Es muss 2011 gewesen sein, als der freischaffende Künstler Wolfang Hrapia die Idee für ein Projekt hatte, das ihn zehn weitere Jahre beschäftigen sollte. Sein Gedanke: Die künstlerische Umsetzung der neuen globalisierten Welt. Innerhalb eines Vormittags schrieb er das Konzept nieder, daraufhin verschwanden seine Ideen aber vorerst wieder in einer Schublade.
"Da waren viele offenen Fragen, vor allem die, ob das nicht alles zu groß für mich ist", so Hrapia. Doch nach ein paar Monaten wollte er sich dann doch seiner Idee widmen. Diese bestand im Groben darin, einen Teelöffel Erde aus jedem Land der Welt zu organisieren, sie anschließend zu vermischen, und in der Erde schlussendlich "globale Bäume" zu pflanzen.
Wie kommt man an Erde aus Kasachstan, Uganda, oder Panama?
Der Weg dahin war bis zum Schluss von Hindernissen und Herausforderungen geprägt. Hrapias erster Versuch bestand darin, Firmen aus verschiedensten Ländern zu recherchieren. An die entsprechenden E-Mail-Adressen schickte er dann seine Anfragen. Erfolgreich war er damit nicht, auf 100 Mails habe er vielleicht drei Rückantworten erhalten. Seine nächste Idee war, weltweit mit Goethe-Instituten zu kooperieren. Diese gibt es aktuell in 98 Ländern – doch die Institute waren nicht bereit, ihm Erde zuzusenden.
Als er schließlich in seinem Bekanntenkreis von dem Projekt erzählte, konnte er erste Erfolge verbuchen. Freunde von Freunden verbreiteten die Idee und so entstanden Kontakte mit Menschen aus Deutschland, die in den verschiedensten Ländern leben. Per Post erreichten Wolfgang Hrapia so mehr und mehr Pakete mit Erde. Jahrelang sei der morgendliche Briefkastenbesuch eines seiner täglichen Höhepunkte gewesen, erzählt er.
Die ersten Erfolge motivierten Hrapia, unkonventionellere Wege einzuschlagen und in seiner Herangehensweise kreativer zu werden. So kontaktierte er NGOs, politische Stiftungen, Botschaften und Konsulate. Dabei taten sich immer neue Wege auf, oft wurde er an neue Kontakte weiterverwiesen.
Hrapia: "Völkerverständigungsprojekt und Friedensangebot an die Natur"
Einmal habe er im Radio ein Interview mit einem Professor der Koreanistik gehört, der von seiner Reise nach Nordkorea berichtete, also habe er ihn kontaktiert, so Hrapia. Glücklicherweise hatte der Professor einen Stein aus dem nordkoreanischen Gebirge mitgebracht, den er Hrapia zukommen ließ, woraufhin dieser ihn zu Sand zermahlte.
Für das Projekt musste Hrapia sehr geduldig sein. Der 65-Jährige erinnert sich an Momente, in denen er fast aufgegeben hätte. Doch was ihn dann wieder motivierte habe, sei die Philosophie hinter seinem Projekt gewesen sowie die Gedanken, denen er damit Ausdruck verschaffen wolle.
"Für mich ist es ein Völkerverständigungsprojekt, und ein Friedensangebot an die Natur", so Hrapia. Zu sehen, dass weltweit Menschen mitgeholfen haben, sei für ihn so erfüllend gewesen, dass er gerne weitere Zeit und Arbeit investiert habe. Mit seiner Arbeit will er sich keineswegs für die Globalisierung aussprechen, doch er erkennt an: Vor 20 Jahren sei so ein Projekt unmöglich gewesen. "Was auf der Welt passiert ist, hat man damals kaum erfahren. Heutzutage bin ich beim Weltgeschehen live dabei."
Ein Kunstprojekt, das Menschen zusammenbringt
Das zuletzt noch fehlende Land war Nauru, ein Inselstaat im pazifischen Ozean. Nach zahlreichen Versuchen sei er wieder kurz davor gewesen, aufzugeben, erinnert sich Hrapia. Letztendlich habe sein Schwiegersohn aber doch eine Person ausfindig machen können, die nauruische Erde organisierte. Das letzte Paket mit Erde bekam der Eisenheimer zu seinem 60. Geburtstag geschenkt. Das sei ein gelungener Abschluss der ersten Phase seines Projektes gewesen, das ihm letztendlich viele wertvolle Kontakte ermöglicht habe.
Eigentlich versteht sich Hrapia eher als Einzelgänger, in seinem Leben sei er viel gereist, habe auch zuvor schon verrückte Projekte gestartet. "Die Vermischung der Welt" habe gezeigt, wie viel durch menschliches Zusammenwirken erreicht werden könne.
Was es mit Hrapias "globalen Bäumen" auf sich hat
Nachdem er die Erde aus jedem Land gesammelt hatte, machte Hrapia sich auf die Suche nach Menschen aus der Region. Diese kippten dann jeweils zwei der 194 Dosen mit internationaler Erde in Hrapias "Weltvermischungsgefäß" und verkündeten ihren Bezug zur Globalisierung. Auf seinem YouTube-Account mit dem Namen "Die Vermischung der Welt" sind nun kleine Videos verfügbar, in denen ein Theologe, eine Kauffrau, ein Rechtswalt und viele weiteren Menschen Beiträge zu Hrapias Projekt leisten.
Zuletzt legte Hrapia nochmal selbst Hand an und pflanzte rund 400 einheimische Bäume in kleine Plastiktöpfe, zu denen er jeweils noch einen Teelöffel der globalen Erde hinzufügte. Das Projekt des 65-jährigen Rentners ist damit aber immer noch nicht beendet: Aktuell recherchiert er über Baumpflanzprojekte in ganz Deutschland. Hrapias Ziel ist es, seine "globalen Bäume" möglichst weit gestreut im ganzen Land zu verkaufen.