Robert HP Platz, 1951 in Baden-Baden geboren, ist Professor für Komposition und Ensembleleitung im Bereich Neue Musik an der Würzburger Hochschule für Musik. Sein Orgelzyklus „Stunden:Buch“ schöpft die Möglichkeiten der Orgel voll aus – von düster aufziehenden Klangnebeln bis zum aggressiven Perkussionseffekt. Das 50-minütige Werk, vor Kurzem in Teilen im Kölner Dom uraufgeführt, erklang im Kiliansdom erstmals ganz.
Matutin und Laudes, Horen, Vesper, Komplet und Epilog: Die acht Einzelnummern des Zyklus nehmen Bezug auf die Tradition der Stundenbücher, die im Mittelalter vielen gläubigen Laien – und später auch Klerikern – Material für ihre Stundengebete lieferten. Oft bunt und üppig illustriert, beflügelten diese Bücher die Fantasie der Betenden, erfüllten sie das Gebet mit Leben und Sinnlichkeit.
Die Parallele zu dieser Tradition blieb in der Musik aber weitgehend in der Theorie stecken. Wenn sich Platz’ Komposition auch häufig beeindruckend virtuos und vor allem in der Vesper sehr abwechslungsreich präsentierte, gelang es ihr kaum, unter die kunstvolle Oberfläche zu dringen und den Weg vom Kopf ins Herz zu finden. Die Peitschenhiebe und wilden Jagden der Vesper reizten das dynamische Potenzial der Orgel eindrucksvoll aus, kamen dem Hörer aber ebenso wenig nahe wie die ruhigeren Abschnitte des Werkes.
Dass dieser Orgelzyklus eher der Idee als dem Leben verpflichtet sei, schien auch die einzige Chornummer zu bestätigen, was hier besonders schade war. Zwar vollbrachten die Musiker im „Epilog: Licht vom Beginn der Zeit“ eine logistische Meisterleistung: Zwei Dirigenten hielten quer durch den Kirchenraum ihre zwei Chöre (Eberhard Metternich den Kölner Domchor, Christian Schmid die Würzburger Domsingknaben), den Kölner Domorganisten Winfried Bönig und zwei Solosänger zusammen – ein Spektakel, dessen Gelingen Hochachtung verdient.
Allerdings erwies sich der Chorpart, ein Geflecht aus Gesang und schwer verständlichem rhythmischem Sprechen, als schwer ausführbar und oft unbarmherzig hoch – auch hier der Eindruck großen Aufwands mit verhältnismäßig schwacher Wirkung.