
Bayerns letzter König Ludwig III. und seine Frau Marie Therese waren die letzten, denen die Ochsenfurter Prunkbecher gereicht wurden. Damals im Jahr 1914 waren sie von München nach Franken gekommen. Heute, 98 Jahre später, treten die beiden reich verzierten Pokale aus der Barockzeit den umgekehrten Weg an. Sie schmücken demnächst eine Ausstellung in der Landeshauptstadt zum 100. Geburtstag des Bayerischen Gemeindetages.
Im Heimatmuseum im Schlössle sind die beiden kostbaren Becher aus vergoldetem Silber normalerweise ausgestellt. Der Handels- und Ratsherr Philipp Röslein und seine Frau Margaretha hatten sie der Stadt im Jahr 1625 gestiftet, ebenso wie einen Lüster, der heute noch in der Stadtpfarrkirche St. Andreas hängt.
Auf der Suche nach Symbolen kommunalen Selbstbewusstseins waren die Ausstellungsmacher in Ochsenfurt fündig geworden. Allerdings hatten sie es zunächst auf den Ochsenfurter Kauzen abgesehen.
Anlass für Stadtarchivar Peter Wesselowsky für eine kleine Nachhilfestunde in fränkischer Geschichte. Der Kauz nämlich war nie ein Symbol des bürgerlichen Stolzes, sondern eine Erfindung der Würzburger Domherrn, die einst über Ochsenfurt regierten. Erst seit die Stadt sich nach dem Zweiten Weltkrieg der Tradition besann, hatte man den Kauzen zu einer weltlichen Sache gemacht, also förmlich säkularisiert.
Konservator Alexander Vohs vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv sind solche Details egal, als er im Schlössle die beiden Prunkpokale entgegen nimmt. Mit Samthandschuhen untersucht er sie auf mögliche Beschädigung, fotografiert sie von allen Seiten um sicherzustellen, dass nach der Ausstellung niemand unberechtigte Ersatzansprüche stellt. In gepolsterter Folie werden die beiden Pokale schließlich in eine massive Holzkiste gepackt und der Deckel zugeschraubt.
Auf einen kleinen fünfstelligen Betrag ist der Wert der Pokale beziffert – für die Versicherung. Ein Vertrag regelt die Leihgabe. „Nicht dass es den Prunkbechern geht wie den Dürer-Bildern“, stichelt Wesselowsky, freut sich aber, dass so Werbung für die Stadt gemacht wird.
Am Freitag, 24. Februar, öffnet die Ausstellung in der Räumen des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in der Münchner Ludwigsstraße. Sie spannt einen Bogen von den Wurzeln der kommunalen Selbstverwaltung im Mittelalter bis zu den Aufgaben der Gemeinden in der Gegenwart. Bis zum 30. März ist sie zu sehen.
Historische Exponate aus Ochsenfurt scheinen in letzter Zeit besonders beliebt zu sein. Auch das Haus der Bayerischen Geschichte hatte angefragt. Die Stadtansicht im Sitzungssaal des Rathauses, 1623 in Öl gemalt, also fast genau so alt wie die beiden Prunkbecher, will man nach Schweinfurt ausleihen, wo in diesem Jahr eine Landesausstellung zum Thema „Main und Meer“ stattfindet. Auch dieser Leihgabe hat die Stadt zugestimmt.
Öffnungszeiten: Ausstellung „1000 Jahre gemeindliche Selbstverwaltung“ (24.2. bis 30.3.): So.-Fr. 10-18 Uhr und 3. März. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Ludwigstraße 14, München. Eintritt frei.