
"Knie auf den Boden und dann ...," ruft Tanzcoach Dino De Marco und bei "hoch" springen etwa 100 Kinder am Place de Caen in die Luft. Es ist Rosenmontag und der Würzburger Heuchelhof feiert Fasching. Es gibt Bonbons, Luftballons und Musik aus einem tragbaren Lautsprecher und einen Gaudiwurm, der um die Hochhäuser des Quartiers H1 zieht.
Rosalia schwingt einen rosa Tüllrock, Abdi trägt eine Zorro-Maske und Asija ein Kopftuch. Die Kinder leben am Heuchelhof, ihre Eltern kommen aus unterschiedlichen Ländern: Polen, Somalia, Marokko. Im Quartier H1 leben neben Leuten, die in Deutschland geboren sind, viele Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und Menschen aus der ganzen Welt.
"Zu unserem Fasching kommen eigentlich Menschen aller Nationen", sagt Hermine Seelmann vom Stadtteilbüro am Heuchelhof. Sie hat den Gaudiwurm gemeinsam mit dem Bürgerverein 2005 ins Leben gerufen :"Eine Low-Budget-Veranstaltung, um mit einfachen Mitteln den damals frisch umgestalteten Place de Caen zu beleben." Seitdem gehört die Faschingsveranstaltung am Rosenmontag zum Leben im Stadtteil dazu.
Vom Place de Caen aus ziehen die Kinder durch die Hochhäuser des H1. Es gibt keine Faschingswagen und keine Zugkapellen – aber immer Stopps, wo die Kinder tanzen und die Veranstalter ein paar Hände voll Süßigkeiten werfen.
Verkleiden macht allen Kindern Spaß
"Kinder mit anderen Hautfarben sind für meine Tochter normal, das finde ich schön," sagt Bettina Kitz, die die multikulturelle Atmosphäre am Heuchelhof genießt. Ihre sechsjährige Tochter tanzt mit den anderen Jungen und Mädchen "und hat einen Heidenspaß".
Auch Agata Ciezkowska, die in Polen geboren ist, und ihre Freundin Anastasia freuen sich über ihre Kinder – ein Batman, ein Tiger, ein Pokémon Pikachu. "Verkleiden macht ja allen Kindern Spaß", sagt Anastasia, die als Kind aus der Ukraine nach Deutschland gekommen ist.
Die Freude der Kinder und die der Eltern - das ist für Quartiersmanagerin Hermine Seelmann das verbindende Element des Heuchelhofer Gaudiwurms. Alle Eltern erleben Fasching über ihre Kinder, die im Kindergarten oder in der Schule feiern. "Und heute sind sie selbst dabei und begegnen auch anderen Menschen im Stadtteil."
Als der Gaudiwurm auf seinem Rückweg zum Place de Caen nochmal stoppt, regnet es plötzlich Süßigkeiten aus einem Fenster im Erdgeschoss eines Hochhauses. Die Kinder stürzen sich auf Schokolade und Riegel, die eine Frau mit beiden Händen wirft. "Ich habe die Musik gehört und habe selbst Enkel", sagt Nadja Bernhard in etwas gebrochenem Deutsch. Als der Zug dann direkt vor ihrem Fenster vorbei gekommen ist, habe sie sich gefreut und "einfach spontan" mitmachen wollen.

Neben dem städtischen Quartiersmanagement haben die Mobile Jugendarbeit, der Verein "Beweg Dich" und der Bürgerverein Heuchelhof den kleinen Faschingszug organisiert. "Wir wollen die Menschen mit ihren Kindern an der Haustür abholen", sagt Bürgervereinsvorsitzende und Stadträtin Christiane Kerner. Damit auch Leute, die nicht wegfahren oder anderswo Fasching feiern können, zusammen Spaß haben.
Und die Heuchelhofer haben Spaß: Beim Abschluss auf dem Place de Caen bringt Julia Satoloka vom Verein "Beweg dich" nochmal Schwung in die Sache. Zu Zumba-Musik tanzen Mädchen und Jungen, Piratinnen und Polizisten und auch einige Mütter und manche Väter bewegen die Füße oder wippen zumindest die Schultern im Takt. Christiane Kerner – im farbenfrohen Clownskostüm – strahlt: "Fasching ist bunt. So wie der Heuchelhof."
