Knapp 40 alte Landkarten hängen im Spitäle: diese Rollleinwände zwischen zwei lackierten runden Holzstäben, bedruckt in typischen Erdfarben oder zumindest in gedecktem Kolorit, die die Stirnwände von Klassenzimmern zu fernen Erdteilen machten und die in der Regel von zwei Schülern aus dem – meist auch nicht ganz nahe gelegenen – "Kartenraum" geholt werden mussten, damit die lange Fracht kein Unglück verursacht: Südamerika zerkratzte Treppenhaus!
Man sieht: Alte Landkarten regen die Fantasie an. Auf einen Wust dieser geopolitisch obsolet gewordenen Unterrichtsmittel stieß der Kitzinger Stadtheimatpfleger Harald Knobling bei seiner Sichtung historischer kommunaler Habe. Er schlug der Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens (VKU) vor, die Leinwände unter ihren Mitgliedern zu verteilen. Deren Geschäftsstellenleiterin Martha Schubert-Schmidt erweiterte nun diese Idee: Die Sachspendenempfänger sollten auf dem ungewohnten Malgrund dann aber auch einen Beitrag zur jährlichen gemeinsamen Sommerausstellung leisten.
Dem Aufruf kamen sehr viele VKUler nach. Die entsprechende Menge von Riesenformaten stellte Schubert-Schmidt vor eine echte Aufgabe. Die Lösung hängt an Drahtseilen, die das säkularisierte Kirchenschiff waagerecht überspannen und zwischen den Landkarten Kabinette bilden. An den Wänden blieb Platz für kleinere Schautafeln, die Ausstellung "Mit offenen Karten" wirkt sehr aufgeräumt. Besuchende können ihre Blicke leicht auf die sehr individuellen erdkundlichen Umgestaltungen konzentrieren.
Und es lohnt sich: Jedes Exponat ist eine Reise durch Raum und Zeit mit ungewissem Ausgang in der Gegenwart. Übermalen, Bekleben, Besticken, Zerschneiden (in seltenen Fällen und höchst behutsam), in Zelte verwandeln – die 37 Künstler und Künstlerinnen verstießen fantasievoll gegen das dringende Kartendienst-Gebot, pfleglich mit dem schulischen Eigentum umzugehen. Ihre Techniken sind aber auch nicht komplett ungewohnt. Denn der persönliche Stil der Beitragenden setzt sich teils so sehr durch, dass es mitunter gar keine Beschilderung gebraucht hätte.
All diese Stile passen sich andererseits an die konzeptuelle Aufgabe an. Das führt zu interessanten Wiederbegegnungen mit regelmäßigen Spitäle-Bestückerinnen und bestückern. Man sieht aber auch Neue und – zu Unrecht – fast vergessene Kunstschaffende.
Die Ausstellung "Mit offenen Karten" ist bis 25. August, dienstags bis sonntags 11 bis 18 Uhr, im Spitäle an der Alten Mainbrücke zu sehen. Eintritt frei.