Jeder Mensch, der hören kann, lebt in einer Welt, die angefüllt ist mit Hunderten von Klängen und Geräuschen. Da sind Vögel zu hören und Motoren, Menschen sprechen, Geschirr klappert, Musik erklingt. Die Welt, sagen viele, wird immer lauter. Ob das wirklich stimmt? Mit dieser Frage beschäftigen sich derzeit 13 Matthias-Grünewald-Gymnasiasten, die am diesjährigen „Klang.Forscher!“-Projekt unter dem Titel „Listen to the Future – Der Sound unserer Welt von morgen!“ teilnehmen.
Matthias-Grünewald-Gymnasium bundesweit ausgewählt
Das „Klang.Forscher!“-Projekt kombiniert Methoden des forschenden Lernens mit medialem Handwerk: Die teilnehmenden Schüler erarbeiten sich selbstständig ein Thema und lernen gleichzeitig, es in Form eines Hörstücks technisch umzusetzen. Viele Schulen aus ganz Deutschland bewarben sich mit Umsetzungsideen zum Leitthema. Zehn Schülergruppen, darunter die Achtklässler vom Matthias-Grünewald-Gymnasium, wurden als Teilnehmer ausgewählt.
Die Idee der Würzburger zeichnet sich durch große Originalität aus. „Wir befassen uns bewusst mit ,Stille?, weil das in Bezug auf das Titelthema eher ungewöhnlich ist“, erklärt Achtklässlerin Joy Schwab.
Stimmt. Unter der Überschrift „Listen to the Future“ könnte man an futuristische Verkehrsgeräusche denken, an Sportarten, die in 50 Jahren vielleicht ganz anders klingen als heute, oder auch an avantgardistische Musikklänge. Doch womöglich ist gerade „Stille“ ein Thema, das in Zukunft eine noch viel größere Bedeutung gewinnt als heute. Wobei schon jetzt eine hohe Nachfrage nach „Stilleangeboten“ besteht, weiß Joy, deren Mutter im Benediktushof arbeitet.
Erfahrungen aus dem Meditationszentrum Holzkirchen
Als die Achtklässlerin davon erzählte, war allen im Team klar: Das Meditationszentrum in Holzkirchen muss unbedingt in das Hörstück einbezogen werden. Alexander Poraj vom spirituellen Leitungsteam des Zentrums war auch sofort bereit, sich befragen zu lassen. Das Gespräch mit ihm stellte sich als höchst interessant heraus. Denn Poraj verbindet ganz eigene Vorstellungen mit den Aspekten „Lärm“ und „Stille“.
„Er meint, dass gar nicht der Lärm außerhalb das Problem ist“, schildert Katharina Polyakova. Poraj zufolge ist es kaum irgendwo so laut wie im eigenen Kopf. Wie können die Gedanken lärmen! Eben deshalb fliehen so viele Menschen in die Stille. Sie lenken sich durch Musik und laute „Action“ ab, um nicht mit all dem konfrontiert zu werden, was in ihrem Kopf herumspukt. Wobei es immer mehr Menschen gibt, die gerade auch im Kopf zur Ruhe kommen möchten. Deshalb begeben sie sich in Stillezentren, wie der Benediktushof eines ist.
Bevor die Schüler Alexander Poraj, Gäste des Benediktushofs und Passanten zum Thema „Stille“ befragten, musste einiges an journalistischer Theorie gelernt werden. Wie führt man ein Interview? Welche Fragen sind sinnvoll? Wie animiert man Interviewpartner, etwas vor dem Mikro zu äußern?
BR-Journalist Frank Müller zu Besuch
„Es ist wichtig, offene Fragen zu stellen“, hat Vivienne Eller erfahren. Auch die geschickte Anordnung der Interviews innerhalb eines Hörstücks ist wichtig: „Die spannendste Aussage sollte zum Schluss, die zweitspannendste am Anfang kommen.“
All dies lernen die Schüler seit Montag von Journalist Frank Müller vom Bayerischen Rundfunk (BR). „Die Schüler lernen in dieser Woche, was wir Studierenden in einem Monat während einer Hospitanz beibringen“, erläutert er. Etwa, welche Formen es gibt. Stilistisch ist es zum Beispiel ein großer Unterschied, ob eine Information als Nachricht aufbereitet oder in einer Reportage verpackt wird.
In drei Vier-Minuten-Stücken werden die Schüler über Erfahrungen von Menschen mit Stille, über Klangprojekte und wissenschaftliche Forschungen zur Geräuschreduktion berichten. Bei der Umsetzung ihrer Ideen durften sie das Tonstudio des BR benutzen. Von dort aus interviewten sie über eine Standleitung nach München einen Geräuschdesigner. In Stuttgart besuchten sie das Fraunhofer-Institut, wo aktuell dazu geforscht wird, mit welchen neuen Materialien Geräusche in Wohnungen reduziert werden können.
Klang.Forscher!
Das Bildungsprojekt wird von der „Stiftung Jugend – Bildung – Kultur“ der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), der Stiftung Zuhören und dem Essener Filmproduktionsbüro chun+derksen getragen. Für den Wettbewerb konnten sich Schulklassen der 7. bis 10. Jahrgangsstufe aller Schularten bewerben.
Journalist Frank Müller vom Bayerischen Rundfunk (BR) unterstützt die Schüler als Mediencoach. Sie lernen dabei das ABC des Journalismus kennen. Eine Fachjury wird aus den eingereichten Beiträgen den Gewinner des Deutschen „Klang.Forscher!“-Preises auswählen. Verliehen wird der Preis am 21. Juni in Frankfurt.