Bis zuletzt war es ungewiss, ob das Fest anlässlich der Kreuzerhöhung überhaupt stattfinden konnte: Nach heftigen Regenfällen klarte am späten Mittwochnachmittag der Himmel dann aber plötzlich auf, so dass bei strahlendem Sonnenschein über 150 Menschen auf dem Kirchplatz in Goßmannsdorf zusammenkamen.
Den Anlass der Veranstaltung verglich Ochsenfurts Bürgermeister Peter Juks mit einem „Richtfest bei einem Neubau“. Nachdem ein Großteil der im Herbst 2016 begonnenen Sanierungsarbeiten am Kirchturm abgeschlossen ist, wurden in einer Feierstunde das Kreuz und die Figur des Kirchenpatrons Johannes des Täufers gesegnet und zusammen mit der restaurierten goldenen Turmkugel und zwei Kapseln mit Zeitdokumenten per Lastenaufzug auf die Spitze des Turms transportiert. Dort wurden die Turmkugel und das Kreuz wieder auf den sogenannten Kaiserstiel (Spitze der Turmkonstruktion, die das Kirchturmkreuz trägt) gesteckt. Zuvor konnten die Festgäste die Gegenstände auf einem roten Teppich vor der Kirche aus der Nähe begutachten.
Mühsames Zusammentragen alter Dokumente
Pfarrer Klaus Weber hielt eine Andacht, die der Musikverein Goßmannsdorf musikalisch begleitete; Peter Juks begrüßte die Gäste und erklärte den Verlauf der Feier. Den Inhalt der zwei Kapseln, die in der Turmkugel versenkt werden sollen, stellte der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Roland Schmitt vor. Die letzten Renovierungen am Kirchturm hatten 1906 und 1957 stattgefunden – von den Dokumenten aus dieser Zeit hatte Schmitt Reproduktionen anfertigen lassen, „auf säurearmem Papier und mit dokumentenechtem Toner – das müsste die Zeit überdauern“, so Schmitt. Dazu kamen Reproduktionen eines Amuletts und eines Kreuzchens aus der Erbauungszeit der Kirche gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
Das Zusammentragen der Dokumente sei mühsam gewesen, sagte Schmitt, der für einen umfassenden Bericht über das kirchliche Leben in Goßmannsdorf von 1957 bis heute nicht nur zahlreiche Akten aus dem Diözesanarchiv ausgelesen hatte, sondern auch alte Protokolle und Pfarrbriefe aus dem Pfarrarchiv Goßmannsdorf durchgegangen war. Den weltlichen Part, einen Bericht über das Dorfleben im Ort (Stand 2017), hatte Pfarrgemeinderatsmitglied Annette Breu, unterstützt von Erich Weiß, übernommen.
Wer immer in ferner Zukunft die Kapsel öffnen wird, erfährt darin unter anderem von Erwerbs- und Infrastruktur, demografischer Entwicklung sowie dem Vereinsleben im Ort.
Ergänzt wird der Inhalt der Kapsel mit den aktuellen Dokumenten durch drei Luftaufnahmen von Goßmannsdorf aus den Jahren 1956, 1967 und 2006, verschiedene Zeitungsartikel sowie Euroscheine und –münzen. „In der alten Kapsel hatten wir Reichsbanknoten aus der Inflationszeit von 1923 im Wert von über 50 Millionen Mark gefunden“, sagte Schmitt. „Ich denke, die 20 Euro, die wir nun in die Kapsel gesteckt haben, sind mehr wert.“
Schwer vermisst: Glockenläuten und die Uhr
Georg Böswald-von Brunn, dessen Architekturbüro mit den Sanierungsarbeiten betraut war, zählte alle beteiligten Firmen auf und betonte, wie marode der Kirchturm war: „Die Zimmerleute haben vier Monate am Dachstuhl gearbeitet und dabei sieben Kubikmeter Nadelholz sowie zwei Kubikmeter Eiche verbaut.“ Auch wenn sich das äußere Erscheinungsbild des Turms nicht grundlegend geändert habe, sei es nach den Arbeiten wieder vollständig. „Wir haben zum Beispiel das gotische Maßwerk aus Naturstein an den Schallladenöffnungen so ergänzt, wie es ursprünglich war.“
Während im Anschluss die restaurierten Gegenstände per Aufzug auf die Turmspitze transportiert wurden, beobachteten die Gäste das Geschehen bei einem Umtrunk vom Boden aus. Auf den Weg in luftige 43 Meter Höhe machten sich nur etwa ein Dutzend Personen, die an den Sanierungsarbeiten oder am Fest der Kreuzerhöhung beteiligt waren. Da der Aufzug nicht bis zur Turmspitze reichte, mussten Kugel und Co. das letzte Stück per Seil nach oben gezogen werden. Der Restaurator der Turmkugel, Christoph Schädel, nahm das zehn Kilo schwere, in Schutzfolie gehüllte Stück vorsichtig in Empfang. „Die Kugel ist voll vergoldet – mit 24 Karat Feingold, der höchsten Goldstufe, die es gibt“, so Schädel. In ihrer Öffnung sollen die zwei Kapseln mit den Turmdokumenten versenkt werden.
Am Fuße der Kirche diskutierten unterdessen einige Goßmannsdorfer darüber, was sie während der Sanierung, die Ende August abgeschlossen sein soll, am meisten vermisst hätten: „Das Glockenläuten und die Uhr!“