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OCHSENFURT
Keine Chance für Panzerknacker
Catharina Hettiger
 |  aktualisiert: 03.10.2016 03:41 Uhr

Diesen Termin hätte auch Dagobert Duck sicherlich gerne wahrgenommen: Für unsere Serie „Hinter verschlossenen Türen“ werfen wir diesmal einen Blick in die Kellerräume einer Bank – und damit in den Klassiker einer verschlossenen Tür: einen Tresor. Er regt seit jeher die Fantasie an: Welche Schätze und Reichtümer könnten dahinter verborgen sein? Vor dem inneren Auge erscheint erneut Dagobert Duck, beim genussvollen Bad in einem riesigen Haufen glänzender Goldmünzen und dicker Geldscheinbündel.

In der Sparkasse Ochsenfurt befindet sich der Haupttresor im Keller des Gebäudes; der Gang davor erstrahlt in hartem Neonlicht. Die grau-beigefarbene, etwa 50 Zentimeter dicke Stahltür, die den Eingang zum Tresor darstellt, wirkt abschreckend und beeindruckend zugleich. Wo früher große Schlösser befestigt waren, und ein Schlüssel den Weg ins Innere des Tresors freigab, ist heute ein digitaler Zahlencode nötig.

Als Marion Frischholz, Filialleiterin der Sparkasse Ochsenfurt und stellvertretende Gebietsdirektorin, mit einiger Kraftanstrengung die schwere Tresortüre zur Seite schiebt, erscheint dahinter eine massive Gittertür, die den Blick auf einen fensterlosen kleinen Raum mit einer schmucklosen Sitzgruppe freigibt. Die Wände des Tresorraums sind gesäumt mit Hunderten von Schließfächern, dazwischen hängen alte Drucke mit Stadtansichten von Ochsenfurt. „In unserem Tresor befinden sich ausschließlich Kundenschließfächer“, sagt Frischholz und lacht, als sie den enttäuschten Blick der Reporterin sieht. Was die Kunden in den Fächern, die in die Wand eingemauert sind, aufbewahren, weiß sie nicht. „Alles, was die Öffentlichkeit gefährden könnte, zum Beispiel Waffen, darf nicht in unseren Safes gelagert werden“, so Frischholz. „Nachvollziehen können wir das aber nicht.“

Alarm bei der Polizei

Ihr Kollege Andreas Kemmer, stellvertretender Leiter der Sparkassen-Geschäftsstelle Marktbreit, vermutet „Gold, Münzsammlungen, wichtige Dokumente, Briefmarken oder Sparbücher“ in den Schließfächern. Unter den Mietern gebe es keinen großen Wechsel, „oft hält eine Person ihren Safe bis zum Tod“, so Kemmer. Falls nach dem Ableben des Kunden dessen Schlüssel nicht zu finden sei, müsse eine Spezialfirma kommen und das Fach aufbrechen. Denn sowohl in der Ochsenfurter als auch in der Marktbreiter Filiale gilt: An den Inhalt seines Safes kommt der Kunde nicht allein. Aus Sicherheitsgründen haben alle Schließfächer zwei verschiedene Schlösser, die nacheinander geöffnet werden. Einer der Schlüssel ist im Besitz des Kunden, den anderen behält die Bank. Auf ihre Schätze zugreifen können die Kunden demnach nur während der Geschäftszeiten.

Wird an der Tresortür in Marktbreit eine falsche elektronische Kombination eingegeben, löst dies sofort einen Alarm bei der Polizei aus. Neben dem Tresor, der auch im Keller der dortigen Sparkasse ausschließlich zu Kundenschließfächern führt, gibt es einen Tresor mit Geldern der Bank im Erdgeschoss. Klein und unscheinbar steht er im Kassenraum, abgesichert ist er durch eine doppelte Zahlenkombination.

Schließfach statt Matratze

Insgesamt gebe es einen verstärkten Andrang auf die Schließfächer. Dass die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Grund für diese Entwicklung sein könnte, und dass einige Kunden vor diesem Hintergrund ihr Geld lieber in einen Banksafe bringen anstatt es anzulegen, will Frischholz nicht ausschließen. „Wir stellen eine gewisse Resignation bei den Kunden fest.“Ehe jemand sein Geld zuhause unter der Matratze verstecke, sei es im Schließfach sicherer – sinnvoll sei dies aber nicht. „Einen Verlust hat man inflationsbedingt allein dadurch, dass man sein Geld liegen lässt.“

Dass die Banken selbst in ihren Tresoren kaum mehr Bargeld verwahren, liege am extremen Wandel, den die Bankenwelt innerhalb der vergangenen zehn Jahren durchlaufen habe, erklärt Frischholz. Hätten früher die Menschen zu Monatsbeginn und –mitte an den Kassenschaltern der Banken Schlange gestanden, seien es heute fast ausschließlich ältere Leute, die sich – meist des persönlichen Kontakts wegen – von einem Mitarbeiter an der Kasse ihr Geld auszahlen lassen. „Sorten, Wechselgelder und Edelmetalle wie Gold und Silber laufen natürlich auch noch über die Kasse.“

In zahlreichen Filialen hat der Geldautomat die Kasse bereits komplett ersetzt, und auch in den größeren Zweigstellen ist sie meist nur noch am Vormittag geöffnet. Für Geschäftsleute gibt es zudem Automaten mit Rollgeld; an Stelle des Nachttresors kam der Einzahl-Automat. Große Geldmengen im Sparkassen-Tresor hat Frischholz zuletzt anlässlich der Währungsumstellung Anfang 2002 erlebt. „Da war im Tresorraum alles voller Euros, zum Beispiel in Form der Starterkits.“

Die komplette Abschaffung des Bargelds von heute auf morgen hält Frischholz trotz all dieser Entwicklungen für sehr unwahrscheinlich. „Dazu hängen die Deutschen zu sehr daran“, glaubt sie. Ihrer Meinung nach könnte man prüfen, welche Scheine vorrangig in Umlauf sind, um dann die weniger geläufigen nach und nach abzuschaffen – „zum Beispiel den 500-Euro-Schein.“

Tresor als „Hochsicherheitstrakt“

Frischholz sieht die schwindende Bedeutung von Bargeld als schleichenden Prozess, der auch Vorteile für die Bankmitarbeiter bringe: „Wir haben so mehr Freiräume für andere Aufgaben.“ In den Mittelpunkt gerückt sei die Anlageberatung; außerdem der Kreditbereich mit Konsum- und Baufinanzierung sowie die Beratung von Kunden hinsichtlich der Digitalisierung der Vorgänge in einer Bank: „Wir erklären die Technik und machen zum Beispiel ein Konto onlinefähig.“

Doch auch wenn die Tresore in den Kellern der Sparkassenfilialen in Ochsenfurt und Marktbreit nicht mit beeindruckenden Bargeldhaufen wie der Geldspeicher von Dagobert Duck aufwarten können: Es geht noch immer eine Wirkung von den Räumen aus, die mit 70er-Jahre-Flair und leicht muffigem Geruch die Vergangenheit eingefangen und konserviert zu haben scheinen. „Als ich als Auszubildende das erstem Mal mit dem Tresor zu tun hatte, war ich fasziniert“, erinnert sich Frischholz. Damals seien es vor allem Bargeld und Silberbarren gewesen, die man darin verwahrt habe. Der Zugang sei schon immer beschränkt gewesen, „ein Hochsicherheitstrakt.“

Frischholz erlebt ihre frühere Faszination immer wieder aufs Neue – bei Führungen von Kindergartenkindern durch die Bank. Der Höhepunkt der Tour: der Tresor im Keller. Er enthält zu diesen Gelegenheiten einen „Schatz“, den wohl die meisten Kinder für äußerst begehrenswert halten: Gummibärchen.

 
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