„Und wie machst Du das mit der Familie?“, fragt Elisabeth Scharfenberg, Grünen-Bundestagsabgeordnete und Mutter von vier Kindern, beim Mittagessen Kerstin Celina. Die Landtags-Direktkandidatin der Landkreis-Grünen hat zwei Kinder. Zwischen Suppe, Gemüseschnitzel und Wahlkampf muss auch mal Zeit für Alltagsthemen sein. Vor der Pause hatten die Politikerinnen Pflegeeinrichtungen in Stadt und Landkreis besucht.
Scharfenberg setzt sich im Bundestag für sozial gerechte und nachhaltige Pflegepolitik ein. Celina will das künftig im bayerischen Landtag tun. „Fachlich bereichernd“ sei der Austausch mit der Bundespolitikerin. Beide fordern die Stärkung von kleinen Senioren-Einrichtungen wie der „Wohnen im Alter GmbH“ in Reichenberg oder der „Arche“ in Giebelstadt und Rottenbauer. Im dortigen Café „Drei Eichen“ schildern ihnen jetzt Pflege- und Leitungspersonal praktische Sorgen und Nöte.
Die 45-jährige Celina glaubt, dass wohnortnahe Pflegeeinrichtungen am besten geeignet sind, um die großen Aufgaben im Pflegebereich zu bewältigen. „Denn dort können sich Menschen für ihre Angehörigen und Nachbarn einsetzen und stabile soziale Strukturen schaffen.“ Der Staat müsse dies mit besseren Konzepten unterstützen. Zum Beispiel dadurch, dass Arbeitnehmer einfacher ein paar Wochen oder Monate freigestellt werden können. „Denn viele Menschen möchten die Pflege in akuten Situationen gerne selbst übernehmen.“
Selbst übernehmen – das ist auch das Motto von Kerstin Celina. Die Personalberaterin bei der Agentur für Arbeit engagiert sich als Gemeinde- und Kreisrätin, beim Bund Naturschutz, im Elternbeirat der Schule ihrer Kinder und bei der Kürnacher Feuerwehr, wo sie seit 2001 als Ersthelferin bei Unfällen im Einsatz ist. „Ich lebe sehr gerne hier, ich will diesen Staat auch mitgestalten,“ beschreibt sie ihre Motivation.
Auch zur Politik kam die Wirtschaftswissenschaftlerin durch den Wunsch etwas zu verändern. „Als ich mich Mitte der 90er Jahre als Beamtin im höheren Dienst von Berlin aus um eine Stelle in Bayern beworben habe, bekam ich den starken Eindruck, dass männliche Bewerber bevorzugt werden. Das hat mich sehr geärgert.“ Ihre Vorstellungen von Chancengleichheit sah Celina von den Grünen am besten vertreten. Ebenso die von einer intakten Umwelt, sozialer Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Also trat sie 1996 in die Partei ein.
Ihr Engagement hat seinen Preis. „Ich schaffe das, weil ich auf andere Dinge verzichte“, sagt die in Teilzeit arbeitende Frau und zählt Kaffeetrinken, Shopping und Fernsehen auf. Stattdessen liest sie Fachliteratur über Energie, Bildung, Umwelt, Steuern oder Wirtschaft. „Ich will von den Themen, zu denen ich etwas sage, auch möglichst viel verstehen.“
Welches Thema liegt ihr am meisten am Herzen? „Ich bin breit aufgestellt“, sagt die Diplom-Volkswirtin. Charakteristisch sei die Art, wie sie arbeitet. Beispiel Waldnutzung. Industrie, Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Freizeitsportler oder Jäger haben konträre Vorstellungen. „Diese verschiedenen Menschen möchte ich an einen Tisch bringen und ihre Interessen in ein gemeinsames Konzept unterbringen, mit dem alle leben können.“ Selbstbewusst fügt sie dazu: „Das kann ich.“
Kompetenz, Durchsetzungskraft und Verlässlichkeit haben sie politisch vorangebracht. Celina ist Vorsitzende des Grünen Kreisverbandes Würzburg-Land, sie hat den ersten Listenplatz der unterfränkischen Grünen errungen und damit sehr gute Chancen am 15. September in den Bayerischen Landtag gewählt zu werden. Dafür kämpft sie eisern: täglich mindestens zwei Wahlkampftermine, außer ein paar Tagen ist in diesen Ferien kein Urlaub mit der Familie drin.
Also: Wie ist das jetzt mit der Familie? „Meine Kinder sind das gewohnt.“ Die zehn und 13 Jahre alten Töchter würden ihr Engagement schätzen und nicht einmal meckern, dass ihre Mutter auf Plakaten direkt an ihrer Schule prangt. Sie seien selbstständig erzogen und könnten sich auch mal selbst die Nudeln kochen. „Zur Not gebe ich halt per Handy Tipps.“ Außerdem unterstützt ihr Mann ihre Karriere. Er wird weniger arbeiten, falls sie in den Landtag kommt. „Aber über das Konkrete will ich erst reden, wenn es soweit ist.“
Kandidaten-Check
Die drei wichtigsten Themen der Region in der nächsten Legislaturperiode?
Das Leben auf dem Land lebenswert machen durch Infrastruktur vor Ort (Schulen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Kliniken, DSL, ÖPNV), Natur erhalten/Flächenverbrauch stoppen, energetische Gebäudesanierungen fördern
Ein Politiker, den Sie bewundern?
Mahatma Gandhi
Wie weckt man bei jungen Menschen Interesse an Politik?
Gutes Vorbild sein, sich selbst engagieren
Wie überzeugen Sie einen Nichtwähler?
Indem ich versuche, eine gute Wahl zu sein.
Woher kommt Politikverdrossenheit?
Durch schlechte Vorbilder in der Politik
Ein politischer Gegner, den Sie besonders schätzen?
Unseren Landrat
Sie machen Politik, weil . . . . . . es einfach Spaß macht!
Heimat ist für Sie . . . . . . überall da, wo ich mich wohl fühle
Drei Dinge, die Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Ein Foto meiner Familie, ein dickes Buch und ein Satellitentelefon
Ihr schönster Moment bislang in diesem Jahr?
An jedem Tag mindestens einer.
Was können Sie richtig gut?
Lachen
Was sollten Sie besser lassen?
Im Takt klatschen, da komme ich immer durcheinander
Wo findet man Sie im Urlaub?
Draußen an der frischen Luft, irgendwo, wo es relativ einsam ist
Biografisches
Alter: 45
Beruf: Personalberaterin
Ausbildung: Diplom-Volkswirtin
Familienstand: verheiratet
Geburtsort: Würzburg
Wohnort: Kürnach
Bei den Grünen seit: 1996
Politische Ämter: Gemeinderätin, Mitglied im Bezirksvorstand der Grünen, Kreisvorsitzende
Lieblingsessen: Tomate-Mozzarella-Brötchen
Lieblingsmusik: irische Musik mit der Black Velvet Band, einzelne Lieder von Frank Sinatra und vielen anderen
Lieblingsbuch: viele, z. B. Ulrich Hub: An der Arche um Acht Lieblingsfilm: Naturdokumentarfilme wie „Unsere Erde“
Lieblingsplatz in der Region: mit dem Fahrrad an der Kürnach und am Lengfelder See
Lieblingssport: Fahrradfahren!
Lebensmotto: „Carpe diem!“ – „Nutze den Tag!“
Wenn Sie die Wahl hätten …
Weißwurst oder Blaue Zipfel:
weder noch, lieber nur die Brezel oder das Brot dazu
Münchner Bier oder Frankenwein:
Frankenwein
FC Bayern oder „Der Glubb“:
weder noch, lieber STG Kürnach
Karl Valentin oder Erwin Pelzig: Erwin Pelzig natürlich!
Neuschwanstein oder Residenz: unsere Residenz mit Hofgarten