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Würzburg
Kommentar: Wir sollten dem Begriff Querdenken die Würde zurückgeben
Querdenken war mal etwas Gutes. Dann kam Corona und eine laute Minderheit zog dieses wunderbare Geisteswerkzeug in Misskredit. Können wir das bitte wieder reparieren?
Eine Mitarbeiterin der Mediengruppe Main-Post läuft an einer Glaswand mit dem Begriff Querdenken vorbei. Ein Jammer, wie dieser Begriff im Jahr 2020 missbraucht wurde.
Foto: Ivo Knahn | Eine Mitarbeiterin der Mediengruppe Main-Post läuft an einer Glaswand mit dem Begriff Querdenken vorbei. Ein Jammer, wie dieser Begriff im Jahr 2020 missbraucht wurde.
Ivo Knahn
Ivo Knahn
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:42 Uhr

Es gibt diese Beschriftung auf einer Glaswand im Verlagsgebäude der Main-Post: QU3RDENKEN steht da. Das Wort mit einem zur 3 verdrehten E fordert die Mitarbeiter auf, nicht zur erstbesten Idee zu greifen. Nicht das zu tun, was sie immer tun. Auch nicht unbedingt das zu denken, was die anderen denken. Es ist ein Weckruf an die Kreativität, an originelles, eigenständiges Denken, das im besten Falle Widersprüche im Team auslöst und so kreative Lösungen möglich macht. Der Aufdruck auf dieser Glastür stammt aus einer Zeit, in der Querdenken etwas durch und durch Gutes war. Dann kam Corona und dieses wunderbare Geisteswerkzeug verlor seine Unschuld, seine Schönheit, seine Würde.

Seit die Pandemie Fahrt aufgenommen hat, beansprucht eine kleine, aber laute Gruppe den Begriff für sich und zieht ihn, ob gewollt oder nicht, in Misskredit. Michael Ballweg, Initiator von "Querdenken 711" in Stuttgart, gilt als Begründer der Querdenken-Bewegung, die sich als Kämpfer gegen das Corona-Krisenmanagement der Regierung positioniert.

Wenn Nazis mit dir marschieren wollen, läufst du in die falsche Richtung

An dem Versuch, die Anhänger dieser Bewegung zu charakterisieren, kann man leicht scheitern. Sie kommen aus allen Schichten und aus vielen, auch gegensätzlichen, politischen Lagern. Was sie eint: Sie sind - im Kontext Corona - dagegen. Wogegen genau, das ist schon nicht mehr eindeutig. Man kann aber davon ausgehen, dass unter den Ballweg-Jüngern vernünftige Menschen sind, die nur ihre Ängste und Lösungsvorschläge in die Öffentlichkeit tragen wollen. 

Doch auch dieser Teil der Bewegung ist gescheitert, weil er es nicht geschafft hat, sich von den braunen Demokratieverächtern abzugrenzen, die bei nahezu jeder Querdenker-Demonstration mitlaufen. Rechte schwenken Reichskriegsflaggen, leugnen den Holocaust und dürfen unter dem Deckmäntelchen des Querdenkens krude Verschwörungsmythen verbreiten. Jedem Querdenker ohne rechtes Gedankengut sei zugerufen: Wenn Nazis mit dir marschieren wollen, läufst du in die falsche Richtung!

Querdenken funktioniert in Kreativprozessen, aber nicht in Notsituationen 

Die falsche Richtung. Auch die gehört zum guten Querdenken, wie wir es vor Corona kannten. Die falsche Richtung ist sogar eine anerkannte Kreativitätstechnik: Bei der sogenannten Umkehrmethode wird ein Problem ins Gegenteil verkehrt, um so das Gehirn anzuregen und sich von gängigen Denkmustern zu lösen. Wer also quer oder verkehrtherum denkt, kann durchaus zu einer guten Lösung beitragen. Allerdings: Das funktioniert in Kreativprozessen, nicht in Notsituationen.

Wer ein Feuer mit Benzin löschen will, hat nicht quer gedacht - er ist dumm. Wer auf der Autobahn in die falsche Richtung fährt, ist nicht kreativ - er gefährdet das Leben anderer. Wenn Gefahr in Verzug ist, ist Kreativität selten ein guter Ratgeber. Wenn es brennt - und das tut es im übertragenen Sinne bei Corona seit März - braucht es schnelle, klare Lösungen. Auch auf die Gefahr hin, dass die Löscharbeiten einen gewissen Wasserschaden auslösen.

Diejenigen, die Michael Ballwegs Ideen folgen, haben mit Querdenken ein Werkzeug gewählt, das nicht zur Aufgabenstellung passt. Sie haben sich verlaufen in ihren Gedanken. Sie haben aber nichts von nachhaltigem Wert beigetragen zur Lösung dieser Corona-Krise. Es ist ein Jammer, dass sie nebenbei den wunderbaren Begriff Querdenken gekapert haben, der nun vorübergehend auch noch einen stinkigen, braunen Anstrich hat.

Wir sollten alles dafür tun, dem Wort nach und nach die Würde zurückzugeben. Von der Glaswand im Verlagsgebäude der Main-Post wird der Begriff nicht verschwinden. Denn QU3RDENKEN ist und bleibt etwas Gutes - man muss es nur ganz anders machen als die wenigen lauten Querdenker des Jahres 2020. 

 
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  • O. G.
    Die sog. Querdenker erfüllen noch nicht einmal die Grundvoraussetzung zum quer denken - geradeaus denken....
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    Seit die Pandemie Fahrt aufgenommen hat, beansprucht eine kleine, aber laute Gruppe den Begriff für sich und zieht ihn, ob gewollt oder nicht, in Misskredit.

    eine kleine, aber laute Gruppe

    Sieht man auch hier an den Kommentaren
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  • J. S.
    hentinger und FlessaS sind hier die einzigen nachvollziehbar argumentieren, volle Zustimmung. Der Verfasser des Artikels spaltet die Bürger nur weiter, so wie es die Regierenden seit März vorgeben. Unabhängiger Journalismus >> Setzen 6!
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  • G. Z.
    Das ist ein Kommentar. Textverständnis 6
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  • J. B.
    Also anders denken und kritisieren ist und bleibt wichtig in unserer Gesellschaft, aber auch wichtig bleibt der Dialog miteinander, um konträre Meinungen auszutauschen und zusammen einen Konsens zu finden. Das findet nicht mehr statt seit Längerem. Jeder beharrt auf seiner Meinung und versperrt sich gegen Andersdenkende, dadurch bilden sich 2 Pole in der Gesellschaft, die immer weiter Auseinanderdriften. Anders denken und handeln hört aber da auch wo andere Menschen dadurch gefährdet werden, gerade in ihrer Gesundheit. z.B. wenn jemand der Meinung ist keinen Mindestabstand halten zu müssen und keinen Mundschutz tragen zu müssen kann er das ja gerne tun mit all den rechtlichen Konsequenzen aber ich möchte von diesem Menschen in meiner Gesundheit nicht gefährdet werden und daher soll dieser Mensch dann bitte meine Privatsphäre und meinen Wunsch nach Abstand respektieren und seine Aerosole bei sich behalten.
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  • R. F.
    Sehr interessanter Kommentar, der ausführlich darlegt das, dass Framing der gleichgeschalteten Medien wunderbar funktioniert.
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  • P. S.
    Man würde sich auch in Notsituationen wünschen, dass es unter Journalisten mehr wenigstens Mitdenker gäbe. Querdenken ist als Anspruch vielleicht zu viel. Aber ich hab noch kaum einen gefunden traurig
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    @steve67

    Warum Sie noch keinen gefunden haben liegt vielleicht an Ihnen.

    Gerade in dieser schwierigen Zeit (Notsituation) ist es notwendig, dass Journalisten objektiv über die aktuelle Situation berichten.

    Aktueller Stand der Wissenschaft, der Ausbreitung, Infektionsraten, Schutzmaßnahmen, Einschränkungen usw.

    Genauso aber auch über die Argumente der „sogenannten“ Querdenker, Coronaleugner, Anti-Corona-Demos usw.

    Hier empfinde ich, dass die MP ausgewogen berichtet, da die Journalisten „Mitdenker“ sind.

    Die Meinungsfreiheit erlaubt es Ihnen aber auch es anders zu sehen.
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  • P. S.
    Ja, dieses Empfinden, das gab es schon mal, damals nannte man es gesundes...
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  • L. W.
    Danke

    für diese Klarstellung zum dieses Jahr am meisten missbrauchten Begriff.

    Aber, wie man an einigen Kommentaren erkennen kann, lassen sich manche Menschen nicht davon abbringen diesen Begriff weiterhin in ihrem Sinne fehl zu deuten.
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  • P. K.
    Herr Ballweg ist nur darauf aus, Geld zu machen. Wer sich mit Thomas G. Hornauer (Erfinder der 0190er-Telefonsex-Clips und Gründer eines Esoterik-TV-Senders, in dem dazu aufgefordert wurde, per Telefon für 40€ einen „Energieausgleich“ zu kaufen) und anderen „ehrenwerten“ Geschäftsmännern abgibt, der hat jede Glaubwürdigkeit verloren.
    Dennoch lustig, dass viele „Querdenker“ Herrn Ballweg weiterhin Geld überweisen.
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  • E. H.
    Danke für diesen Kommentar. "Querdenken" ist auch heute noch durchaus etwas Gutes. Mit "Querdenkern" kann man diskutieren, Meinungen austauschen zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen oder auch nicht, alles ok.
    Die Anti-Corona-Bewegung sind "Nichtdenker" mit einer festgezimmerten Meinung, da hilft leider nichts mehr. Wenn man sich dann noch ein wenig schlau macht und sich die dahinter verbergenden Strippenzieher betrachtet dann erkennt man die wahren Gründe....
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  • H. S.
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  • H. S.
    @meefish.....mir fehlen die Worte
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  • S. F.
    Lieber meefisch, Krankenhäuser sind auch Wirtschaftsbetriebe und auf Einnahmen durch besser bezahlte Behandlungen angewiesen. Diese gibt es momentan nicht. Deshalb fehlen bei etlichen Krankenhäusern wesentliche Einnahmen.

    Was aber nicht zu der von in Ihnen in den Raum gestellten Behauptung passt, dass die Krankenhäuser zu wenig Corona-Patienten hätten. Da sind es deutlich zu viele, so das leider immer wieder wichtige OPs verschoben werden müssen und behandlungsbedürftige Patienten abgewiesen werden müssen.

    Fazit: es gibt Sars-Cov2 und es ist verdammt schei**, dass wir jetzt eine Pandemie haben.

    Wenn sie das leugnen wollen, dann bitte ich Sie, zu unterschreiben, dass Sie Falle einer nötig Behandlung wegen COVID-19 lieber zu Hause bleiben und ohne Behandlung ggf. sterben. Ich habe die Sch***** voll von Pseudoargumenten bezüglich der aktuellen Pandemie.

    Sorry, dass ich hier so deutlich werde!
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  • S. F.
    Sorry für die Schublade!

    Vielleicht unternehmen Sie noch mal einen zweiten Versuch, zu schreiben, was Sie genau meinen. 🙂

    Die letzten zwei Sätze klangen in meinen Ohren, als wäre Corona nicht so schlimm. Und ich vermute mal, dass Sie das nicht so gemeint haben.... Deshalb: Sorry!

    Aber zu Ihrer Frage warum manche Krankenhäuser nicht mehr genug Geld haben: mit Corona-Patienten verdient man leider nicht genug. Das ist die traurige Wahrheit. Manchmal mag es auch hausgemachte Probleme geben. Aber insgesamt liegt es am Gesundheitssystem....
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  • S. F.
    Hr Meefisch, woher haben sie nur ihr fundiertes Halbwissen her?
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