Wie im Mittelalter konnte man sich am Samstag in Sommerhausen (Lkr. Würzburg) fühlen. Bauern, Adelige, Mönche und viel jugendliches Volk zogen durch die Gassen des Altorts. Bei dem (Schau-)Spiel „Die Reformation ins Spiel gebracht“ machten etwa 160 Konfirmanden aus dem evangelischen Dekanat Würzburg sowie rund 100 Laienspieler mit.
Die 13- bis 15-Jährigen aus Sommerhausen, Eisingen, Ochsenfurt, Remlingen, Zell, Altertheim, Rottendorf, Veitshöchheim, Winterhausen und Würzburg hatten sichtlich Spaß an ihren Rollen. Und auch die vielen Laienspieler, zur Hälfte aus dem Ort, waren mit Begeisterung dabei. Zuvor wurden sie von Studentin Beate Betschler aus Sommerhausen und Matthias Scheller und dessen Team in ihre Rollen eingewiesenen.
Und so versammelt sich allerlei mittelalterliches Volk vor der Kirche. Plötzlich Musik. „Der große Tetzel kommt“, rufen Bürger aufgeregt. Da biegt der Zug mit dem Dominikanermönch Johannes Tetzel (dargestellt von Oliver Trahndorf) um die Ecke. Selbstgefällig baut sich Tetzel auf der Kirchentreppe auf. „Ich bringe euch frohe Kunde. Dieses Papier verheißt euch Gnade und verspricht Erlösung. Die Seele aus dem Fegefeuer springt, wenn das Geld im Kasten klingt“, verspricht er.
„Heuchler, Halsabschneider, Betrüger“ – schallt es ihm entgegen. Doch so mancher kauft dann doch einen Sündenablass. „Der hier ist für meine arme Mutter“, klärt einer die Umstehenden auf. „Lasst euch doch nicht für dumm verkaufen“, entgegnet ihm ein anderer. „Luther sagt, Gottes Gnade gibt es nicht für Geld.“
Solche Worte bekommen den Betroffenen schlecht. Die Büttel werfen die Aufrührer sofort in den Kerker. Jeden, den sie verdächtigen, auf Luther zu hören, und vor allem die Bauern, die sich unter dem mutigen Wortführer (Arnd Barthel) bald ein Scharmützel mit der Obrigkeit liefern.
Der ganze Altort bildet die mittelalterliche Kulisse für das (Schau-)Spiel. Die Konfirmanden haben verschiedene Aufgaben bekommen. Die Gruppe von Pfarrerin Barbara Renger und Vikarin Melanie Bär aus Rottendorf etwa muss ihre eingekerkerten Freunde befreien. Von den Bauern haben sie Tipps bekommen, wie das Vorhaben gelingen könnte. Nun sind sie auf der Suche nach einem Schmied, Wein und Kräutern. Doch wie sollen sie das Gewünschte bezahlen? Da kommt das Schild „Bauhelfer gesucht“ wie gerufen. Flugs legen sie Hand an. Die Zeit drängt. Sie haben nur 90 Minuten Zeit pro Aufgabe.
„Es ist toll, dass so viele in Kostümen mitmachen“, sagt Sarah Heitzenröther, 15, aus Würzburg. „Niemand darf Menschen unterdrücken.“ Das hat sich ihr eingeprägt. „Weil alles so greifbar wird, bleibt auch inhaltlich viel hängen“, betont Pfarrerin Renger. Ihr Kollege Gerhard Zellfelder aus Würzburg lobt die Organisation. Inhaltlich gut durchdacht sei das Spiel obendrein. Kristin Orth hilft als Novizin den Schülern, einen Vers aus der deutschen Lutherbibel abzuschreiben – mit Tinte und Feder. Im echten Leben ist sie Religionspädagogin in Höchberg. „Was die Schüler heute erleben, setzt sich anders fest, als wenn sie das Gleiche im Unterricht hören“, sagt sie.
Anett und Reinhard Reichelt wohnen seit drei Jahren in Sommerhausen. Da sei Mitmachen irgendwie Pflicht, erklären sie. Und: „Es macht Spaß.“ Auch Bürgermeister Fritz Steinmann und der gesamte Gemeinderat sind in geliehene Kostüme geschlüpft. Als im Abschlussgottesdienst alle wieder ins Jahr 2017 zurückkehren, ist klar: Dieser Tag wird allen in Erinnerung bleiben.