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Ochsenfurt
Kommunalaufsicht: Rauswurf aus Versammlung war rechtens
Der Ochsenfurter Bürgermeister untersagte seiner Stellvertreterin die Teilnahme an einer Anliegerversammlung. Das geht in Ordnung, sagt das Landratsamt – und nennt Gründe.
Der Ochsenfurter Bürgermeister Peter Juks (Archivfoto) hat zwei Stadträten die Teilnahme an einer Anliegerversammlung untersagt. Das durfte er, sagt die Kommunalaufsicht.
Foto: Patty Varasano | Der Ochsenfurter Bürgermeister Peter Juks (Archivfoto) hat zwei Stadträten die Teilnahme an einer Anliegerversammlung untersagt. Das durfte er, sagt die Kommunalaufsicht.
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:57 Uhr

Zu unserem Bericht über eine Anliegerversammlung, an der der Ochsenfurter Bürgermeister Peter Juks (UWG) die Stadträtin und stellvertretende Bürgermeisterin Rosa Behon (CSU) nicht teilnehmen ließ, liegen der Redaktion inzwischen Informationen aus dem Landratsamt vor. Die Kommunalaufsicht äußert sich zu der Frage, ob ein Bürgermeister Stadtratsmitglieder von solch einer Versammlung ausschließen kann oder nicht.

Die Antwort in Kürze: Er muss nicht, aber er kann. Wie berichtet, hatte Juks Bürger, deren Grundstücke von dem beabsichtigten Baugebiet am Unteren Dümmersberg betroffen wären, zu einer Anliegerversammlung ins Rathaus eingeladen. Nicht eingeladen, aber trotzdem erschienen, waren Rosa Behon sowie der SPD-Fraktionssprecher Bert Eitschberger. Sie seien, sagen sie, auf Wunsch einiger Anlieger gekommen. Beiden Stadtratsmitgliedern gestattete Peter Juks die Teilnahme an der Versammlung nicht. Wolfgang Karl (CSU) brachte das Thema in der Stadtratssitzung zur Sprache und wollte die Rechtsgrundlage für den Rauswurf erfahren.

Kein Rechtsanspruch auf Teilnahme

Juks begründet sein Vorgehen unter anderem mit in der Versammlung behandelten Themen, die ausschließlich die eingeladenen Bürger angingen. Diesen Punkt betont auch die Kommunalaufsicht: Auch wenn nur ein bestimmter Personenkreis von der Thematik betroffen sei, schließe das zwar nicht aus, dass öffentlicher Zutritt zu der Veranstaltung gewährt werden könne, so die Kommunalaufsicht. "Es kann aber durchaus sinnvoll und im Interesse der Gemeinde sein, sich ausschließlich mit den Betroffenen auszutauschen, beispielsweise wenn es um vorgesehenen Grunderwerb durch die Gemeinde für ein geplantes Baugebiet geht", heißt es weiter.

Wolfgang Karl hatte in der Stadtratssitzung angemerkt, dass bisweilen auch Rechtsanwälte von Anliegern an solchen Versammlungen teilnähmen, die ja ebenfalls nicht eingeladen seien. "Ein Rechtsanwalt als rechtlicher Vertreter eines Anliegers wird in solchen Fällen sicher teilnehmen können", lautet dazu die Einschätzung aus dem Landratsamt. Auch die Teilnahme von nicht betroffenen Stadtratsmitgliedern könne vom Bürgermeister zugelassen werden. "Ein Rechtsanspruch hierauf besteht jedoch nicht."

Zuständig ist ausschließlich der erste Bürgermeister

Insbesondere, wenn eine Anliegerversammlung zum Zwecke der Vorbereitung einer Gemeinderatssitzung abgehalten werde, falle dies ausschließlich in die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters, heißt es in der Antwort aus dem Landratsamt weiter. "Er kann dann zum Beispiel im Sinne einer einheitlichen und zeitgleichen Information aller Gemeinderatsmitglieder die Teilnahme einzelner Gemeinderatsmitglieder unterbinden."

Rosa Behon hatte ihren Ausschluss aus der Versammlung unter anderem mit dem Hinweis auf ihre Stellung als Bürgermeisterstellvertreterin kritisiert. Als solche wolle sie über alle Vorgänge möglichst umfassend informiert sein, um im Fall einer plötzlichen Verhinderung des ersten Bürgermeisters die Amtsgeschäfte problemlos übernehmen zu können.

In der Gemeindeordnung nicht geregelt

Das sieht die Kommunalaufsicht anders: Für einen stellvertretenden Bürgermeister gelte in diesem Zusammenhang nichts anderes als für andere Stadtratsmitglieder, heißt es dazu. Ein solcher habe, solange der erste Bürgermeister nicht verhindert sei, lediglich die Rechte und Pflichten aus seinem Gemeinderatsmandat. Eine kommunalrechtliche Regelung zu Anliegerversammlungen gibt es übrigens nicht. Die bayerische Gemeindeordnung kennt diesen Begriff, im Gegensatz zur Bürgerversammlung, nämlich nicht.

Josef Ziegler, einstmals Vorstand der Bayerischen Verwaltungsschule in München, teilt diesbezüglich die Auffassung der Kommunalaufsicht. "Wenn der Bürgermeister einlädt, haben nicht automatisch auch die Stadträte das Recht zur Teilnahme", sagt er. Grundsätzlich könne ein Bürgermeister entscheiden, wessen Teilnahme er in der jeweiligen Sache als zweckmäßig erachte. Allerdings sei eine solche Entscheidung wohl schwerer begründbar, wenn er einigen nicht betroffenen Personen die Teilnahme gestatte, anderen aber nicht. Dann komme es auf eine sachliche Begründung an. Ein Rechtsanspruch auf Teilnahme, betont auch Ziegler, bestehe jedoch nicht.

Am Ende wird doch der Stadtrat gebraucht

Wenn bei einer Versammlung ausschließlich der geladene Personenkreis zugelassen sei, seien andere Personen ausgeschlossen, die Teilnahme von nicht betroffenen Gemeinderatsmitgliedern könne aber auch hier vom Bürgermeister zugelassen werden, konkretisiert die Kommunalaufsicht. Der Zutritt nicht geladener Personen sollte dann verhindert werden, etwa durch das Führen einer Anwesenheitsliste. Verwaltungsleiter Wolfgang Duscher teilt mit, dass bei der Versammlung die Namen auf der Einladungsliste teils abgehakt, teils mit Unterschriften versehen worden seien. Namen nicht eingeladener Personen seien dort seines Wissens nicht zu finden.

Josef Ziegler kann sich nicht erinnern, einen ähnlichen Fall schon einmal erlebt zu haben. Er geht aber davon aus, dass so etwas "üblicherweise" großzügig gehandhabt werde – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass in der Angelegenheit der Stadtrat am Ende doch wieder gebraucht werde.

 
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    Kann ich auch nicht verstehen

    wenn Grundstücksangelegenheiten behandelt werden, geschieht das (idR) in nichtöffentlicher Sitzung, u.a. um Insidergeschäfte etc. zu verhindern.

    Hier soll es andersherum gehen: irgendwie betroffene Anlieger werden zu einem (beschränkt-öffentlichen) Gespräch eingeladen, aber es wird wohl kaum möglich sein, bei einem so großen Personenkreis die Vertraulichkeit zu wahren.

    Und wenn am Schluss im Stadtrat Entscheidungen getroffen werden sollen, müssen die Stadträt/innen hinreichend(!) über das informiert werden, was zu beschließen ist. An dem Punkt stellt sich bei mir das "Gschmäckle" ein: entweder in dieser Sache ist vom Stadtrat tatsächlich nichts zu beschließen, oder der Bürgermeister agiert hier insofern äußerst unglücklich, als er Stadträt/innen davon ausschließen will, sich die Infos aus erster Hand zu beschaffen, damit sie nachher von seiner Darstellung abhängig sind. Also das hätte er sich dann vielleicht doch besser überlegen sollen.
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