Einen kleinen Kräutergarten hat der Sozialpädagoge Holger Schubert vor Jahren im Würzburger Knast angelegt, damit die Auszubildenden in der Küche der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kräuter auch mal live erleben und nicht nur aus dem Glas, getrocknet und gemahlen, oder „vom Großhandel“.
Die Kräuter haben sich längst so gut entwickelt und ausgebreitet, dass Schubert sie jetzt auch zum Spendensammeln für kleine soziale Projekte hinter Gittern einsetzen will, so wie beim „Tag der Offenen Tür“ für angemeldete Bekannte, Verwandte und Freunde der JVA-Mitarbeiter am Samstag. Da wird zum ersten Mal Kräutersalz aus der JVA Würzburg angeboten.
Für das Produkt hat Schubert sich Küchenmeister Roland Hell ins Boot, beziehungsweise ins Beet geholt. Kräuter wurden bei ihm in der Knast-Küche getrocknet, dann gemahlen. Die Mischung, sagen beide wie in solchen Fällen verkaufsfördernd–geheimnisvoll, werde natürlich nicht preisgegeben: Knapp zehn Kräuter seien im Salz.
Im Kräutergarten, zwischen der Küche, wo Hells Truppe derzeit täglich etwa 700 Gefangene in Würzburg und Schweinfurt „versorgt“ und dem Verwaltungsbau der JVA, wächst alles, was Genießer schätzen: Von Liebstöckel, auch Maggi-Kraut genannt, und Petersilie über Estragon, Schnittlauch, Oregano und Thymian bis zu Rosmarin, Salbei und Bohnenkraut, Lavendel und Borretsch, auch als Gurkenkraut bekannt.
Schubert, als Sozialpädagoge im „Haus B“ der Justizvollzugsanstalt Würzburg für 120 Strafgefangene zuständig, für deren soziale Probleme und die von 25 Freigängern, hat eine enge Beziehung zu Kräutern. Er kocht gern daheim, verwendet häufig Kräuter aus dem eigenen Garten und wollte deswegen vor allem den Auszubildenden in der Knast-Küche die Bandbreite an Kräutern und Gewürzen präsentieren.
Er erinnere sich noch gut, sagt Schubert, als einer der jungen Gefangenen nicht glauben wollte, dass es sich bei Grünzeug mit lila Blüten wirklich um Schnittlauch handelt. Besucher von draußen, denen Schubert den Kräutergarten zeigt, müssen sich durchschnüffeln: Der Sozialpädagoge verreibt und quetscht Blätter und Blüten zwischen Daumen und Zeigefinger, lässt raten, was das sein könnte und gibt Tipps, bei welchen Gerichten welche Kräuter verwendet werden sollten.
Angenommen, die ersten 35 Gläser mit Kräutersalz, ein Probelauf, gehen am „Tag der Offenen Tür“ weg wie warme Semmeln? Was tun dann mit den Spenden? Da möchte Schubert erst mal Info-Tafeln für den Kräutergarten anschaffen, damit die Gefangenen, die dort vorbei gehen, sehen, was da wächst. In Zukunft sollen auch immer einige Gläser mit Kräuter-Salz im Büro des Chefs, des leitenden Regierungsdirektors Robert Hutter stehen, als kleines Präsent für Gäste, deren Alltag noch einiges an Würze verträgt.
Wobei man vorsichtshalber darauf hinweisen sollte, dass das JVA- Kräutersalz von Volker Schubert und Küchenmeister Roland Hell aus der JVA- Küche natürlich überhaupt nichts zu tun hat mit den gefährlichen „Kräutermischungen“, die mit wechselnder Zusammensetzung unter dem Begriff „Legal Highs“ als synthetischen Drogen auch in Unterfranken auf dem Vormarsch sind und im vergangenen Jahr bundesweit bereits zu über Todesfällen geführt haben sollen. Im Kräutersalz der JVA Würzburg sind nur echte Kräuter und Salz.
