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WÜRZBURG
Karikaturist Maneis: "Kugeln töten nicht den Geist"
Maneis Arbab: Er musste wegen Regimekritik aus dem Iran fliehen und fand in Würzburg eine neue Heimat. Der Künstler zeichnet an gegen Dummheit und Unmenschlichkeit. Ein Gespräch über die Anschläge von Paris und Karikaturen.
Karikaturist Maneis: 'Kugeln töten nicht den Geist'
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:56 Uhr

Seit 2009 lebt der iranische Künstler Maneis Arbab in Würzburg. Wegen regimekritischer Äußerungen hatte der Hochschullehrer und Werbegrafiker aus seinem Land fliehen müssen. Fünf Jahre hat er in der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft GU gelebt, im vergangenen Jahr wurde der 54-Jährige als Asylbewerber anerkannt. Als Künstler setzt er jetzt hier seine Gedanken und Gefühle in Bild, Film und Karikatur um. Im März 2014 zeigte Maneis Arbab seine Ausstellung „Große Freiheit Nr. 100“ in der BBK-Galerie und in der Werkstattgalerie „Okzident und Orient“. Dort war auch sein Kurzfilm „Utopia“ zu sehen. Am vergangenen Montag beteiligte sich Arbab am Montagsspaziergang für Toleranz und gegen die Pegida-Bewegung in Würzburg. Wir sprachen mit dem Künstler.

Frage: Sie mussten wegen Ihrer Arbeit als Karikaturist und Zeichner aus dem Iran fliehen. Was geht in Ihnen nach dem Terroranschlag auf Kollegen in Paris vor?

Maneis arbab: Die Nachricht hat mich tief traurig gemacht. Es ist furchtbar. Sie waren unschuldige Opfer, haben nur ihren Job gemacht. Übertreibungen der Realität – das ist die Aufgabe von Karikaturisten!

Sind die „Charlie“-Kollegen also nicht zu weit gegangen mit ihrem Spott und ihrer Religionskritik?

Maneis: Karikaturisten oder alle Künstler haben die Aufgabe, unsere Wirklichkeit übertrieben darzustellen. Ohne Übertreibung kommt nicht genug Aufmerksamkeit, egal ob für Religion, Politik oder etwas anderes.

Befürchten Sie, dass nun Karikaturisten weltweit mehr Angst bei ihrer Arbeit haben?

Maneis: Das Attentat beziehungsweise Gewalt allgemein macht immer Angst. Ich glaube, wir haben alle ein bisschen Angst. Aber auch Mut. Nach dieser Geschichte bin ich motiviert, mutig weiterzuarbeiten. Mut ist eine Eigenschaft, mit der wir unsere Freiheit und Demokratie schützen.

Sie selbst sind weiter als kritischer, politischer Karikaturist tätig. Zum Terror von Paris haben Sie eine Karikatur gezeichnet: Sie zeigt eine Patrone, die durch einen Kopf geschossen wird. Um das Gehirn macht sie einen Bogen . . .

Maneis: Ich habe dieses Bild am Tag der Anschläge gemalt. Es war eine Inspiration, ich wusste gar nicht genau warum. Ein paar Stunden später erreichte mich die Nachricht von dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“. Da passte die Karikatur zum Thema.

Inwiefern?

Maneis: Ich möchte mit diesem Bild zeigen, dass Kugeln unseren Körper töten können, nicht aber unsere Gedanken, nicht unseren Geist.

Sie mussten den Iran verlassen, weil dem Regime ihre Arbeit nicht passte und sie politisch unter Druck gesetzt wurden. Was hatten Sie damals gezeichnet?

Maneis: Ich musste meine Heimat wegen meiner künstlerischen Betätigung allgemein verlassen, nicht nur wegen meiner Illustrationen in Schulbüchern oder meinen Filmen. Das Regime hatte Säkularismus in meinen Arbeiten entdeckt. Das passte natürlich überhaupt nicht in eine Mullah-Diktatur.

Ist Ihre Arbeit als Karikaturist auch ein Stück innere Freiheit und Selbstbestimmtheit, wo Sie als Flüchtling doch so vieles zurücklassen mussten?

Maneis: In Teheran arbeitete ich als Künstler und Art Director, hatte eine eigene Kunstakademie und eine Werbeagentur. Dort entstanden Filmprojekte, Animationen, Gemälde und Illustrationen. Alle Genres habe ich genutzt, um zu reagieren auf Unmenschlichkeit, Dummheit, Unwissenheit. Wenn ich sehe, dass Menschen verletzt werden, ihnen ihre Würde genommen wird, kann ich nicht still bleiben. Das konnte ich im Iran nicht und das kann ich hier nicht.

Sie haben im vergangenen Jahr den Kulturförderpreis der Stadt Würzburg erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Maneis: In den fünf Jahren, die ich als Asylbewerber in der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft verbringen musste, habe ich gelebt wie ein Einsiedler. Ich habe trotz aller Schwierigkeiten Kunst gemacht. Der Kulturförderpreis zeigt mir, ich war auf dem richtigen Weg. Ich bin dankbar für diese Auszeichnung von der Stadt Würzburg und ich danke den Würzburgern für ihre Aufmerksamkeit für meine künstlerische Arbeit.

Würzburg ist Ihnen in den vergangenen Jahren zu einer neuen Heimat geworden. Wie sehen Sie aktuell die islamfeindlichen Aufzüge der Pegida-Bewegung?

ManeiS: Als Künstler, der aus dem Morgenland kommt, sehe ich die Sonne der Freiheit hier im Abendland leuchten. Ich glaube, Pegida ist eine schwarze Wolke. Sie macht mir Angst, weil ich nicht weiß, was sie mit sich bringt.

Intuition?Diese Karikatur zeichnete Maneis Arbabam Tag des Attentats in Paris.Ein paar Stunden späterhörte er die Nachricht.
| Intuition?Diese Karikatur zeichnete Maneis Arbabam Tag des Attentats in Paris.Ein paar Stunden späterhörte er die Nachricht.
Karikaturist Maneis: 'Kugeln töten nicht den Geist'
Rodins Denker mit neuer Frage: eine aktuelle Arbeit von Maneis Arbab.
| Rodins Denker mit neuer Frage: eine aktuelle Arbeit von Maneis Arbab.
Im Atelier: Maneis Arbab zuhause in Höchberg an der Staffelei mit der Zeichnung, die er am Tag des Attentats machte. RASHID JALAEI
Foto: Foto: | Im Atelier: Maneis Arbab zuhause in Höchberg an der Staffelei mit der Zeichnung, die er am Tag des Attentats machte. RASHID JALAEI
Karikaturist Maneis: 'Kugeln töten nicht den Geist'
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    Karikaturen hin oder her, mag jeder darüber denken wie er will, aber ich frage mich, ob unsere Politiker und Befürworter der Verunglimpfung anderer Religionen auch genauso Toleranz fordern würden, wenn sich jemand ständig mit Karikaturen über den jüdischen Glauben lustig machen würde. Wenn man gesehen hat, wie sich Netanjahu, der zum Trauermarsch in Paris gar nicht geladen war, hinter die Radaktion von Charlie Hebdo stellte, aber in ultraorthodoxen Zeitungen in Israel Merkel als Frau wegretuschiert wurde, dann kann es dort ja nicht so weit her sein mit der Toleranz, vor allem, wenn man unsere Kanzlerin lieber durch den Palästineserpräsidenten ersetzt. Also, ruhig mal die Kirche im Dorf lassen und sich fragen, ob wir durch soviel Solidarität nicht doch auf die politisch korrekte Linie gebracht werden sollen, denn der deutsche Michel fällt auf solch Tricks schon immer rein, denn wenn man nicht dem mainstream angehört, dann ist man grundsätzlich rechts.....
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    Oh, ich habe das Plus gedrückt, um weitere Kommentare zu lesen. Keineswegs um den Kommentar zu loben, der sich überhaupt nicht auf das Interview bezieht. Ich bitte Obervers01, diesen einen Punkt von seiner Bewertung abzuziehen, bevor er oder sie sich ungerechtfertigt auf die Schulter klopft.
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