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WÜRZBURG
Kulturausschuss: Gedenkstätte für jüdische NS-Opfer geplant
Bevor die NS-Deutschen ihre jüdischen Landsleute umbrachten, plünderten sie sie aus. Hier, am Bahnhof Aumühle, mussten die unterfränkischen Juden vor der Deportation ihre letzte Habe, ihr Gepäck, zu einem langen Wall aufschichten.
Foto: Staatsarchiv Würzburg | Bevor die NS-Deutschen ihre jüdischen Landsleute umbrachten, plünderten sie sie aus. Hier, am Bahnhof Aumühle, mussten die unterfränkischen Juden vor der Deportation ihre letzte Habe, ihr Gepäck, zu einem langen Wall ...
Wolfgang Jung
Wolfgang Jung
 |  aktualisiert: 20.07.2017 03:45 Uhr

Am 25. April 1942 gehen 852 jüdische Unterfranken vom Platz'schen Garten zum Bahnhof Aumühle, bewacht von SS und Polizei. Am Gleis angekommen, schichten sie ihre Gepäckstücke zu einem langen Wall.

Sie sind nicht freiwillig hier und mussten doch zahlen für die Zugfahrt, 80 Reichsmark pro Person. Nach Izbica bei Lublin werden sie gebracht. Hier, im Getto, sammeln die Nationalsozialisten und ihre Mitläufer ihre Opfer, um sie weiter zu verfrachten in die Konzentrationslager Belzec und Sobibor.

Deportationszüge aus Unterfranken

Es ist der dritte von sechs Deportationszügen aus Unterfranken in die KZ. 2068 jüdische Unterfranken wurden nach Angaben des Johanna-Stahl-Zentrums (JSZ) in die Vernichtungslager verschleppt, 60 überlebten. Für 1795 begann die Zugfahrt ins KZ am Bahnhof Aumühle.

Keine Erinnerung an die Menschen

Den Bahnhof gibt es nicht mehr. Nichts erinnert an die Menschen, die hier in die Güterzüge einstiegen. Der „Arbeitskreis Denkort Aumühle“ will das ändern. Impulsgeberin ist - wie bei den Stolpersteinen - Benita Stolz, Stadtratsmitglied der Grünen. Gemeinsam mit Rotraud Ries, der Leiterin des JSZ, hat sie ein unterfrankenweites Konzept zur Erinnerung an die Verschleppten entwickelt, mit dem sich jetzt der Kulturausschuss befasst hat.

Kulturreferent Muchtar Al Ghusain berichtete, Träger der Initiative seien unter anderem Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und OB Christian Schuchardt. Der Regierungs- und der Bezirkstagspräsident seien eingebunden.

Statische Denkmäler verlieren an Aufmerksamkeit

JSZ-Chefin Ries schreibt in einer Vorlage für die Ratsmitglieder, statische Denkmäler, einmal aufgestellt und ritualisiert genutzt, verlören schnell an Aufmerksamkeit. Ziel des Erinnerungsortes an der Aumühle sei, „über einen längeren Zeitraum einen Gedenkort aufzubauen, an dem die Gemeinden, aus denen die Deportierten kamen, beteiligt sind.“

Die Idee, entwickelt mit dem Architekten und Künstler Matthias Braun, ist, am Aufgang zur Aumühle ein „wachsendes Denkmal“ aufzustellen, als zentrale unterfränkische Gedenkstätte für die jüdischen Opfer der NS-Herrschaft. Braun, von dem auch populäre Arbeiten wie „Balthasars Badewanne“ in Randersacker stammen, schlägt eine Trägerkonstruktion für Gepäckstücke vor.

Die Gepäckstücke sollen gefertigt werden aus robustem Material wie Stein, Holz oder Metall. Jedes Teil soll ein Zwillingsstück haben in einer der 109 Kommunen, in der Juden in den Jahren 1932/33 noch eine Gemeinde hatten.

Über die Gepäckstücke, so ist der Plan, werden die Gemeinden und das Denkmal miteinander in Beziehung gesetzt. Material, Größe und Aussehen des Gepäckstücks sollen aufeinander abgestimmt werden.

Weg der Erinnerung

Ries schildert den „Denkort Aumühle“ als Fortsetzung des Weges der Erinnerung, den im Mai 2011 über 3000 Menschen schweigend vom Platz'schen Garten am Friedrich-Ebert-Ring bis zum früheren Bahnhof Aumühle gelaufen sind. Laut Al Ghusain sollen längs dieses Weges noch in diesem Jahr Stelen mit Erklärungen aufgestellt werden. Seit 2015 steht die erste am Platz'schen Garten.

Geschätzte Kosten: 230 000 Euro

Die Arbeitsgruppe schätzt die Kosten für das Denkmal auf rund 230 000 Euro. Der Kulturausschuss empfahl dem Stadtrat einstimmig, das Vorhaben mit einem Zuschuss von 50 000 Euro zu unterstützen.

Zusätzlich soll die Stadt nach dem Willen der Ausschussmitglieder eine auf drei Jahre befristete Stelle für die Projektleitung im Johanna-Stahl-Zentrum mit 20 Prozent fördern. Voraussetzung ist, dass sich der Bezirk in beiden Fällen mit den gleichen Beträgen beteiligt.

Die Projektgruppe wirbt in allen unterfränkischen Gemeinden um finanzielle Unterstützung.

Der Initiatorin Stolz zufolge „ist die Resonanz der Gemeinden unglaublich positiv“. In vier Landkreisen habe die Gruppe das Projekt bislang vorgestellt und „immer Einhelligkeit“ gespürt.

Wenn das Denkmal fertig ist, soll es ins Eigentum der Stadt übergehen. Die Stadt übernähme dann die Kosten für Reinigung und Unterhalt.

 
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