In Corona-Zeiten hat der Ruf nach Digitalisierung im Schulwesen nochmals an Lautstärke zugenommen, und alle, egal ob Politik oder Verwaltung, Lehrer oder Schüler, Eltern oder Kinder, fordern sie ein. Technische Ausstattung, IT-Kenntnisse, Lehrmittel, Medienkompetenz, Datenschutz – die Digitalisierung hat viele Facetten, was leider dazu führt, dass oft munter aneinander vorbei diskutiert wird.
Eine eben veröffentlichte Studie des Allensbacher Instituts für Demoskopie stellt fest, dass von der Bevölkerungsgruppe unter 30 Jahren 98 Prozent online unterwegs sind. Das ist nichts Überraschendes. Beweist aber, dass es keine zeitgemäße Aufgabe der Schule sein kann, den Schülern in düsteren Computer-Räumen IT-Wissen und Computersprachen zu vermitteln. Die digitale Welt ist der Alltag, übrigens für alle Altersgruppen. Somit kann es für die Schule nur die Aufgabe geben, sich mit der Art und der Qualität der Online-Nutzung zu beschäftigen. Und das ist von Schulart zu Schulart und von Fach zu Fach unterschiedlich.
Mobile Endgeräte sind bereits weitgehend vorhanden
Die technische Ausstattung der Schulen reicht von sehr gut bis ungenügend. Aber es sollte nicht mehr als eine Frage der Zeit sein, wann die WLAN-Lücken in den Schulgebäuden geschlossen sind. Genauso große Relevanz hat die Geräteversorgung der Schüler. Und die dürfte auch nicht schlecht sein, wenn – wie die Studie zeigt – 93 Prozent der 14- bis 17-Jährigen das Internet mit Smartphone oder Tablet nutzen. Damit sind die mobilen Endgeräte also bereits weitgehend vorhanden, auf denen die meisten der Lehrprogramme sofort verfüg- und einsetzbar sind.
Die Klage derer, die fürchten, dass weniger gut betuchte Schüler abgehängt werden, verliert angesichts solcher Quoten an Gewicht. Einerseits schlägt eine Investition in ein Handy oder ein Tablet längst nicht mehr so zu Buche wie noch vor einigen Jahren, zum anderen müssten die aufgelegten Förderprogramme diese Lücken locker schließen können.
Was soll gelehrt werden? Und won wem?
Bleiben zwei entscheidende Fragen: Was soll gelehrt werden und von wem? Völlig unbestritten ist in der Schulpraxis, dass die Rolle der Lehrkraft der entscheidende Punkt ist. Digitalisierung darf nicht der Ersatz für pädagogische und didaktische Aufgaben sein, sondern kann lediglich eine sinnvolle Ergänzung in der Unterrichtsmethodik bilden. Der Ausnahmefall, der sich durch die Corona-Pandemie ergeben hat, muss getrennt vom normalen Schulbetrieb betrachtet werden.
Allerdings haben viele Schulen in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sie durchaus in der Lage sind, digitale Hilfsmittel einzusetzen. Sei es in Lehraufgaben oder in der Betreuung der Schüler per E-Mail oder Video-Konferenz. Dass es dabei Luft nach oben gibt, zeigt der internationale Vergleich, in dem deutsche Schulen einer aktuellen Elternumfrage nach relativ schlecht abgeschnitten haben. In die Bewertung einfließen muss aber stets die Größe des Bildungssystems, die Unterschiedlichkeit der Lehrinhalte und – nicht zu vergessen – die Vielschichtigkeit der Lehrerkollegien. In denen freilich ein gar nicht geringer Teil selbst schon digital sozialisiert wurde!
Digitale Lehrangebote gibt es reichlich
Lehrangebote gibt es reichlich! So bietet die bayerische Plattform mebis eine fast unüberschaubare Auswahl an digitalen Möglichkeiten. Klar, es gibt dort Verbesserungsmöglichkeiten in Aufbau und Gliederung, aber das Gesamtpaket ist vielseitig und praxisnah. Auch die Schulbuchverlage schlafen nicht, zudem gibt es digitale Plattformen vieler Institutionen und Firmen, die sofort im Unterricht eingesetzt werden können.
Digitalisierung im Unterricht ist kein pädagogischer Spleen, sondern eine Selbstverständlichkeit. Sie kann nicht verordnet werden, sondern lebt davon, wie die einzelnen Schulen und Lehrkräfte sie nutzen und einsetzen. Im Alltag ist sie längst angekommen, warum also nicht auch im Unterricht?