
Als Michael Wollny, kurz nachdem er offiziell als Würzburger Kulturpreisträger des Jahres 2018 ausgezeichnet worden war, sich am Donnerstagabend an den extra von der Musikhochschule in den Ratssaal transportierten Flügel setzte, wurde es mucksmäuschenstill. Leise und gefühlvoll tastete er sich in die Komposition "White Moon" von Chris Beier. Was durchaus als Hommage an seinen Würzburger Klavierlehrer von der Musikhochschule zu verstehen war. Denn dort wurden die Grundlagen für seine Karriere gelegt. In der gut zehnminütigen Improvisation lotete Wollny das Feld zwischen Jazz und Klassik fulminant aus, entlockte dem Flügel lautstarkes Donnergrollen, bearbeitete das Instrument physisch, um kurz darauf wieder zu fragiler Melodik zurückzukehren. Und spätestens jetzt war allen Gästen klar, warum der 40-jährige Pianist sich in die lange Reihe der Würzburger Kulturpreisträger einreihen darf.
Talent und grandiose Fähigkeiten
Michael Wollny war natürlich der Star der Kulturpreisverleihung, wenngleich ihm jegliche Starattitüde völlig fremd ist. Und er weiß und erinnert sich gerne daran, was er an der Würzburger Hochschule gelernt hat. Er nennt das "Ich habe unglaublich Glück gehabt", wie er in seiner Dankesrede bescheiden feststellte. Am Flügel ist es aber mit der Bescheidenheit vorbei, da lässt der Pianist alles raus, was er hat, und das ist eine ganze Menge. Was nicht nur die Musiker im Ratssaal erstaunen ließ.
Zuvor blickte Wollnys Laudatorin, die Rundfunkjournalistin Beate Sampson, kenntnisreich und auch humorvoll auf Wollnys atemberaubende Karriere. Zwischen Sinnlichkeit und Intellekt bewege sich seine Musik und er besitze "grandiose improvisatorische Fähigkeiten". Als er sich als 15-Jähriger am Würzburger Konservatorium bei Chris Beier vorstellte, bescheinigte dieser dem gebürtigen Schweinfurter eine "herausragende Mischung aus Talent und fertiger Pianistik". Und so ging es dann auch schnell steil bergauf mit Wollnys Karriere. Wie kaum einem anderen Musiker im Bereich zwischen Jazz und Klassik konnte er Popsongs von Pink oder Robbie Williams (Sampson: "Wollny war auch einmal ein Teenager") genauso interpretieren wie klassische Kompositionen von Mahler, Hindemith oder Schubert. Mit solch einem Repertoire erreicht er heute viele Menschen und gilt als einer der wichtigsten Jazzpianisten Europas.
Lieder wie kleine Sinfonien
Auch das Würzburger Singer/Songwriter-Duo Caro und Andreas Obieglo begann seine Karriere an der Würzburger Musikhochschule. Bekannt sind sie als "Carolin No". Unter diesem Namen haben sie inzwischen zwölf CDs veröffentlicht und hunderte Konzerte absolviert. In Kürze unterbrechen sie das Tourneeleben, denn es hat sich Nachwuchs angekündigt.Richard Roblee, ebenfalls Professor an der Musikhochschule, sagte als Laudator, dass ihm schon bei der Aufnahmeprüfung Caros "Ausnahmestimme" aufgefallen sei, die mit der "empfindsamen Begleitung" von Andreas Obieglo eine "harmonische musikalische Einheit" bildet. Ihre Texte seien wie Gedichte und ihre Lieder wie kleine Sinfonien, betonte Roblee. Dafür verlieh ihnen die Stadt Würzburg einen von drei Kulturförderpreisen, für den sich das Duo mit zwei Liedern musikalisch bedankte.
Vielseitige Germanistin
Würzburg kann aber nicht nur Musik, denn ein weiterer Förderpreis ging an die Würzburger Germanistin und Verlegerin Christine Ott. Noch während ihres Studiums gründete sie den Stellwerck-Verlag, mit dem sie sich der literarischen Nachwuchs-Förderung widmet. An der Würzburger Universität lehrt und forscht sie über sprachwissenschaftliche Themen und deren Gesellschaftsbezug. Ihr Laudator Prof. Wolf Peter Klein berichtete humorvoll darüber, dass das vielseitige Wirken Otts, unmöglich in die acht ihm zur Verfügung stehenden Minuten Redezeit gepackt werden könne.
Mit Kettensäge und Schnitzwerkzeug
Der dritte Förderpreis dieses Jahr ging an den Holzbildhauer Johannes Hepp, der vor seinem Umzug nach Freiburg mehrere Jahre in Würzburg lebte und arbeitete. Seine mit der Kettensäge hergestellten großen Holz-Skulpturen faszinierten seinen Laudator Hans Schödel ebenso wie seine kleinformatigen mit Schnitzwerkzeug geschaffenen Figuren. Oft seien Hepps Figutren hintersinnig und tragisch-komisch und von einem melancholischen Humor, immer aber von handwerklicher Perfektion.
Kulturreferent Achim Könneke merkte angesichts der Jury-Entscheidung für Michael Wollny an, dies als Aufforderung zu betrachten, "dem Jazz in Würzburg mehr öffentliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen". Dass mit Wollny erstmals ein Jazzmusiker den Kulturpreis erhalte, sei ein Zeichen über die persönliche Würdigung hinaus. Oberbürgermeister Christian Schuchardt zeigte sich darüber erfreut, dass alle in diesem Jahr Ausgezeichneten "40 Jahre und jünger" seien. Das zeige, welches Potenzial in Würzburg vorhanden ist.