Ein Stück für große und kleine Fans (ab etwa sechs Jahren) von (Kunst-)Märchen und spannender Unterhaltung zaubert das Theater Chambinzky auf die Bühne: Das Schauspiel "Der Zinnsoldat und die Papiertänzerin" von Roland Schimmelpfennig. Der mit etlichen Preisen ausgezeichnete deutsche Gegenwartsdramatiker erzählt darin das fast 200 Jahre alte Hans-Christian-Andersen-Märchen "Der standhafte Zinnsoldat" frei weiter.
Auch in seiner Version erwachen Spielfiguren zum Leben, gibt es einen gemeinen Troll, gefühllos agierende Kinder, ein sprechendes Papierschiffchen, eine strenge Kanalratte. Doch nicht nur der in die - scheinbar wie er defekte - Tänzerin aus Papier verliebte Zinnsoldat, auch das zarte Geschöpf muss nun, getrennt von ihm, ungewollt zig Abenteuer bestehen.
Den mit nur einem Bein ausgestatteten (das Zinn für den Guss reichte nicht) und daher ausrangierten "Eisenkrüppel" verschlägt das Schicksal durch einen Windstoß vom Fensterbrett im Kinderzimmer auf die Straße, in die Kanalisation, vor eine Ratte, die ihn nicht weiterreisen lassen will und landet schließlich in den dunklen Bauch eines gefräßigen Fisches. Die kleine Ballerina, nach Hänselei eines Gastes beim Geburtstagsfest vom Besitzer zur Seite gestellt, fliegt indes nach oben, gelangt in die Fänge einer besitzergreifenden Elstermutter und in den sie beinahe vernichtenden Regen.
Getrennt voneinander, hoffen beide einstige ungleiche Nachbarn selbst in gefährlichsten Situationen immer wieder auf ein Wiedersehen. Tatsächlich treffen sie unerwartet aufs Neue zusammen und sehen einem schaurigen Ende im Feuer entgegen … Andersens düsteres Finale ersetzt Schimmelpfennig in seiner Bearbeitung jedoch durch ein Wunder.
Happy End also im letzten Moment. Unter der Regie von Mio Müller (auch zuständig für die Choreografie) spielen Michael Gumpert und Nuria Abels mit bemerkenswerter Leichtigkeit die beiden ausrangierter Titelfiguren. Sie treten zudem auch als Erzähler auf und verkörpern spritzig-ungezwungen alle weiteren Figuren.
Das erfordert einen ständigen Wechsel, den sie toll meistern und den auch junges Publikum gut nachvollziehen kann. Kleine (Tanz-)Szenen bremsen das hohe Spieltempo und steigern die Wirkung der vielen fantasievollen, witzigen Spielideen. Bühnenbild und -bau (Lennart Jäger, Andreas Zehnder) und Kostüme (Sarah Béke, Monika Schiefer) leisten ein Übriges zu der gelungenen, nicht ganz ausverkauften, heftig beklatschten Premiere.
Auf dem Programm bis 26. Dezember (Nachmittagsvorstellungen). Spielstätte: Chambinzky Kammerspiele, Valentin-Becker-Straße 2. Karten: https://chambinzky-theater-webshop.tkt-datacenter.net