Intensiv und konträr diskutierten Vertreter der Initiative „Pro Kürnach“ und andere am Ende der Bürgerversammlung vor rund 300 Zuhörern über eine Stunde lang über die Baulandentwicklung. Der Gemeinderat hatte Ende Oktober beschlossen, am Ortsrand hinter dem Lärmschutzwall entlang der Straße Richtung Prosselsheim im nächsten Jahr die Aufstellung des Bebauungsplanes Schleifweg III anzustreben.
Von den in der Höllberghalle Anwesenden teilten, dem Beifall nach zu urteilen, die Wenigsten die Meinung der Bürgerinitiative. Erhard Reiniger und Ulrich Krammel (Bund Naturschutz) sprachen sich als Sprecher von Pro Kürnach kritisch gegen die Ausweisung von neuen Baugebieten aus.
Insbesondere Krammel machte sich stark für die Vergabe weitgehend an Kürnacher Bürger. Das fand nur wenig Rückhalt beim Publikum. Anders bei Bürgermeister Thomas Eberth (CSU), Otto Rüger (SPD) und weitere Redner, die viel Applaus bekamen für ihre Aussagen zur Notwendigkeit weiteren Baulandes und der strikten Ablehnung eines sogenannten Einheimischenmodells.
Zustimmung fanden Reiniger und Matthias Boll kritische Worten zum Flächenverbrauch. „Man sollte über jeden Quadratmeter, den man zu betoniert, nachdenken“, so Boll. Noch sei alles gut, versicherte Reiniger, er befürchte allerdings, man könne künftig den Blick für das Machbare verlieren. Schließlich müsse auch die örtliche Infrastruktur entsprechend mitwachsen. „Es muss ein Obergrenze für Kürnach geben“, folgerte er.
Wer ist Kürnacher?
Simone Dörflein fand die Argumente beider Seiten nachvollziehbar. Unter großem Beifall legte sie den Vertretern der Bürgerinitiative nahe, sich demnächst zur Wahl stellen. Schließlich seien die Mitglieder des Gemeinderates von den Bürgern demokratisch gewählt. „Wenn man sich gerne in die Ortspolitik einbringen und mitreden möchte, dann soll man auch die Konsequenzen tragen“, stellte sie fest.
Eberth, seine Stellvertreterin Sieglinde Bayerl (CSU) und Rüger verwehrten sich gegen den Vorwurf, die Folgen der politischen Entscheidungen zu wenig zu bedenken. Im Gemeinderat, so die Bürgermeisterin, debattiere man vor Beschlüssen ausführlich über Vor- und Nachteile. „Wir alle haben uns für sechs Jahre verpflichtet und arbeiten verantwortungsvoll für die Bürger.“
Hinsichtlich der Vergabe kommunaler Bauplätze erläuterte Eberth, gäbe es nur drei Wege: Versteigerung, Losverfahren und das Einheimischen-Modell. Dieses bedinge, neben der Offenlegung des Vermögens potenzieller Bewerber, auch die Bevorzugung von Bauwerbern mit höherer Kinderzahl. Er halte es daher für diskriminierend. „Das junge Paar, das später drei Kinder bekommt, hat keine Chance gegenüber der Familie mit zwei bald erwachsenen Kindern.“ Ebenso wie das Akademiker-Ehepaar, das sich mit seinen Kindern ansiedeln wolle.
Niemals, fuhr der Bürgermeister von lautstarkem Beifall belohnt fort, werde er sich darauf einlassen, zu definieren, wer Kürnacher sei und wer nicht. Im Übrigen halte er sich an die alte Regel, das Fell des Bären erst zu verteilen, wenn dieser erlegt sei. „Bevor wir einen rechtsgültigen Bebauungsplan haben, reden wir nicht über die Vergabepraxis.“
2019 könnte gebaut werden
Den angestrebten Zeitrahmen skizzierte er folgendermaßen: Mitte 2018 solle das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen sein, Ende 2018 ausgeschrieben werden, 2019 die bauliche Umsetzung beginnen.
Rüger betonte, erst die ständige Entwicklung habe Kürnach zu dem gemacht, was es heute sei. „Als ich Ende der 90er Jahre hierher zog, sagten alle: Was willst du denn in dem Kaff? Die gleichen Leute beneiden mich heute darum.“ Matthias Demel fügte hinzu, dass mit der von Pro Kürnach geforderten Politik seine Mutter, die Kürnacher Ehrenbürgerin Christine Demel nicht am Ort wäre. „Wir machen doch nicht 100 Hektar platt, sondern entwickeln behutsam ein kleines Baugebiet“, gab er zu bedenken.
Günter Heinrich sprach für all die, deren erwachsene Kinder ebenfalls seit Jahren verzweifelt einen Bauplatz suchen. Ein Zugezogener vom „Schwarzen Brunn“ fügte hinzu: „Glauben Sie, wir können das Angebot, etwa an Gaststätten, hier halten, wenn wir kein junges Blut herein lassen?“
Als das Ganze zum Schluss beinahe eskalierte, weil sich der Kürnacher Wohltäter Willi Stahl und Ulrich Krammel ums Mikrofon rangelten, beendete die zweite Bürgermeisterin Sieglinde Bayerl als Moderatorin die Sitzung und Eberth sicherte zu, sich im Gemeinderat noch einmal ausführlich mit den vorgetragenen Einwendungen zu befassen.