
Es ist ein eher unkonventionelles Miteinander von Zuchtstauden und Wildkräutern, wo auch die Garten-Historie und die Kunst leben. Giersch macht die meisten Gärtner radikal. Barbara Ehrmann findet, dass er sich gut für Blumensträuße eignet. Die perfekte Freundschaft ist es allerdings auch nicht, „weil er gleich so unverschämt ist“. Immer ist sie dabei, ihn auszureißen.
Die Balance zu halten, ist aufwendig. Dass ein super gepflegter Garten Arbeit macht, kann sich jeder denken – bei einem naturnahen, ahnt es niemand. Die Montessori-Pädagogin wägt bei jedem Kräutlein ab. Was schön blüht, darf stehen bleiben. Das macht die gepflegte Wildheit, das abwechslungsreiche Nebeneinander von Kultur- und Wildblumen aus. „Da ist man immer so hin und her gerissen“, sagt sie. Und von den Disteln auf der Wiese wäre sie beinahe noch arm geworden, weil sie den Kindern damals fünf Pfennige pro Stück geboten hatte.
Wenn sie aber im Mai im Holunder-Hain unter dem alten und krakeligen Wirrwarr aus jetzt mächtigen Hollerstämmen sitzt, den Duft und die schattige Kühle genießt, dann ist sie bestärkt, im „behutsam abschneiden“. Ehrmann „Ich liebe diese wilde Ecke hier!“
Aus dem Abbruch der alten Sauställe entstand unter den Holunderbüschen ein Freisitz. Bewacht wird er von Garuda, dem Gott der Lüfte, auf dem Vishnu gesegelt sein soll. Er sorgt für eine stets glückliche Wiederkehr. Der vielgereiste Ehemann, der als Wasser-Experte monatelang auf anderen Erdteilen lebt, hat ihn mitgebracht. Der Blick fällt von hier über die Japanische Herbstanemone auf das dazu gekaufte Areal, das dann schon den Dorfrand markiert: auf die Streuobstwiese, den Gemüsegarten mit den Hochbeeten – und die Hühner.
Der letzte Dioxin-Skandal bei den Eiern war der Auslöser, wieder Hühner anzuschaffen. Zusammen mit Katze Mausi ist die Referenz an den alten Bauernhof damit deutlicher als bei manch anderem ehemaligen Hof. Zudem ist alles alte Baumaterial auf dem Grundstück geblieben, wurde wieder verbaut.
Im Falle der Scheune unter der bestimmt 200 Jahre alten Linde, ist das Dorfgeschichte, denn vermutlich ist es die ehemalige Zehntscheune, deren Außenwände den Garten begrenzen. Selbst eingelagertes Heu und Stroh wurden peu á peu kompostiert, dienen als Hühner-Tummelplatz, wenn sie einmal am Tag außerhalb ihres komfortablen Freilaufs unterwegs sein dürfen.
Es war viel zu bauen, bevor das Anwesen vor 14 Jahren zum ständigen Wohnsitz, bevor der Kuhstall zur guten Stube und der Misthof zur Terrasse werden konnte, abgefangen von einer massiven Trockenmauer samt Sedum und Sempervivum.
Steine schleppen und hacken halten gesund, ist Ehrmann überzeugt. Je eintöniger und schwerer die Arbeit ist, umso mehr gibt es ganz neue Gedanken. Man sieht auch, was geleistet wurde, kann abends zufrieden und müde sein. Die meditative Qualität des Gärtnerns ist der Künstlerin Ehrmann derzeit sogar wichtiger als der Garten als Kulisse für die Kunst. Wohl finden sich hier und dort Arbeiten von ihr und dem Bildhauer-Sohn Georg. Die Idee von den Kunst Draußen –Tagen, die sie zehn Jahre lang veranstaltete, verfolgt sie jetzt nicht weiter. Es war herrlich, aber anstrengend, sagt sie.
Malerei und Keramik, ihre runden Frauen – sie entstehen in dem kleine Atelier im Nebengebäude. „Das gehört zu einem!“, so die 62-Jährige. Ab Mitte Juli stellt sie im Bambuswald bei Freiburg i. Breisgau aus (www.bambutopia.de).
Ehrmann liebt die kleinen zierlichen Blüten in ihrem Botanikum. Nicht immer blüht es so üppig und voll wie gerade jetzt, aber es blüht immer etwas, freut sie sich. Wenn man die Lichtnelke abschneidet, kommt sie immer wieder. Und überall geht etwas Wildes auf: der Borretsch im Gemüsegarten, die Nesselblättrige Glockenblume an der Kellertreppe, Storchschnabel vor der Scheune und Springwolfsmilch auf dem Weg zur Haustür. Exoten wie der Granatapfel und der Pfirsich blühen schön, tragen aber nicht. Der mannshohe Weiße Federmohn zieht die Blicke auf sich. Den gibt es nicht in jedem Garten. Ehrmanns Balance zwischen bodenständiger Natur und gehegter Gartenkultur ist ein grünes Mysterium, das man neugierig durchstreift wie eine Entdeckung. Und zuletzt findet man tatsächlich noch einen Elefantenknochen!