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WÜRZBURG
Kindermund tut Haltestelle kund
Als er in der Straßenbahn die Ansage für die nächste Haltestelle hört, hält sich ein Junge die Ohren zu und vergräbt das Gesicht in seiner Kapuze. Er könne „diese“ Stimmen „nicht mehr hören“, meint er schließlich.
Gut zu sehen, aber nicht immer gut zu hören sind die Haltestellen-Hinweise in der Straßenbahn.
Foto: FOTO Norbert Schwarzott | Gut zu sehen, aber nicht immer gut zu hören sind die Haltestellen-Hinweise in der Straßenbahn.
Von unserem Redaktionsmitglied REGINA URBON
 |  aktualisiert: 15.12.2020 11:33 Uhr

Die Ansagen für die Haltestellen im Stadtgebiet und der näheren Umgebung haben Viertklässler aus Grundschulen in Stadt und Land gesprochen, per Mikrofon und Laptop in Klassenzimmern aufgezeichnet.

Die Idee, die frühere Computerstimme auf diese Art zu ersetzen, kam von der Grundschule Heuchelhof. Die vorherige synthetische Frauenstimme hatte wegen falscher Betonungen häufig für Kritik gesorgt. „Die alte Frau war mir lieber“, bemängelt der jugendliche Kritiker das Neue und sehnt die eintönige Computerstimme herbei.

Doch nicht alle Reaktionen verlaufen so negativ. Als am 11. Dezember die Kinder-Stimmen erstmals in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu hören waren, zeigten sich viele Fahrgäste zunächst überrascht, viele amüsiert. Viele wussten aber längst Bescheid, weil das Projekt in den Medien angekündigt worden war.

Mal schüchtern, mal selbstbewusst

Dennoch wurde immer wieder diskutiert. Die Aktion laufe bis Dreikönig, hieß es unter den Fahrgästen der Straßenbahn, und: Jedes Kind sei mit einer Haltestellen-Ansage maximal 100 mal zu hören – danach sei das nächste Kind an der Reihe. Nichts davon stimmt.

Einstieg Arndtstraße (Sanderau), früh um 8 Uhr. Eine verschüchtert klingende, recht leise Kinderstimme erklärt: „Nächste Haltestelle: Eichendorffstraße“ – kaum hörbar. Dagegen schockt die nächste Ansage geradezu: Ein Mädchen kündigt den Sanderring nicht nur laut und deutlich an, sondern der Verstärker scheppert geradezu: Nun sind die Fahrgäste wach!

Nach dem Sanderring ist eine ganz deutliche, ruhige Stimme zu hören: „Nächste Haltestelle: Neubaustraße“, neutral, klar und gleichmäßig gesprochen, kommt sie äußerst angenehm an, während die frühere Computerstimme ja bekanntermaßen immer das „Bau“ von „Neubaustraße“ betonte...

Stimmen ersticken im Geratter

Dann wieder der Gong vor dem nächsten Hinweis aufs Rathaus. Die Stimme aus dem Lautsprecher klingt leicht überdreht, als hätte die Sprecherin vor der Aufnahme ziemlich herumgealbert und gelacht. Der Hinweis „Dom - Umsteigemöglichkeit Richtung Hauptbahnhof und Grombühl“ folgt: klar und deutlich. Ankunft in der Einkaufsmeile.

Auf der Rückfahrt ersticken viele Ansagen im Geratter des alten Linie-4-Straßenbahn-Modells; der Hinweis auf den Sanderring scheppert überdies, und der schüchterne Hinweistext „Ehehaltenhaus“ ist praktisch gar nicht mehr zu hören. Die folgende Ansage für die Arndtstraße hört sich wie irgend etwas ganz anderes an.

700 Haltestellen

Um 700 Haltestellenankündigungen geht es: ein vielfältiger, bunter Strauß aus Kindermund. Jedes Kind habe zwei oder drei Ansagen aufgesprochen, erläutert Dornberger. Die Technik sei im Betriebshof geregelt worden. Weil sich die Geräuschkulisse dort von derjenigen unterwegs oft stark unterscheide, müssten wohl einige Aufnahmen, die sich live noch nicht bewährt haben, nachgebessert werden, doch insgesamt wolle man am Konzept festhalten.

 
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