Während sich die Hochschulen in diesem Land seit Jahren nicht über mangelnden Zulauf beklagen können, bleiben mittlerweile viel zu viele Ausbildungsstellen in den Betrieben unbesetzt. Der Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer hat dieses Problem nicht, obgleich er am Stammsitz in Würzburg sogar eine Werkberufsschule mit aktuell 120 Auszubildenden sein Eigen nennt - oder vielleicht ja auch gerade deshalb.
Jüngst hat das Traditionsunternehmen das 150-jährige Jubiläum seiner Ausbildungsstätte gefeiert. Sie ist eine Erfolgsgeschichte, die seinesgleichen sucht - in Bayern, in Deutschland, womöglich sogar weltweit. Denn Friedrich von Koenig war nicht nur ein unternehmerischer Freigeist, der das Erbe seines Vaters beherzt fortsetzte, sondern auch einer, der sich die Fortbildung seiner Mitarbeiter in Eigenregie auf die Fahnen schrieb und sogar bis ins hohe Alter selbst unterrichtete.
Die Werkberufsschule ist eine unverzichtbare Talentschmiede
Am 2. Juli 1868 hatte Koenig aus der Not eine Tugend gemacht. Denn die Menschen im landwirtschaftlich geprägten Unterfranken konnten mit Maschinen zunächst nicht allzu viel anfangen. "1868 als Fortbildungsschule gegründet, um die fränkischen Weinbauern für den Maschinenbau- und speziell im Druckmaschinenbau zu schulen, ist die Werkberufsschule heute eine unverzichtbare Talentschmiede des Unternehmens", sagte der heutige Vorstandschef Claus Bolza-Schünemann vor rund 200 Gästen, darunter vielen Azubis, im neuen Koebau-Democenter.
Die Vertreter aus Politik und Wirtschaft waren ebenfalls voll des Lobes ob dieser staatlich anerkannten Ersatzschule, wie sie im Verwaltungsdeutsch heißt. "Ich bekunde meinen Respekt für dieses Engagement, das zwar auch einem vernünftigen ökonomischen Kalkül entsprungen sein mag, darüber hinaus aber weit mehr von sozialem und humanitärem Verantwortungsbewusstsein der Firmenleitung getragen und befruchtet wurde", betonte der unterfränkische Regierungspräsident Paul Beinhofer. Sein Pendant beim Bayerischen Industrie- und Handelskammertag, Eberhard Sasse, bekräftigte: "Koenig & Bauer hatte eine eigene Werkberufsschule, lange bevor die heutigen Standards festgeschrieben wurden. Die Keimzelle der dualen Ausbildung liegt hier in Würzburg."
Seit der Gründung 7000 junge Menschen ausgebildet
Einer, der in den vergangenen drei Jahrzehnten die angehenden Fachkräfte hautnah begleitet hat, ist Schulleiter Reinhard Munz. "Als ich die Schule 1988 übernommen habe, gab es noch keine Handys und keine Computer. Da merkt man erst, wie rasant der Fortschritt vorangegangen ist. Aktuell entsteht ein immenser Bedarf an technisch hochqualifizierten Fachkräften, die neue Projekte im Zuge der digitalen Revolution verwirklichen", sagte Munz, der zum 1. September zwar altersbedingt von Manuel Eisenmann abgelöst wird, aber immer mit der Zeit gegangen ist. Die Werkberufsschule blieb jedenfalls bis heute auf dem neuesten technologischen Stand, was auch Beinhofer gut hieß: "Modernste Technik wie Industrieroboter und neue Computerräume ermöglichen einen praxisnahen Unterricht im Zuge des digitalen Wandels."
Bolza-Schünemann selbst bezeichnete seine "Talentschmiede" als "Lernfabrik einer neuen Generation, der Industrie 4.0 und Bindeglied zwischen Mensch und Technik." Seit der Gründung vor 150 Jahren haben über 7000 junge Menschen dank der Werkberufsschule ihre beruflichen Karrieren gestartet, ein großer Teil ist bei Koenig & Bauer geblieben. "Besonders freut es mich", richtete sich Bolza-Schünemann an die Azubis der jüngsten Generation: "dass Sie Gießerei-, Industrie- Zerspanungs-, Konstruktionsmechaniker, Mechatroniker oder Medientechnologen werden." Denn das alles seien Berufsbilder, die sich auch in der virtuellen Welt bewegen, aber im Kern handfeste Dinge beinhalten.