Die Raiffeisenbank Estenfeld-Bergtheim eG hat 8533 Mitglieder. 325 davon trafen sich am Montagabend in der Höllberghalle in Kürnach zur Generalversammlung. Unter anderem setzte die Genossenschaftsbank vier Busse ein, um die Teilnehmer aus 14 Ortschaften an verschiedenen Haltestellen einzusammeln und wieder nach Hause zu bringen.
Die Raiffeisenbank, betonte der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Schauer, könne nicht im luftleeren Raum existieren, sondern werde gestaltet und getragen von den Mitgliedern und der aktiven Teilhabe. Dieses Konzept sei zukunftsträchtig. Ein Mitgliederzuwachs von 259 Personen bestätigte Schauers Ansicht, dass das Modell der genossenschaftlich organisierten, nicht ausschließlich an Gewinnmaximierung orientierten Banken gerade jüngere Menschen wieder begeistern könne. Die Raiffeisenbank existiere dank der Eigeninitiative von Menschen vor Ort und sei unabhängig vom Staat, so Schauer. Internationale Umfragen bestätigten, dass all das im Trend liege. Über 55 Prozent der Befragten hätten darin angegeben, ein solches Bankmodell anderen vorzuziehen.
Im luftleeren Finanzraum, das machte im Anschluss der Vortrag des Vorstandsmitgliedes Edgar Bauer deutlich, agiert aber gerade eine Raiffeisenbank im europa- und weltweiten Geld- und Kreditgeschäft eben auch nicht. In Zeiten der Null- und Minuszinspolitik seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) werde das Geschäft und die Gewinnerzielung vor allem für Banken mit eher traditionellem Geschäftsgebaren immer schwerer. Bauer empfiehlt den Kunden in solchen Zeiten, "ihr Vermögen zu streuen und so Vor- und Nachteile verschiedener Anlagemöglichkeiten optimal zu nutzen". Dies mache auch die Bank selbst.
Neue Ertragsquellen erschließen
Nicht zuletzt auch zum Nutzen der Anteilseigner minimiere sie Kosten und versuche gleichzeitig, sich neue Ertragsquellen zu erschließen. Aus dieser Überlegung heraus, so Bauer, folgt auch die Raiffeisenbank Estenfeld-Bergtheim dem derzeitigen Trend: sie schloss Filialen, wandelte sie in die weniger personalintensive Selbstbedienungsvariante um oder verkürzte die Öffnungszeiten.
Den neuen Ertragsquellen wiederum stimmte die Versammlung in Form einer Satzungsänderung zu. Artikel neun der Satzung, der sich mit Zweck und Gegenstand der Bank beschäftigt, wurde damit ergänzt um den Zweck: Erwerb und Veräußerung, Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Immobilienvermögen sowie die Entwicklung von Immobilien.
Der Erfolg freilich ist begrenzt. Tatsächlich, stellte der Finanzexperte eine unglaubliche Zahl in den Raum: wegen der Negativzinspolitik brauche man, um den gleichen Spareffekt zu erzielen, statt wie früher zehn bis zwölf Jahre heute 146 Jahre. Die Kritik an der Zinspolitik der Notenbank sei insofern durchaus gerechtfertigt. Auch, weil das Risiko für Spekulationsblasen steige, die Inflationsziele nicht erreicht würden und die Investitionsbereitschaft in Südeuropa trotzdem nach wie vor gering sei. Derzeit aber, beruhigte Bauer, wolle man in Estenfeld die Belastung des Zinspolitik nicht an die Kunden weitergeben, wie es andere schon getan hätten. Lediglich die Raiffeisenbank selbst zahle Negativzins, ihre Kunden nicht. Eine Garantie, dass das so bleibe, könne er allerdings nicht geben. Auf Antrag der Hausherrin Sieglinde Bayerl, stellvertretende Bürgermeisterin in Kürnach, wurden Vorstand und Aufsichtsrat von der Versammlung entlastet.
Zuvor hatte Schauer den Prüfbericht verlesen, der den Gremien uneingeschränkt gutes Arbeiten bescheinigt. Turnusmäßig schieden Nicole Issing und Klaus Schauer aus dem sechsköpfigen Aufsichtsrat aus und wurden beide wiedergewählt.
Neben langjährigen Mitgliedern – die 50, 60 und 65 Jahre dabei sind – wurde Vorstandsmitglied Johannes Flammersberger für 25 Dienstjahre in der Raiffeisenbank Estenfeld-Bergtheim ausgezeichnet. Seit gar 75 Jahren Mitglied ist Erwin Wolf aus Rupprechtshausen, der seine Dankurkunde persönlich entgegennahm.