Wozu gibt es in Deutschland Gerichte? Was ist eigentlich ein Gesetz? Und was hat das alles mit dem Jurastudium zu tun? Auf all diese Fragen hat Julia Vorndran Antworten. Sie hat selbst Jura studiert und arbeitet an der Uni Würzburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2005, da war sie neun Jahre alt, hat Vorndran an der Kinderuni teilgenommen. Und nächste Woche ist sie selbst Dozentin der Kinderuni: Es geht um die Frage, ob sich Hänsel und Gretel strafbar gemacht haben. Einige Fragen zu diesem Thema hat sie uns schon vorher beantwortet.
Frage: Was ist ein Jurastudium?
Julia Vorndran: Ein Studium ist ähnlich wie Schule. Man hört aber nicht mehr dem Lehrer zu, sondern den Professoren. Im Jurastudium beschäftigt man sich viel mit Gesetzen. Die Studenten bekommen kleine Geschichten, sogenannte Fälle. Anhand der Gesetze müssen sie beurteilen, welche Folgen ein bestimmtes Verhalten hat. Die Gesetze müssen die Studenten aber nicht auswendig können: Dafür gibt es Bücher, in denen sie nachschlagen dürfen. Nach dem Studium werden die meisten dann Anwälte. Man kann aber auch Richter werden oder in einem Unternehmen arbeiten.
Was genau sind eigentlich Gesetze?
Vorndran: Gesetze sind schriftliche Regelungen, die das Zusammenleben der Menschen regeln. Sie sorgen dafür, dass alles ordentlich und friedlich abläuft. Es sind also Verhaltensregeln, die verhindern, dass jeder einfach machen kann, was er will. Dadurch wird ein großes Durcheinander vermieden. Gesetze sind aber in jedem Land anders: In Deutschland kann etwas verboten sein, das im Nachbarland erlaubt ist.
Und welche Gesetze gibt es in Deutschland?
Vorndran: Tagtäglich kommen wir alle mit Gesetzen in Berührung: Dass wir uns anschnallen, wenn wir Auto fahren, ist ein Gesetz. Oder dass wir bei Rot nicht über die Ampel gehen dürfen.
Wozu brauchen wir das Gericht?
Vorndran: Wenn zwei Kinder sich streiten, entscheiden die Eltern oder Lehrer, wer Recht hat. Wenn zwei Erwachsene sich so sehr streiten, dass sie keine Lösung finden, dann müssen sie vor Gericht gehen. Das Gericht ist eine Art Streitschlichter, der entscheidet, wer Recht bekommt oder wer bestraft wird. Die Entscheidung des Gerichts heißt Urteil und daran müssen sich die Beteiligten halten.
Wer arbeitet im Gericht?
Vorndran: Das Gericht ist der Ort, an dem entschieden wird. Die Personen, die entscheiden, heißen Richter. Manchmal entscheidet nur ein Richter, manchmal mehrere. Der Richter muss vor allem herausfinden, wer die Wahrheit sagt. Er trifft sein Urteil dann anhand der Gesetze.
Es gibt auch noch den Anwalt. Die meisten Menschen haben kein Jura studiert: Sie wissen nicht, wie man sich vor Gericht verhalten muss und welche Gesetze es gibt. Daher werden sie von Anwälten vertreten, die stellvertretend die Situation vor Gericht klären.
Was haben denn Hänsel und Gretel im Märchen falsch gemacht? Sie sind doch eigentlich die "Guten"?
Vorndran: Hänsel und Gretel knabbern am Lebkuchenhaus. Es gibt in Deutschland ein Gesetz, das sagt, dass man Sachen von anderen nicht kaputt machen darf – das Haus gehört ja der Hexe. Außerdem schubst Gretel die Hexe in den Ofen, wo sie dann verbrennt. Man darf in Deutschland aber niemanden töten. Ob Hänsel und Gretel sich ausnahmsweise so verhalten durften, klären wir in der Vorlesung.
Hat die Hexe auch etwas falsch gemacht?
Vorndran: Ja: Die Hexe sperrt Hänsel in den Käfig ein und will ihn essen. Sie lässt Gretel als Hausmagd zwangsarbeiten und möchte sie am Ende töten. Das alles ist nach deutschen Gesetzen verboten. Auch die Eltern von Hänsel und Gretel machen sich mit ihrem Verhalten strafbar. Man darf seine Kinder nicht einfach im Wald aussetzen.
Zur Vorlesung "Hänsel und Gretel vor Gericht" am 19. Oktober kannst du dich über www.uni-wuerzburg.de/kinderuni anmelden.