Ein Rap, ein rhythmischer Sprechgesang also, vorgetragen während eines Gottesdienstes in einer katholischen Kirche: Das klingt ungewöhnlich. Diese Neuheit war für alle Beteiligten ein Wagnis bei der jährlichen Kreuzbergwallfahrt vor zwei Jahren.
Doch mit unbekümmertem jugendlichen Elan traten Hannah Auer (16) aus Albertshausen und Anneli Hornung (20, Würzburg) an jenem 23. August während des Wallfahrtsgottesdienstes in Euerdorf an den Ambo und ernteten für ihren grandiosen Auftritt vor den Würzburger Kreuzbergwallfahrern tosenden Applaus. Seitdem sind Anneli und Hannah die jüngsten Mitglieder einer Band, die keinen Namen trägt, aber mit ihrem jährlichen Auftritt unter den Pilgern für Gänsehaut-Feeling sorgt.
Aus der Not geboren, entwickelte sich die Wallfahrer-Band zu einer echten Attraktion während der jährlichen Wallfahrt der Würzburger Kreuzbruderschaft zum Kreuzberg. Weil einst die ausgefallene Orgel in der Kirche in Gramschatz repariert werden musste, begleitete Werner Weber (Würzburg) den Gesang der Pilger kurzerhand mit einer Gitarre. Improvisation ist eben in vielerlei Hinsicht gefordert auf einem fünftägigen Fußmarsch. Traudl Hofmann (Würzburg) gab den Ton vor und stimmte die Lieder an. „Zwanzig Jahre sind seither vergangen. Mensch, tatsächlich: Das war wirklich 1997. Wie die Zeit vergeht“, sinniert Werner Weber.
Orgel blieb stumm
Nochmals gefordert bei der Gottesdienstgestaltung im Verlauf der Wallfahrt war das Duo, als auch am vierten Wallfahrtstag in Euerdorf die Orgel wegen Sanierung stumm blieb. Nach wie vor spielt während jenes Gottesdienstes in Euerdorf keine Orgel. Gerade dieser Wallfahrtsgottesdienst aber ist inzwischen legendär und einer der emotionalen Höhepunkte des fünftägigen Fußmarsches. Das Gänsehaut-Feeling dabei ist einem Dutzend Hobbymusikern zu verdanken, die sich über die Jahre aus dem Kreis der Wallfahrer rund um Werner Weber und Traudl Hofmann zusammengefunden haben. Die kontinuierlich gewachsene Wallfahrer-Band ist mittlerweile fester Bestandteil der Würzburger Kreuzbergwallfahrt. „Ohne die Leistung der Kreuzberg-Kapelle um Stefan Ackermann schmälern zu wollen: Was die Band singt und spielt, ist eine immense authentische Bereicherung für die Wallfahrt insgesamt. Ihre Musik geht einfach zu Herzen und unter die Haut“, ist auch Präfektin Barbara Schebler (Birkenfeld, Lkr. Main-Spessart) immer wieder neu begeistert.
Auch die ehemalige Würzburger Oberbürgermeisterin Pia Beckmann gehört der Band an, seit sie sich im Jahr 2000 erstmals traute, die Strecke von 173 Kilometern in Angriff zu nehmen. Seither ist die Ex-OB gemeinsam mit Werner Weber treibende Kraft der Wallfahrer-Band. Infiziert mit dem Wallfahrtsvirus und Feuer und Flamme für den Kult-Gottesdienst in Euerdorf ließ sich Beckmann vor einigen Jahren trotz Krankenhausaufenthalts sogar eigens zu „ihrer“ Band nach Euerdorf bringen. Die Ex-Oberbürgermeisterin war es auch, die die beiden „Pilger-Youngster“ Hannah Auer und Anneli Hornung zu ihrem ungewöhnlichen Auftritt mit dem Wallfahrer-Rap animiert hatte, „um die Jugend zu begeistern für die Wallfahrt“, wie Beckmann gesteht.
Die Liedauswahl für den außergewöhnlichen Gottesdienst in Euerdorf trifft Pia Beckmann in Absprache mit Präses Pater Maximilian. Und auch die Band-Proben der mittlerweile zwölf Musiker finden in Vorbereitung der Wallfahrt schon mal im Wohnzimmer ihrer „Managerin“ statt.
Bei aller Improvisation im Verlauf der Wallfahrt ist doch der Transport der Instrumente immer bestens organisiert. Angehörige der Hobbymusiker bringen die Instrumente nach Euerdorf. Zuletzt zur Band dazugestoßen sind Albin Reichert (Würzburg-Versbach), Werner Reinhart (Zell a. Main) und Peter Frankenberger (Würzburg). „Wir brauchten noch ein paar kräftige Männerstimmen“, freut sich die Band-Managerin über die Verstärkung.