Flüsse und Seen, in denen sich glutrote Sonnenuntergänge spiegeln, weite Blicke in tiefe Täler, alte Baumalleen, blühende Sonnenblumenfelder: Unzählige Male wurden diese Motive schon fotografiert. Unser Blick in die Landschaft ist den heute gängigen Seherfahrungen und Vorstellungen von Landschaft und landschaftlicher Schönheit verpflichtet.
Auch in der Kunst folgte die Darstellung einer Landschaft je nach ihrer Entstehungszeit bestimmten Kriterien. Landschaftsbilder sind „immer zugleich historische Zeugnisse von einstigen Ansichten und Sichtweisen“, sagt der Kunsthistoriker Nils Büttner, der ein Standardwerk über „Landschaftsmalerei“ geschrieben hat. Es gebe die Landschaft als Bildthema bereits seit der Antike.
Der Main taucht nachweislich erstmals viele Jahrhunderte später in der Kunst auf. Dr. Erich Schneider, Gründungsdirektor des geplanten Fränkischen Landesmuseums in der Würzburger Festung Marienberg, hat sich mit dem Thema „Kunst am Main“ befasst (sein Aufsatz ist abgedruckt im Katalog der Landesausstellung „Main und Meer“, 2013). Der Kunsthistoriker nennt zum Beispiel den von Michael Wolgemut beziehungsweise Wilhelm Pleydenwurff gezeichneten Holzschnitt aus der Schedelschen Weltchronik von 1493. Dieser zeigt die älteste Gesamtansicht von Würzburg – mit dem Main.
Als einen wichtigen Wegpunkt in der Kunstgeschichte der Maindarstellungen bezeichnet Erich Schneider die um 1623 entstandene Vogelschauansicht von Ochsenfurt (Lkr. Würzburg). Sie wird Albert Herrmann zugeschrieben. Der Maler bemühe sich um topografische Genauigkeit, schreibt Schneider. Einige Bauten sind jedoch in ihrer Größe hervorgehoben: Stadttürme Rathaus, Kirche, Kellerei des Domkapitels. Das Bild, das heute im großen Sitzungssaal des Ochsenfurter Rathauses hängt, könnte einem bestimmten Zweck gedient haben. Es dokumentiert die Wehrhaftigkeit des Besitzes des Fürstbistums Würzburg.
Über 200 Jahre später hat August Christian Geist die „Mainlandschaft bei Miltenberg“ geschaffen. In dem Gemälde aus dem Jahr 1857 betone der Maler seine „schwärmerische Vorstellung eines 'stillen' Sommerabends vor der Stadt am Fluss“, so Schneider.
Ebenfalls „still“ scheint der „Sommerabend am Main“ von Otto Modersohn von 1924. Er folgt jedoch einem anderen Kunstempfinden. Der Künstler will die Stimmung einfangen und zieht laut Schneider in diesem Bild „ein durchaus eigenständiges Resümee aus den Erfahrungen des Impressionismus über den Jugendstil bis hin zum Expressionismus“. Kurt Reuter präsentiert seine „Mainlandschaft bei Schweinfurt mit Kähnen und Booten“ um 1940 dagegen viel unruhiger in ihrer, so Erich Schneider, „expressiv-realistischen Lebendigkeit“.