Wenn man den Küchenmeister Roland Hell fragt, was es am nächsten Mittag im Würzburger Gefängnis zu essen gibt, dann sagt der meist „ja, das kommt ganz drauf an“. Ein Gericht für alle Gefangenen, das war einmal und ist Vergangenheit wie der Blechnapf und die Essensausgabe durch die allerdings immer noch vorhandene Kost-Klappe in den Zellentüren.
Konfessionsbedingte Speiseregeln und alle möglichen Unverträglichkeiten von Fisch, Tomaten und Hülsenfrüchten bis hin zu Hühnereiweiß machen zunehmend auch ärztlich verordnete Sondergerichte erforderlich oder benötigen zumindest Rücksicht beim Zubereiten: Dann darf gelegentlich der Wurst-Salat für einen oder zwei Gefangene keine Zwiebel enthalten, obwohl das für andere dann kein Wurstsalat mehr ist. In einem anderen Fall muss das Hauptgericht püriert werden, weil einem Gefangenen die durch Drogenkonsum weitgehend zerstörten Zähne entfernt wurden und die zahnlose Zeit bis zum neuen Gebiss überbrückt werden muss.
33 Gefangene essen fleischlos
Dass die Zahl der Straf- und Untersuchungsgefangenen muslimischen Glaubens in den letzten Jahren in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg erheblich zugenommen hat, stellt die Küche nicht so sehr vor besondere Herausforderungen. Da gibt es dann, wenn Bratwurst mit Kraut und Kartoffelpüree auf dem Plan steht, statt der fränkischen Bratwurst eine Rindswurst und für einen anderen Tag werden neben Schweinesteaks eben auch Bruststücke vom Hähnchen mariniert.
Es ist die durch Allergien veranlasste „Sonderkost“ in vielen Varianten, die mehr Aufwand erfordert und dann schon in der Küche mit dem Namen des Gefangenen beschriftet wird, damit es bei der Essensausgabe durch die „Hausarbeiter“ nicht zu Verwechslungen kommt.
Was die Unverträglichkeit im Zusammenhang mit dem Essen betrifft und Essgewohnheiten überhaupt, ist eine Justizvollzugsanstalt natürlich ein Spiegelbild der Gesellschaft.
Seit Jahren nimmt im Knast die Zahl der Gefangenen zu, denen der Arzt bei der „Zugangskonferenz“ eine Sonderkost attestiert: In diesen Tagen muss die Knast-Küche bei 33 Gefangenen „fleischlos“ berücksichtigen, bei 18 ist „laktose-“ und bei vier „glutenfrei“ vermerkt, fünf vertragen keinen Fisch, einer leidet an einer Hühnereiweiß-Allergie und für zwei Dialysepatienten muss Gemüse am Tag vorher geschnippelt und über Nacht gewässert werden, um das Kalium und Phosphat herauszuschwemmen.
Achten müssen Hell und seine Kollegen, zwei Küchenmeister und ein Koch, zum Beispiel auch auf Gefangene, die keine Kartoffelprodukte vertragen, für manche ist fettreduzierte Kost angeordnet, und bei Diabetikern wird das Gericht wegen der Kohlehydrate in „Broteinheiten“ (BE) berechnet.
Die JVA-Küche in Würzburg versorgt derzeit etwa 600 Gefangene „im Haus“, in der Jugendarrestanstalt und dem öffentlichen Vollzug auf der anderen Seite der Mauer sowie weitere 80 Gefangene in der JVA Schweinfurt. Beim Planen stehen Hell, als JVA- Beamter „technischer Inspektor“, für jeden Gefangenen pro Tag 2.35 bis 2.40 Euro zur Verfügung, davon 90 Cent bis 1.10 Euro fürs Mittagessen.
Knast-Kost in der Kirche
Es gab mal Zeiten, da war die Gefängniskost ein Teil der Strafe. Auch das ist Vergangenheit. „Wir können mit guten Kantinen draußen konkurrieren“, sagt Hell, und davon kann man sich vom 4. bis 18. März überzeugen, wenn die evangelische Thomaskirche in Würzburg zur „Vesperkirche“ wird. Das Essen kommt aus der Knastküche, an einem Tag zum Beispiel Kohlroulade mit Kartoffelgemüse und Salat, an einem anderen gebackenes Fischfilet mit Kartoffelsalat, exakt dasselbe, was die „normalen“ Gefangenen an dem Tag auf den Tellern haben. Auf Gäste der Vesperkirche, die keine Zwiebeln vertragen, keine Hülsenfrüchte oder Pilze, kann man bei dem Auftrag an die sogenannte „Lohnküche“ allerdings keine Rücksicht nehmen.
Dafür gibt es in der Vesperkirche, im Gegensatz zum Mittagessen in der JVA, Suppe und ein Dessert.