
Dass es in der Würzburger Residenz einst einen „Karussellsaal“ und darin ein echtes Kinderkarussell gab – das wussten bislang nur wirkliche Insider der Geschichte. Jenes Original-Kinderkarussell, das Großherzog Ferdinand von Würzburg vor 200 Jahren für seine Kinder Franz Leopold, Maria Luisa und Maria Theresia bauen ließ und in der Residenz in einem „Spielzimmer“ aufgebaut war, ist jetzt nach weit über 100 Jahren an seinen Ursprungsort zurückgekehrt. Und hier soll es als Dauerleihgabe des Wittelsbacher Ausgleichsfonds bleiben.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das Karussell in München gelandet und zuletzt 30 Jahre lang im Marstallmuseum in Schloss Nymphenburg zu sehen. Die Rückkehr ist eine echte Sensation – allein gemessen am immer problematischen Austausch oder der Rückgabe fränkischer Kulturgüter. Die offizielle Übergabe fand deshalb am Mittwoch mit hochkarätiger Besetzung aus München statt. Dem Museumsreferenten der Bayerischen Schlösserverwaltung, Dr. Werner Helmberger, war der Stolz anzumerken, dass jetzt dieses ganz besondere Relikt aus der napoleonischen Zeit über den Umweg von Werneck und München an seinen Ursprungsort zurückkehren konnte.
Eine große Sonderausstellung
Zwar sollte man beim Begriff „Karussell“, was die Dimensionen angeht, der eigenen Fantasie nicht allzu freien Lauf lassen: Es hat einen Durchmesser von vier Metern und zwei Holzbalken im Kreuz, auf deren Enden zwei stattliche Holzpferde und zwei eiförmige Sitze montiert waren – immerhin ein absolutes Novum für ein Kinderzimmer der damaligen Zeit. Weil es nie im Freien war, ist es auch besonders gut erhalten. Vor allem für den Transport wurde es in seine Einzelteile zerlegt und wird in Würzburg vor Ort jetzt von Diplomrestauratorin Carolin Roth ganz behutsam restauriert, erläuterte der zuständige Restaurator der Schlösserverwaltung Dieter Endrich.
Hintergrund der ganzen Aktion ist die geplante Sonderausstellung „So wohnte der Großherzog. Die vergessenen Empiremöbel der Residenz Würzburg“, die im nächsten Jahr vom 11. April bis 31. Dezember gezeigt werden soll. Die Würzburger Residenz wurde bisher hauptsächlich aus ihrer Zeit der Fürstbischöfe dargestellt. Die Zeit von Großherzog Ferdinand III., der auch immer den Beinamen „von der Toskana“ hatte, weil er aus dem Haus Habsburg-Lothringen-Toskana stammte und erster weltlicher Herrscher in Würzburg war, wurde bislang immer in der Präsentation vernachlässigt. Das räumten alle Verantwortlichen ein. Jetzt soll eine fast vergessene Epoche wieder zum Leben erweckt werden.
Es wird mit einer Ausstellung in drei Sälen sozusagen nachgeholt. Vor allem wird es einmalige Möbel aus der Toskana-Zeit (1806 – 1814) zu sehen geben. Das Würzburger Möbelensemble aus der Residenz gehört zu den Spitzenwerken des Empire in Europa. Die Toskana-Räume brannten 1945 komplett aus. Aber von rund 400 Möbelstücken haben 230 – zum Teil stark beschädigt – überlebt, so Helmberger. Sie werden nächstes Jahr restauriert zu sehen sein.
Das Karussell ist dabei aber die absolute Besonderheit, auf die sich auch der örtliche Leiter der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Gerhard Weiler, sehr freut. Da werde eine ganze Epoche aus dem Schattendasein geführt mit seinen außergewöhnlichen Möbeln. Das Karussell sei dabei ein Höhepunkt.
Großherzog Ferdinand von Würzburg aus dem Haus Habsburg-Lothringen war ein hochpolitischer Mensch. Sein Vater war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. In Würzburg regierte er von 1806 bis 1814. Er war sehr beliebt, zumal er sich für Religionsfreiheit einsetzte, ein Novum für das damalige Würzburg, und die Gesetzgebung lockerte.