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Würzburg
Kulturreferent Al Ghusain verteidigt seine Doppelrolle
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:07 Uhr

Ein Dauerbrenner in der Würzburger Kommunalpolitik: Die Doppelrolle von Muchtar Al Ghusain, der städtischer Kultur-, Schul- und Sportreferent und gleichzeitig Vorsitzender der Würzburger SPD ist. Das Parteiamt hat Al Ghusains Position im Rathaus bereits geschwächt: Oberbürgermeister Christian Schuchardt hat ihm vor einem Jahr die Werkleitung des Mainfranken Theaters entzogen, nachdem Al Ghusain sich als SPD-Vorsitzender gegen den Anbau des Theaters geäußert hatte, den er als Kulturreferent voran treiben soll. Nach der Entmachtung hat der 52-Jährige versprochen, künftig sein politisches Engagement „noch stärker“ von seinem Referentenamt zu trennen. Jetzt nimmt Al Ghusain selbst zu diesem Thema Stellung.

Frage: Der OB hat jüngst erklärt, dass „der Referent Al Ghusain Teilen des Stadtrats nicht immer politisch unabhängig zu agieren“ scheint. Grund dafür sei Ihre Funktion als Vorsitzender der Würzburger SPD. Wie sehen Sie Ihre Doppelrolle?

Muchtar Al Ghusain: Das Thema wird überbewertet. Es ist in Bayern doch eher die Regel als die Ausnahme, dass Referenten gleichzeitig auch politische Funktionen ausüben. Beispielsweise ist Christian Lange, Bildungs-, Kultur- und Sportreferent in Bamberg dort gleichzeitig CSU-Kreisvorsitzender – bei einem SPD-OB. Ähnliche Fälle gibt es in Aschaffenburg, Coburg oder München. Doch woanders wird das nicht so hochgekocht. Die Demokratie lebt von Menschen, die sich politisch engagieren. Man sollte es denen, die es tun, nicht als Nachteil auslegen.

Ein Referent leitet ein Teilgebiet der Verwaltung und berät den Stadtrat fachlich bei Entscheidungen. Dabei orientieren sich die Referenten an den Vorgaben des Chefs der Verwaltung, dem OB. Der Vorsitzende der Würzburger SPD soll die Arbeit des OB dagegen kritisch hinterfragen und Alternativen zu dessen Politik entwickeln. Wie geht beides gleichzeitig?

Al Ghusain: Zum einen ist meine Schwerpunktaufgabe als SPD-Vorsitzender nicht die Kommunalpolitik. Ich kümmere mich um Organisation, Veranstaltungen, bundes- oder landespolitische Themen, auch um Kommunales und vertrete die Partei nach außen. Das haben meine Vorgänger in dieser Funktion auch so gehalten. Die Auseinandersetzung mit der Politik des OB führt die SPD-Fraktion, beziehungsweise deren Vorsitzender Alexander Kolbow. Zum anderen arbeite ich selbstverständlich loyal mit OB und Stadtrat zusammen und setze auch die Dinge um, zu denen ich konträre Ansichten habe. Das geht meinen Referenten-Kollegen nicht anders. Die Menschen können Perspektiven doch trennen.

Dennoch wurden Sie im Stadtrat härter angegangen, als andere Referenten. Zum Beispiel von der CSU-Fraktion in der Debatte um den Hafensommer. Schlägt Ihnen aus dem konservativen Lager häufig Misstrauen entgegen?

Al Ghusain: In persönlichen Begegnungen nicht. Aber in der Diskussion um den Hafensommer war es tatsächlich bizarr, wie man versucht hat, mich persönlich anzugehen.

Wie gehen Sie damit um?

Al Ghusain: Ich bin ja eher ein sachlicher Typ. Auseinandersetzungen auf so einer Ebene sind nicht mein Stil. Feindseligkeit und Kritik habe ich auch schon früher gespürt. Das liegt aber auch daran, dass ich etwas gestalten will. Das bringt Veränderungen mit sich. Manche fühlen sich dadurch herausgefordert, manche gehen in Opposition. Das muss ich aushalten.

Haben Sie solche Schwierigkeiten vorausgesehen, als Sie im Herbst nach der verlorenen OB-Wahl den Vorsitz der Würzburger SPD übernommen haben?

Al Ghusain: Ich bin nicht naiv. Mit der OB-Kandidatur habe ich mich politisch positioniert, das war mir natürlich klar. Ob der Vorsitz da noch eine große Rolle gespielt hat? Ich glaube fast nicht.

Es hat die Situation vielleicht zusätzlich verschärft. Und die war nach dem Block-Wahlkampf ums Oberbürgermeisteramt 2014 und dem Versuch der Konservativen, den FDP-Mann Joachim Spatz ins Bürgermeisteramt zu heben, ohnehin schon sehr angespannt...

Al Ghusain: Ich weiß, dass sich der OB über meine Entscheidung nicht gefreut hat. Allerdings wäre ich an seiner Stelle auch nach der Wahl von Anfang an stärker auf den politischen Gegner zugegangen.

Frage an den SPD-Vorsitzenden: Müsste er das auch heute noch stärker tun?

Al Ghusain: Ja. Das habe ich ihm auch schon gesagt. Das würde es auch der SPD-Fraktion leichter machen auf ihn zuzugehen. Es tut allen Seiten gut, wenn man miteinander spricht. Meine Doppelrolle könnte sogar helfen zu vermitteln.

Wie ist ihr persönliches Verhältnis zu Oberbürgermeister Christian Schuchardt?

Al Ghusain: Wir arbeiten professionell zusammen. Der tägliche Umgang ist freundlich und in der Regel konstruktiv.

Nicht zur Regel gehört offensichtlich die Mozartschule. Die Meinung des Schul- und Kulturreferenten interessiert den OB offensichtlich wenig, wenn er beispielsweise die Unterbringung von Sing- und Musikschule und Hochschule für Musik plant.

Al Ghusain: Das Thema Mozart-Areal ist verfahren. Das ist es seit Jahren und das ist es noch mehr, seitdem das Ratsbegehren verloren wurde. In allen anderen Themen arbeiten wir aber intensiv zusammen.

Werden Sie über alles informiert? Oder gibt es Fälle, wo man Sie außen vor lässt, weil man nicht will, dass die SPD davon erfährt?

Al Ghusain: In den meisten Fällen bin ich umfassend informiert. Es gibt aber natürlich Themen, die ein OB zunächst für sich behält. Das steht ihm ja auch zu.

Im nächsten Jahr steht Ihre Wiederwahl als Kultur- und Schulreferent an. Bewerben Sie sich um eine dritte Amtszeit?

Al Ghusain: Dazu ist es noch zu früh. Meine Amtszeit geht ja noch über zwei Jahre.

Wäre ein Mandat im Land- oder Bundestag eine Alternative?

Al Ghusain: Auch das ist zu früh. Jetzt widme ich mich meinen Aufgaben, der Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern im Rathaus und der Stadt.

Um letztere voran zu bringen, wäre es wichtig, dass sich die Gräben im Stadtrat schließen. Glauben Sie daran?

Al Ghusain: Ich kann natürlich nicht in die Köpfe hineinsehen. Ich kann nur für Gelassenheit werben und dafür, dass man sich sachlich miteinander auseinandersetzt. Wir sind doch alle dem Wohl der Stadt verpflichtet.

Muchtar Al Ghusain

Muchtar Al Ghusain wurde 1963 geboren, ist in Würzburg aufgewachsen und hat an der Hochschule für Musik studiert. Nach einem Aufbaustudium in Hannover (Kulturmanagement) war er Kulturmanager in Schwäbisch Gmünd Hall und im niedersächsischen Kulturministerium tätig. Seit 2006 ist er Kultur-, Schul- und Sportreferent in Würzburg. 2011 wurde er vom Stadtrat für eine zweite Amtsperiode von sechs Jahren wiedergewählt. SPD und Grünen stellten Al Ghusain in der Kommunalwahl 2014 als gemeinsamen Oberbürgermeisterkandidat auf. Bei der Stichwahl am 30. März 2014 unterlag er Christian Schuchardt (CSU, FDP, WL-FW) mit 44,27 Prozent.

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Foto: Thomas Obermeier
„Die Demokratie lebt von Menschen, die sich politisch engagieren. Man sollte es denen, die es tun, nicht als Nachteil auslegen.“
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Kommentare
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  • S. T.
    Wäre er ein CSU -Mann und gleichzeitig Referent würden es alle normal bis toll finden und ihm zu seiner Cleverness gratulieren.... Bayern halt...
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  • S. T.
    Na, was denn nun?
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