Herzig ist die "Komposition in Rot", die diesen Donnerstag ihre Bayern-Premiere am Würzburger Theater Ensemble hat, nur in einem einschneidend wörtlichen Sinn: Die Groteske von Amir Gudarzi handelt vom florierenden staatlich betriebenen chinesischen Organhandel. Uiguren und Falon-Gong-Anhänger spielen dabei eine wichtige Rolle.
Während die kommunistischen Turbo-Kapitalisten auf medizinischem Sektor eher exportorientiert arbeiten, importieren sie im Kunsthandel wie wild. Bald müssen sich europäische Kunstfreunde unter das fernöstliche Sternenbanner begeben, wenn sie die Original-Gemälde aus Louvre und Prado betrachten wollen. Denn die Chinesen kaufen und tauschen nicht nur die Porzellankunst zurück, die ihnen die Großnasen vor Jahrhunderten aus dem Reich der Mitte entführt haben. Wie gut, dass auch Vincent van Gogh mitspielt. Möglich macht diesen Auftritt ein versteigertes Bild von ihm, aus dem der Maler einfach heraustritt, mit einem zweifelhaften Geschenk in Händen.
Magische Momente, spröde Strecken
Große magische Theatermomente hat die "Komposition in Rot", aber auch spröde Strecken, seit sie im Sommer eine doppelte Uraufführung in Wien und im Künstlerhaus Thüringen feierte. In Wien wirkte Gudarzi selbst im fünfköpfigen Ensemble mit, als Gast der Thüringer Inszenierung machte er einen Abstecher aus Berlin, wo er gerade als Stipendiat des Literarischen Colloquiums weilte. Und auch die Zwei-Personen-Aufführung seines jüngsten Stücks sehr lobte. Eben die ist in einer Neufassung mit der Würzburger Schauspielerin Nora Länder an diesem Wochenende in Würzburg zu sehen. Regie und die andere Hälfte der insgesamt sechs Rollen übernahm Karolin Benker, die bei der angekündigten Szenischen Lesung das "szenisch" deutlich betont. Hier ist Rezitation kein Ersatz fürs Drama, sondern eine eigenständige Kunstform.
Die Beziehungen zwischen dem hiesigen Theater Ensemble und dem international erfolgreichen Autor Gudarzi gehen noch auf Benkers Zeit in Würzburg zurück. Inzwischen landeten seine Werke beim Berliner Stückemarkt und am Royal Court Theatre London. Der freundliche Literatur-Überflieger arbeitet auf einer doppelten Grundlage: Seine Theaterpraxis lernte er in Teheran, die Theorie im Wiener Exil. Von seiner ersten Ausbildung behielt er eine direkte Zugriffsweise bei, die auch vor leicht plakativen Mitteln nicht zurückschreckt. Seine schwierige Thematik in "Komposition in Rot" behandelt er jedenfalls sehr zupackend.
Spielzeiten: Donnerstag bis Samstag 20 Uhr im Theater Ensemble, Frankfurter Straße 87, Tel.: (0931) 44545, www.theater-ensemble.net