Ein gegensätzliches Paar, das sich da im Kaisersaal der Würzburger Residenz gegenübersteht. Die Sopranistin Inna Husieva mit ihrem langen, weißblonden Pferdeschwanz und Roberto Ortiz, Typ Latin Lover, sind die Protagonisten, die gemeinsam mit dem Philharmonischen Orchester Würzburg die diesjährige "Italienische Nacht" des Mainfranken Theaters gestalten.
Es passt alles. Draußen Sommertemperaturen, drinnen barockes Ambiente, kulinarische Leckereien und vor allen Dingen weltbekannte Melodien aus italienischen Opern, die so mancher, so manche aus dem Publikum mitpfeifen könnte.
Die Philharmoniker spielen furios, samtig weich, wuchtig oder morbid - was immer ihr Generalmusikdirektor aus ihnen herauslockt. Enrico Calesso zuzusehen ist ein Eintauchen in eine andere Welt, ist aufregend, verblüffend, abwechslungsreich. Der Italiener liefert seinem Orchester ein individuelles, körperbetontes, von Mimik und Gestik unterstrichenes Dirigat, tanzt, springt, lächelt selig. Doch er durchlebt, durchleidet auch das, was die Libretti ihm vorgeben. Schließt die Augen, ist beseelt, berührt und Träumen und Tränen nahe. Mit weit ausholenden Bewegungen scheint er zu zaubern, die ganze Palette an Emotionen auszuleben. Orchester und Solisten folgen ihm, erreichen gemeinsam den perfekten Rhythmus, den perfekten Klang.
Die Farben ihrer Heimat
Heiter und fließend der musikalische Beginn mit der Ouvertüre aus "La scala di seta" von Gioachino Rossini, sehr stimmig im späteren Verlauf des Abends die Intermezzi von Puccini (aus "Manon Lescaut") und Mascagni (aus "Cavalleria Rusticana").
Die bereits vielfach ausgezeichnete junge Ukrainerin Inna Husieva trägt ein blaues Abendkleid mit gelbem Tuch - die Farben ihrer Heimat. Mit der Arie der Lucia aus "Lucia di Lammermoor" zeigen sich Wärme und Wohlklang ihrer Stimme. Doch ihr liegen auch Dramatik, wie in der Arie der Liù "Tu che di gel sein cinta" aus Puccinis "Turandot" zu hören ist, und ein bisschen Schabernak wie in dem kleinen Kabinettstückchen mit Roberto Ortiz als Nemorino, in dem beide "Caro elidier sei mio" aus "L’elisir d’amore" performen und sich kokett, beleidigt oder ein bisschen verliebt geben, was ihr Gesang sehr schön ausdrückt.
Ebenbürtiger Partner
Der mexikanische Tenor Roberto Ortiz ist der charmanten Sängerin ein ebenbürtiger Partner. Er spielt mit seinen Stimmbändern, klingt verliebt, sensibel, heißblütig, bisweilen lässig. Seine Belcanto-Passagen gehen unter die Haut. Mit der Arie des Herzogs von Mantua "Ella mi fu rapita" aus "Rigoletto", dem Ohrwurm "Una furtiva lagrima" und dem weltberühmten "Nessun dorma" schmeichelt er sich in Herzen und Gehörgänge des Publikums, das jubelnd reagiert und auch nach den Zugaben, für die Duett und Orchester zwei "Schlager" (das Trinklied aus "La Traviata" und "O Sole mio") ausgesucht haben, nicht mit enthusiastischem Applaus spart.