Die Post von der Zentralen Ausländerbehörde schlug ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Abdulhai Atai, afghanischer Mitarbeiter der Firma Stahl- und Metallbau Metz auf dem Heuchelhof, soll abgeschoben werden.
Seine Chefs und seine Kollegen wollen das nicht hinnehmen. In einer gemeinsamen Petition an den bayerischen Landtag bitten sie, ihnen Atai zu lassen.
Thomas Baunach, ein Prokurist bei Metz, strahlt freundlichen Langmut und Nachsicht aus. Herrmann Schmitt, der Geschäftsführer, tut das nicht. Er wirkt, als käme er sehr schnell und sehr bestimmt zur Sache. So unterschiedlich die beiden Männer sind, so vehement plädieren sie für Atai. Sie berichten von Taliban-Attacken, die er erlitten habe, dass er misshandelt und verwundet worden sei. Atai sei zunächst in den Iran geflohen, dann mit Hilfe von Schleppern übers Mittelmeer gefahren und zu Fuß durch Südeuropa gewandert.
Es geht nicht nur um den Flüchtling. Es geht auch um den Betrieb
Atai sagt, er solle abgeschoben werden, weil ihm ein Richter seine Geschichte nicht glaubt. Die Flüchtlingshelferin Brigitte Skudlik, die ihn betreut, meint, er habe vor Gericht nicht dramatisiert, das sei ihm zum Verhängnis geworden.
Schmitt und Baunach fühlen nicht nur mit dem Flüchtling. Ihnen geht es auch um ihren Betrieb.
Atai, in Deutschland seit fast vier Jahren, wohnhaft in der Sammelunterkunft in Aub, hat bei Metz ein Praktikum absolviert. Danach fragte er, 28 Jahr alt, ob er eine Ausbildung zum Metallbauer machen könne. Schmitt und Baunach erzählen, sie seien „sehr beeindruckt“ gewesen von ihm. Sie willigten ein, Bedenken zum Trotz, sein Deutsch könnte nicht reichen.
Sie beschreiben Atai als „sehr, sehr zuverlässig“ und pünktlich, als einen, der zupackt und sich Mühe gibt. Bei überbetrieblichen Lehrgängen sei er einer der besten gewesen, geschickt und mit schnellem Verstand, wenn es ums Handwerkliche ging. Und hochmotiviert sei er. Drei Stunden sei er jeden Tag unterwegs von Aub zur Arbeit und zurück.
Atais Problem in der Berufsschule war die Sprache, in Mathematik und Chemie kam er auf Deutsch nicht mit. Das Lernen fiel ihm schwer nach dem langen Arbeitstag, mit zwei Zimmergenossen und in einer Sammelunterkunft, in der nie Stille herrscht. Atai bat die Regierung von Unterfranken, nach Würzburg ziehen zu dürfen; vergeblich. Der Betrieb gab ihm freie Tage, damit er lernen kann. Im Frühjahr kapitulierte Atai. Er brach die Lehre ab.
Atai schafft die Ausbildung nicht, aber der Betrieb setzt weiter auf ihn
Aber das Unternehmen gab ihn nicht auf. Baunach sagt: „Wir schätzen seine Art und seine Arbeitsweise“. Atai habe sich „sehr gut integriert“ und sprachlich entwickelt. Die Stahlbauer boten ihm einen Job als Hilfsarbeiter an, Atai nahm an. Der Betrieb bereitete ihn auf eine Prüfung als Schweißer vor, hatte ihn schon angemeldet, „dann kam das mit dem Asylverfahren ins Laufen“.
Die Metz-Leute schreiben in ihrer Petition an den Landtag, sie verstünden nicht die Entscheidung, Atai abzuschieben. Zu berücksichtigen sei doch, dass eine Firma in einen Mitarbeiter wie ihn „viel Zeit und Geld investieren muss“, bis er mit den betrieblichen Abläufen vertraut und im Team einsetzbar ist.
Einerseits fordere die Politik die Betriebe auf, Flüchtlinge einzustellen und zu integrieren. Und jetzt, wo Atai mit viel Unterstützung endlich soweit sei, mache der Staat „genau dieses wieder zunichte“. Und das, obwohl Atai seinen Lebensunterhalt selbst verdiene und Steuern zahle.
Für Metz ist auch der Facharbeitermangel ein Thema. Das Unternehmen will jedes Jahr zwei bis drei Auszubildende einstellen, habe aber massive Probleme, die Stellen zu besetzen. Umso schmerzlicher sei, „einen Mitarbeiter, den man zwei Jahre aufgebaut hat, wieder gehen lassen zu müssen“.
Sie mögen nicht nachdenken über das, was Atai widerfahren könnte
Atais Kollegen fürchten um seine Sicherheit, sollte er abgeschoben werden. Sie halten die Lage in Afghanistan, nach fast täglichen Anschlägen und die Übernahme von Kundus durch die Taliban, „für alles andere als beruhigend“. Sie mögen „gar nicht darüber nachdenken“, schreiben sie, „was geschieht, wenn das Netzwerk der Taliban ihn als Rückkehrer ausmacht und dann erneut ins ,Visier‘ nimmt“.
Seit dem 29. September darf Atai nicht mehr arbeiten. Die Regierung hat ihm eine Grenzübertrittsbescheinigung für den 15. Oktober geschickt.
Freiwillig wird er nicht gehen. Wann er abgeschoben wird, ist ungewiss; Atai weigert sich, den zur Einreise nötigen afghanischen Pass zu beantragen.
Am vergangenen Freitag haben seine Chefs und seine Kollegen die Petition abgeschickt. Jetzt hoffen sie, dass die bayerischen Landtagsabgeordneten helfen.
Da kommen einen viele Mitgefühle und Mitleid auf! Aber wie soll man sowas regeln? Also ich weiß es nicht darum kann ich ihn nur mein Mitgefühl geben, dass es für ihn klappt und er bleiben kann!
Für mich schon eine Zumutung, dass er in Aub wohnen muss, wo es doch hier auch Unterkünfte gibt, wo er nicht soweit auf die Arbeit hätte!
Irgendwie alles unverständlich!
Die Bürokratie hat aber kein Einwanderungsgesetz als Grundlage, also gilt das alte "Ausländer raus" aus eutschnationaler Zeit und Gesetzgebung als Maxime. Unsere Politiker fürchten das neue "Ausländer raus" alter und neuer Populisten und tun einfach nichts. Das ist doch idiotisches Verhalten, oder?
Und ein großes Lob an die Mitarbeiter und Geschäftsführung.