Es war in der Tat bewegend: Als sich die 84-jährige Ärztin Dr. Ruth Pfau ins Goldene Buch der Stadt eintrug, war es im großen Sitzungssaal ehrfürchtig still. Die Ordensfrau schrieb selbstbewusst in der Ruhe eines gereiften Lebens gefühlte fünf Minuten ihren kurzen Text in dieses große Buch der Stadt, wo sich nur wirklich wichtige Persönlichkeiten eintragen dürfen. Ohne eine Bewertung vorzunehmen, Ruth Pfau ist sicher eine der namhaftesten mit weltweiter Anerkennung. Die Liste ihrer Auszeichnungen national und international ist herausragend. Was dazu ein Novum ist: Alle drei Bürgermeister OB Christian Schuchardt, Bürgermeister Adolf Bauer und Marion Schäfer waren präsent.
Ihre Lebensgeschichte, die in vielen Büchern veröffentlicht ist, brachte sie im „Goldenen Buch“ in gestochener Schrift in wenigen Zeilen zu Papier: „Wir hatten in Pakistan die Möglichkeit Lepra unter Kontrolle zu bringen. Wir, ein Team von Christen, Muslimen, Hindus, um dabei zu erfahren, dass wir alle Brüder und Schwestern sind. Ohne Unterstützung der Menschen in Deutschland wäre es unmöglich gewesen. Und unser Dank gilt besonders dem DAHW Würzburg“.
Das war schon zuvor für Bürgermeister Adolf Bauer der Faden für seine Festrede: Der große humanitäre Ansatz und die DAHW (Deutsche Lepra und Tuberkulosenhilfe), die in Würzburg gegründet wurde und heute noch ihren Sitz in der Stadt hat, und die Aktivitäten von Dr. Ruth Pfau in Pakistan von Anfang an finanziell unterstützt hat. In 50 Jahren sind es nun fast 40 Millionen Euro.
Bauer, der Ruth Pfau als „Kämpferin für die Menschlichkeit und der außergewöhnlichen humanitären Hilfe“ bezeichnete, beschrieb das Lebenswerk von Pfau mit dem beeindruckenden Lebenslauf. Die ursprüngliche Atheistin aus Leipzig studierte im Westen Medizin und spezialisierte sich als Frauenärztin. Noch während des Studiums fand sie zum Christentum und zur Kongregation der „Gesellschaft der Töchter vom Herzen Maria“. Kein typischer Klosterorden. Von dem wurde sie 1960 nach Indien geschickt, wo sie als Frauenärztin arbeiten sollte. Wegen eines Visum-Problems blieb sie in Pakistan in Karachi hängen, erlebte das Elend leprakranker Menschen und fand ihre Lebensaufgabe.
Pakistan ist seit 54 Jahren Pfaus Lebensmittelpunkt. Dort hat sie aus primitivsten Umständen und gegen den Staat, der das Lepra-Problem zunächst leugnete, eine Lepra-Hilfe aufgebaut, die Vorbild wurde. Die Arbeit wurde letztlich auch vom Staat anerkannt, der sie zur nationalen Beraterin im Rang einer Staatssekretärin für das Lepra- und Tuberkulose-Kontroll-Programm für die pakistanische Regierung machte. Heute ist sie Ehrenbürgerin Pakistans und weiter Beraterin der Regierung.
Bauer betonte, die große Wertschätzung für Ruth Pfau sei umso bemerkenswerter, als sie einer Frau und christlichen Ordensschwester in einem islamisch geprägtem Land zuteil wurde. Er lobte ihren Einsatz für Menschenrechte, Völkerverständigung und die Achtung aller Religionen. Damit sei sie zur Brückenbauerin und Einheitsstifterin geworden. Sie habe nicht nur gegen Krankheiten gekämpft, sondern auch für soziale Veränderungen. Auch hat sie sich bisher nicht zur Ruhe gesetzt.
Am Samstag direkter Kontakt mit Ruth Pfau
An diesem Samstag, 17. Mai, findet um 15.30 Uhr eine öffentliche Veranstaltung mit Dr. Ruth Pfau in der Neubaukirche statt. Pfau wird bei der Gelegenheit über die Arbeit der letzten Jahren und über ihr Lebenswerk berichten. Es soll eine Möglichkeit der Begegnung mit Dr. Ruth Pfau sein. Eine Frage-Antwort-Runde mit Moderator Prof. Dr. Martin Gertler ist geplant. Eine Präsentation von DAHW-Mitarbeiter Ernst Hisch über die von Ruth Pfau gegründete Partnerorganisation MALC des DAHW in Pakistan in einem Bildvortrag schließt sich an. Dabei geht es auch um die Flutaufbauhilfe. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, mit Dr. Pfau zu sprechen.
Vorgestellt wird auch das neue Buch von Dr. Pfau „Das Leben ist anders“.