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WÜRZBURG
Karl-Heinz Seidel stellt Fotos im Kolping-Center aus
„Blaue Flamme“ nennt sich das Bild von Karl-Heinz Seidel, das einen Ausschnitt aus der Elbphilharmonie in Hamburg zeigt.
Foto: P. Langer | „Blaue Flamme“ nennt sich das Bild von Karl-Heinz Seidel, das einen Ausschnitt aus der Elbphilharmonie in Hamburg zeigt.
Robert Menschick
 |  aktualisiert: 07.03.2018 02:43 Uhr

Manchmal harrt Karl-Heinz Seidel stundenlang vor einem Gebäude aus. Mitunter einen ganzen Tag. Er wartet. Wartet darauf, dass das Licht genau so ist, wie es seiner Vorstellung von dem Bild entspricht, das er mit seiner Kamera einfangen möchte.

Die Akribie zahlt sich aus. Das belegen seine Werke, die seit dem 27. Februar unter der Überschrift „Moderne Architektur fotografisch inszeniert“ in der Galerie im Treppenhaus des Kolping-Centers Mainfranken zu sehen sind. Das schreibt die Kolping-Mainfranken GmbH in einer Pressemitteilung.

Owen Gehry und Libeskind

Vor allem zwei Architekten haben es dem Kister Künstler angetan: Frank Owen Gehry und Daniel Libeskind. Beide stammen aus den USA. Beide stehen für ein neues Denken in der Architektur: Für Regelbrüche, Dissonanzen und Strukturen, die aufgrund eingeschliffener Sehgewohnheiten zunächst meist als „unharmonisch“ interpretiert werden. Genau das fasziniert Karl-Heinz Seidel. „Der rechte Winkel ist langweilig“, meint er. Ihn ziehen Auf- und Durchbrüche, kühne Konstruktionen und architektonische Irritationen an.

Ein Paradebeispiel ist das von Daniel Libeskind entworfene Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden. Hier bohrt sich ein keilförmiger Neubau brutal in den Altbau hinein. Die Reaktionen auf das 2011 wiedereröffnete Museum bewegten sich zwischen „schockierend“ und „genial“. Wichtig für Seidel ist, dass sich dort kein Stararchitekt einfach bloß ein Denkmal setzen wollte. Dass das Museum so brachial ausschaut, hat einen tiefen Sinn: Hier wird der Krieg als brutales, einschneidendes Ereignis symbolisiert.

Hinter die Dinge zu kommen, Geheimnisse aufzuspüren, auf den ersten Blick Unsichtbares sichtbar zu machen – das treibt den Künstler an. Einen ganzen Sommer hatte sich Seidel 2017 in Deutschland auf Spurensuche nach architektonischen Kunstwerken von Frank Owen Gehry und Daniel Libeskind begeben.

In Dresden, Berlin, Düsseldorf, Koblenz und Lüneburg wurde er fündig. Dass er sich so viel Zeit für sein jüngstes Kunstprojekt nehmen konnte, hat der 66-Jährige seinem Ruhestand zu verdanken. Seit drei Jahren widmet sich der diplomierte Informatiker ganz der künstlerischen Architekturfotografie.

Außergewöhnliche Blickwinkel

Die Ausstellung „Moderne Architektur fotografisch inszeniert“ hat Seidel direkt für das Kolping-Center konzipiert. Die Werke bestechen nicht nur durch die außergewöhnlichen Blickwinkel und kühnen Diagonalen. Es fallen vor allem auch die poetischen Titel auf. „Oval Ouverture“ heißt etwa ein Werk, das im Treppenhaus des Staatstheaters Darmstadt entstand.

Mitunter werden die Bilder am Computer bearbeitet. Winkel, die auf der Fotografie nicht zu entdecken wären, werden sichtbar gemacht.

Dem Kolping-Center kommt ein großes Verdienst zu, dass es Karl-Heinz Seidel eine Bühne zur Präsentation seiner Werke bietet, so Laudator Johannes Engels: „Denn Fotografie wird im Vergleich zur Malerei in Würzburg stiefmütterlich behandelt.“ Der Gang durch die Ausstellung zeigt, dass künstlerische Fotografie der künstlerischen Malerei in nichts nachsteht.

Die Ausstellung in der Galerie im Treppenhaus des Kolping-Centers Mainfranken (Kolpingplatz 1) ist noch bis zum 15. September montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr und samstags von 8.30 bis 15 Uhr bei freiem Eintritt zu sehen.

 
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