
Kinderschutz ist eine facettenreiche Aufgabe. Wie vielfältig sie ist, zeigt der Würzburger Kinderschutzbund. Hier gibt es Hilfen für Familien in Not, Elternkurse, Schulungen für Sporttrainer, ein Schulprojekt zum Thema „Kinderrechte“ und eine Maßnahme für Flüchtlingskinder. Wegen seines vernetzten Angebots erhielt der Kinderschutzbund soeben zum vierten Mal das Label „Kinderhaus Blauer Elefant“. Er ist seit zehn Jahren der einzige Kreisverband in Bayern, der dieses Gütesiegel trägt.
Dass Eltern manchmal die Beherrschung verlieren, dass sie ihre Kinder anschreien und mit ihnen streiten, hat laut Patricia Fischer-Martin vom Kinderschutzbund viele Ursachen. Armut könne ein Grund für familiäre Spannungen sein, permanente Überlastung ein anderer. Über 100 Familien in Notsituationen werden derzeit von 120 Freiwilligen – meist Studenten – begleitet. Gegen eine Aufwandsentschädigung gehen sie in Familien, helfen dort bei der Kinderbetreuung oder unterstützen Kinder beim Lernen. „Dabei geht es ausdrücklich nicht um gute Noten. Die Kinder sollen vielmehr Freude am Lernen und Selbstvertrauen entwickeln“, erklärt Fischer-Martin.
Hohe Wertschätzung
Seine Daseinsberechtigung muss der einzige Kinderschutzbund in der Region Würzburg längst nicht mehr unter Beweis stellen. Im Gegenteil. Zahlreiche Kooperationen mit regionalen Partnern zeugen von der hohen Wertschätzung des Verbands. Auch fließen dem Kinderschutzbund reichlich Bußgelder zu.
Nur an Spenden hapert es. Darum will der Verband in Kürze eine Sponsoring-Aktion starten: Gesucht werden Firmen aus Würzburg, Main-Spessart und Kitzingen, die Mitarbeitern den Kurs „Starke Eltern – Starke Kinder“ finanzieren. Warum sie das tun sollen? Fischer-Martin: „Betriebe profitieren davon, wenn sich Mütter und Väter unter ihren Mitarbeiter mit der Erziehung leichter tun.“
Gerade der Kurs „Starke Eltern – starke Kinder“ zeigt eindrucksvoll auf, wie flexibel sich der Kinderschutzbund auf neue Herausforderungen einstellt. Längst haben sich die Kursinhalte aufgesplittet; es gibt eigene Angebote für Eltern von Kindern bis zum Alter von drei Jahren sowie Trainings für Väter und Mütter, die Machtkämpfe mit pubertierenden Jugendlichen auszutragen haben. Neben den etablierten Kursen in deutscher Sprache werden Eltern auch in Russisch und Türkisch „stark“ gemacht. Aktuell entwickeln die Mitarbeiter des Kinderschutzbundes einen Medienkurs: Denn Eltern sollten wissen, was ihre Kinder am Computer oder im Internet treiben.
Pädagogische Fallstricke lauern aber nicht nur in der Familie. Auch Menschen, die in ihrer Freizeit mit Kindern arbeiten, können laut Fischer-Martin viel falsch machen. Zum Beispiel Sporttrainer. Ihre Aufgabe besteht zunächst darin, Kinder und Jugendliche fit für den nächsten Wettbewerb, das anstehende Turnier oder den Tabellenaufstieg zu machen.
Doch wie motivieren sie kindgerecht zum regelmäßigen, teilweise harten Training? „Gelernt haben sie das nicht“, betont die Sozialpädagogin. Im Projekt „Vereint in Bewegung“, das Birgit Zöller vom Kinderschutzbund für Trainer aus der gesamten Region koordiniert, erfahren diese, wie sie auch mit schwierigen Kindern im Verein gut umgehen können.
Recht auf Freizeit und Spiel
Als eine Art „Gebrauchsanleitung“ in Sachen Grundrechte kann das von Christine Süß-Giffel betreute Schulprojekt „Kinderrechte sind Menschenrechte“ verstanden werden. Welches Kind weiß schon, was es alles darf? Seit 22 Jahre gibt es ein „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“. Demnach hat jedes Kind auf der Welt das Recht auf Freizeit und Spiel, Bildung und die Behandlung seiner Krankheiten. Laut Patricia Fischer-Martin hat das Schulprojekt oft einen „Aha-Effekt“ für Kinder: „Oft wenden sie sich danach mit einem bestimmten Anliegen an ihre Lehrer oder sie beginnen, sich auch einmal zu wehren.“
Der Kinderschutzbund tritt parteiisch für die Rechte von Kindern ein, ohne Eltern, die aufgrund von eigener innerer Haltlosigkeit, finanziellen Problemen oder Arbeitslosigkeit mit der Erziehung überfordert sind, anzuklagen. „Wir sind im Grunde auch Elternschutzbund“, betont Fischer-Martin. Im gesamten Jahr 2010 wurden knapp 140 Familien in der Region vom Kinderschutzbund betreut, in über 60 Prozent der Fälle handelte es sich um eine alleinerziehende Mütter oder Väter. Fast 11 000 Helferstunden wurden in den Familien geleistet. Laut Sybille Suryana geht es dabei vor allem darum, Eltern zu entlasten: „Zum Beispiel, indem wir ihnen Freiräume verschaffen.“
Kinderschutzbund Würzburg
Gründung und Aufgaben
Der Würzburger Kinderschutzbund wurde 1977 gegründet, bereits ein Jahr später erfolgte die Einstellung eines hauptamtlichen Pädagogen. Eine zweite Hauptamtliche baute von 1989 an die Betreuungshilfe für Familien in Notsituationen auf. Seit 1996 hilft der Kinderschutzbund Eltern nach Trennung oder Scheidung, trotz bestehender Konflikte das Recht des Kindes auf Kontakt zu beiden Elternteilen zu erfüllen. 2001 wurde dem Kinderschutzbund als bayernweit Erstem das Qualitätslabel „Kinderhaus Blauer Elefant“ verliehen.
Kontakt
Der Würzburger Kinderschutzbund kann von allen Eltern in der Region unter Tel. (09 31) 1 51 77 oder per E-Mail unter info@kinderschutzbund-wuerzburg.de kontaktiert werden. Text: pat