller findet. Er ist auch zum Backen geeignet und vor allem lange haltbar.
Lange Erfahrung
Und es sind alte Erfahrungswerte präsent. So erwartet Helmut Scheller heuer einen langen Sommer. Es hat ja auch der Flieder lange geblüht. Da sei in jedem Fall etwas Wahres dran, versichert er. Genau wie bei der Regel, den tiefen Rückschnitt bei den Rosen erst zu machen, wenn die Forsythie blüht. Dann droht kein harter Frost mehr.
Eine Stunde dauert allein das Gießen täglich. Wenn alle Zisternen voll sind, reichen sie ohne weiteren Regen etwa zwei Wochen. Dann müsste Wasser angefahren werden, denn Leitungswasser wäre Helmut Scheller zu kostbar.
Der Garten hat auch eine Aufgabe im Ehrenamt. Seit 21 Jahren kümmert sich Waltraud Scheller zusammen mit Wilma Reuter Woche für Woche um den Blumenschmuck in der Kirche. Und neuerdings sogar noch um die Anlage um die Kirche herum. Zuverlässig lange Blühzeiten wie bei den Dahlien oder Echinacea werden für die Altäre gebraucht oder auch Volumen wie es die Goldrute schafft. Jedenfalls muss immer etwas Blühendes da sein. Dazu wurde auch das frühere Gemüsebeet noch mit Blumen belegt.
Traditionelle Sorten
Es sind diese traditionelle Sorten in großer Vielfalt, die dazu beitragen, dass der Garten etwas heimelig Vertrautes ausstrahlt: Calendula, Tagetes, Phlox, Sonnenaugen, Malven, Astern und Geranien. Es geht auch ohne permanent neue Garten-Trends. Was nicht heißt, dass es nicht auch Besonderheiten gäbe wie die Kriechweide am Teich, eine buschig wachsende, niedrige Weidenart.
In technischen Dingen neigt Helmut Scheller aber sehr wohl zu Experimenten und Neuerungen. So hat er bei der Generalsanierung des Hauses vor zehn Jahren eine Erdwärme-Heizung eingebaut. Es finden sich außerdem eine Menge Eigenkonstruktionen. Um der Verdunstung im Teich entgegen zu wirken, gibt es ein langes, ausziehbares Rohr mit passendem Anschluss für das Regen-Fallrohr an der Garage. Es ist ein Eigenbau des gelernten Schlossers, der Jahrzehnte als Hausmeister in der Schule nebenan tätig war. Ebenso wie der Wintergarten, der mit einer Ochsenherztomate von Schnacken frei gehalten wird. Darin findet man auch eine 1,80 Meter große Geranie in leuchtend roter Blüte – der Beweis, dass hier mindestens zwei grüne Daumen am Schaffen sind. Und genau genommen ist der ganze Garten eine Eigenkomposition, nach dem Hausbau 1975 angelegt und entwickelt.
Rankhilfen und Rückschnitt
Markant ist die Glyzinie, die seit zehn Jahren daran arbeitet, das Haus einzugrünen. Sie ist zu einer echten Herausforderung geworden. 14-mm-Edelstahl-Verankerungen und geschmiedete Rankhilfen hält sie von der Wand fern. Mit radikalem Rückschnitt im August versucht Scheller sie in ihrer Unbändigkeit, mit der sie an den Stahlseilen zieht, einzudämmen. So schön die Eingrünung ist – für das Alter ist diese Pflanze nichts, sagt er. Dort, wo er vor zwei Wochen zurückgeschnitten hat, sind die ersten Blätter schon wieder voll da.
Pflegeleichter sind da die Ramblerrose oder die Wildrose, die sich die Blutpflaume als Rankhilfe ausgesucht hat. Und auch die reihum gepflanzten Clematis, die der Zuckerhut-Fichte zarte Blüten anheften.
Mehr Sonne
Ein imaginäres Baustellen-Schild steht gerade im Vorgarten. Die Ligusterhecke entlang der Straße wurde auf Stock gesetzt. Sie nimmt der Einliegerwohnung zu viel Licht weg. Es sonnt sich dort in praller Morgensonne jetzt der gerade voll aufgeblühte Eibisch in einem bunten Blumenteppich. Es könnte aber sein, dass Helmut Scheller noch mehr verändert.







