Es muss nicht immer die große Bühne sein. Manche Stücke, selbst wenn sie fundamentale Themen wie Sterben und Tod behandeln, scheinen prädestiniert für den intimeren Rahmen. Zumindest auf "Oskar und die Dame in Rosa" in der Inszenierung von Karolin Benker für das wenige Dutzend Plätze bietende Studio vom Theater Ensemble auf dem Würzburger Bürgerbräu-Gelände trifft das zu.
Gut eine Stunde Zeit gibt sie ihrer Solodarstellerin Christa Fischer, um auf die besondere Freundschaft zwischen dem unheilbar kranken Kind und der resoluten "Oma Rosa", wie sie der 2002 veröffentlichte Roman von Éric-Emmanuel Schmitt schildert, zurückzublicken. Der Premierenabend bot eine Mischung aus Lesung und Spiel, in dem die 77-Jährige unverstellt, unverkrampft, überzeugend in ihrer Rolle aufgeht.
Es ist die einer mit rosa Kittel bekleideten, ehrenamtlichen Patientenbetreuerin in einer Klinik, in der der zehnjährige Oskar seine letzten Tage verbringt. Zwischen den beiden ungleichen Titelfiguren entwickelt sich eine intensive Verbundenheit. "Oma Rosa" bringt Oskar dazu, über alles, was ihn bewegt, nachzudenken und als Brief an den lieben Gott festzuhalten. Wohl ein Dutzend Briefe schreibt der Junge in sein Tagebuch, das er nach seinem Tod der untypischen, sympathischen "Oma" hinterlässt, die sich vom Klartext-Reden mit ihrer Umgebung nicht abhalten lässt.
Das ganz unsentimentales Tagebuch eines Todkranken
Dieses Tagebuch bezeugt auf ganz unsentimentale Weise nicht nur, dass der "Eierkopf" (wie ihn andere Kinder auf seiner Station nennen) sich von den Erwachsenen verraten fühlt: Sein Doktor wähnt sich als Arzt gescheitert und kann ihm nicht mehr in die Augen blicken, sein Vater ist ein "Weltmeister im Sonntagnachmittag-Verderben", seine Eltern "Volltrottel", die ihm den (Weihnachts-)Tag verkorksen, offenbar Angst vor ihm haben. Doch Oskars "Briefe" erzählen nicht nur von Schmerz und Verlust, sondern von Freude, Liebe und einem ganzen – auf wundersame Weise wie im Zeitraffer erlebten – Menschenleben.
Zu letzterem bringt ihn seine besondere Freundin, mit er er über Gott und die Welt, über Wahrheit, Gefühle, Mut und Sterben reden kann, durch ihre Idee, jeden Tag so zu sehen, als wäre er jetzt zehn Jahre älter. Mit gefühlt über 100 Jahren schließt Oskar sein Tagebuch. Kahl, klapprig, müde, aber bereit zu sterben.
Christa Fischer spielt mit viel Herz, trifft den richtigen Ton, findet von den schwungvollen Bewegungen am Anfang des Stücks, ihren lebhaften Rückblicken auch auf das eigene (teils wohl erfundene) Leben ihrer Figur mühelos zu einem bewegenden Schluss. Sehenswert!
Vorstellungen: Auf dem Spielplan bis 9. März. Karten: Reservierung per Telefon über (0931) 44545 oder: https://theater-ensemble.net/karten/