Im Sommer hat sich die Gemäldegalerie des Martin-von-Wagner-Museums in der Residenz von einem ihrer wertvollsten Kunstwerke getrennt. Allerdings nur auf Zeit. Da das Wagner-Museum derzeit renoviert wird und geschlossen ist, konnte ein dreiflügeliges Altargemälde des florentinischen Künstlers Gherardo Starnina aus dem frühen 15. Jahrhundert an den Ort seines Ursprungs ausgeliehen werden. In Florenz sorgt das Bild seitdem unter den Experten für Erstaunen und Begeisterung.
Ihrem Museum sei ein „gigantischer Coup“ gelungen, wird Cecilie Hollberg, die Direktorin eines der bedeutendsten Museen der Welt, der Galleria dell?Accademia in Florenz:, in einer Pressemitteilung der Würzburger Universität zitiert: „Normalerweise würde man es kaum wagen, um die Ausleihe eines solchen Werkes zu bitten, weil es einfach zu wertvoll ist.“
In Florenz wurde die wertvolle Leihgabe inzwischen auf den klingenden Namen „Trittico di Würzburg“ getauft. Das „Würzburger Triptychon“ ist damit an den Ort seiner Entstehung zurückgekehrt: Gherardo Starnina (ca. 1360–1413) hat es vermutlich kurz nach 1400 in Florenz gemalt.
Studientag für das Triptychon
In der, nach Ansicht von Experten, renommiertesten Restaurierungswerkstatt Europas, dem Opificio delle Pietre Dure in Florenz, sind die drei Tafeln umfangreichen technologischen Untersuchungen unterzogen worden. Jetzt kamen Kunsthistoriker und Restauratoren in der Galleria dell?Accademia zusammen, um die Ergebnisse bei einem eigens anberaumten Studientag zu diskutieren.
Dafür wurde das Triptychon „an einem der erlauchtesten Orte der italienischen Kultur“ aufgebaut – wie Damian Dombrowski, Direktor der Neueren Abteilung des Martin von Wagner Museums der Universität, sagt: zwischen der Galleria degli Prigioni, wo die größte Sammlung von Skulpturen Michelangelos versammelt ist, und der Rotunde um den „David“, eines der Wahrzeichen von Florenz.
In den Vorträgen seien immer wieder die technische Perfektion Starninas und der außerordentliche Erhaltungszustand des Würzburger Triptychons hervorgehoben worden, so Dombrowski, der zu der Tagung nach Florenz gereist war.
Extrem guter Erhaltungszustand
Dieser Ausnahmecharakter sei der eigentliche Anlass für den Studientag gewesen, heißt es weiter in der Uni-Mitteilung. Unter Zuhilfenahme von neu angefertigten Infrarot-Reflektographien und Röntgenaufnahmen könne man an dem Triptychon mustergültig die Entstehung eines Gemäldes im frühen 15. Jahrhundert ablesen, erklärt Kunsthistoriker Dombrowski.
Die Frische der Tafeln habe selbst erfahrenen Restauratoren die Sprache verschlagen: „Es ist alles andere als gewöhnlich, auf ein so gut erhaltenes Werk zu stoßen“, bemerkte Marco Ciatti, Direktor des Opificio delle Pietre Dure: „Man könnte glauben, es sei gerade gereinigt worden – aber das ist es eben nicht.“ Und Angelo Tartuferi, der für die ältere Malerei zuständige Konservator der Accademia, ergänzte launisch: „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich dieses Werk aufgrund seines Zustands für eine Fälschung halten.“
Vorschläge zur Rekonstruktion
Neben den konservatorischen Aspekten kam auch das ehemalige Aussehen des Triptychons zur Sprache. Denn das Werk sei ursprünglich in ein großes Retabel integriert gewesen – was bedeutet, dass eine Altararchitektur zahlreiche weitere Bilder aufgenommen hat. Für den Studientag in Florenz wurde das Rahmensystem jetzt so weit wie möglich rekonstruiert, wobei auch etliche Fragmente identifiziert wurden, die einst zu der Bilderwand gehörten.
„Leider sind diese Fragmente über die ganze Welt verstreut, doch immerhin: Das Wissen über das Werk und seine Kontexte ist durch die neuen Forschungen um ein Vielfaches erweitert worden – bis hin zu den Engeln am Thron der Madonna“, sagt Damian Dombrowski.
Engel mit Instrumenten habe es schon früher gegeben, erläuterte die Musikwissenschaftlerin Arianna Soldani, aber im Würzburger Triptychon seien zum ersten Mal musizierende Engel dargestellt worden. So war es nur folgerichtig, dass ein Konzert mit Musik aus dem 15. Jahrhundert den Studientag ausklingen ließ.
Highlight in Florenz
Eine Ausstellung, die ab 22. November in Florenz zu sehen sein wird, ist der Grund, weshalb das Martin-von-Wagner-Museum Starninas Werk auf die Reise geschickt hat. Im Mittelpunkt steht dann der Maler Giovanni dal Ponte (1385–1437). Am Anfang der Ausstellung wird das Würzburger Triptychon zusammen mit Werken weiterer Protagonisten der Kunst in Florenz am Anfang des 15. Jahrhunderts die künstlerische Situation vergegenwärtigen, in die sich der bisher nur mäßig bekannte dal Ponte hineingestellt sah.
Für das Martin-von-Wagner-Museum hat sich die Leihgabe auf jeden Fall gelohnt. „Die universitäre Kunstsammlung konnte auf großem Parkett ihren internationalen Rang unter Beweis stellen“, so Dombrowski. Zugleich sei der Erkenntnisgewinn nicht ohne Folgen für die künftige Präsentation des Werks. „Wenn die Gemäldegalerie im Frühjahr 2018 wiedereröffnet wird, ist für das „Trittico di Würzburg“ ein Ehrenplatz reserviert“, verspricht der Direktor.
Wiedereröffnung: Mit der Sonderausstellung „Julius Echter – Patron der Künste“, die am 24. Juni 2017 anlässlich von Echters 400. Todestag eröffnet wird, werden die renovierten Ausstellungsräume der Gemäldegalerie in der Residenz erstmals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein.