zurück
Winterhausen
Junge Frau auf ganz eigenem Lebensweg
Mit prägnanter, sparsamen Gesten und treffender Mimik führt die am Bistrotisch stehende Theaterleiterin Brigitte Obermeier ihre Zuhörer in die Welt der Keun’schen Hauptfigur.
Foto: Mascha Obermeier | Mit prägnanter, sparsamen Gesten und treffender Mimik führt die am Bistrotisch stehende Theaterleiterin Brigitte Obermeier ihre Zuhörer in die Welt der Keun’schen Hauptfigur.
Sabine Dähn-Siegel
Sabine Dähn-Siegel
 |  aktualisiert: 15.10.2024 16:24 Uhr

Mit ihrem 1931 erschienenem Debüt "Gilgi – eine von uns" landete Irmgard Keun seinerzeit einen Riesenerfolg, der die erst 26-Jährige über Nacht berühmt machte. Ihr Roman gilt als kluges Porträt der beginnenden 1930er Jahre, als eigenwillige Stimme der Emanzipation. Das Buch wurde – ebenso wie ihre weiteren, unter anderem "Das kunstseidene Mädchen" – von den Nazis verboten. Keuns Werke verschwanden für lange Jahre in der Versenkung.

In der Bearbeitung von Sibylle Baschung hat Brigitte Obermeier "Gilgi" als szenische Lesung erneut in das aktuelle Programm des Theater Sommerhaus aufgenommen. Mit prägnanter, nuancierter Stimme, sparsamen Gesten und treffender Mimik führt die am Bistrotisch stehende Theaterleiterin ihre Zuhörer in die Welt der Keun’schen Hauptfigur. Eine Welt voll gesellschaftlicher Repression, ökonomischer und emotionaler Abhängigkeit, in der die Protagonistin ihr Leben selbst gestalten will, ihren eigenen Weg geht.

Zeitlos-aktuell Thematik

Die Thematik ist zeitlos-aktuell, erklärt freilich nicht allein den Reiz der Geschichte beziehungsweise der von schnellen Szenenwechseln geprägten Lesung. Kaum beeinträchtigt durch die technische Panne - nach der Pause war sie behoben und dann trennten kurze musikalische Einspielungen die Passagen – vermittelt die eineinhalbstündige Vorstellung ein plastisches Bild dieser jungen Frau und ihrer Welt.

Gilgi – die Koseform von Gisela – wächst im kleinbürgerlichem Milieu im Köln der 20er Jahre auf, dem sie genauso entfliehen will wie der Bevormundung ihrer Eltern. Sie ist auf gutem Weg ihre Pläne umzusetzen, da verliebt sie sich in Martin, einen mittellosen Schriftsteller, der in der großbürgerlichen Wohnung eines Freundes in den Tag hinein lebt. Zu diesem Bohemien zieht sie, bezahlt heimlich seine Schulden. Kurze Zeit genießt die gerade 21-Jährige den Rausch des Neuen, der ersten Liebe, verliert ursprüngliche Ziele fast aus den Augen. Doch ungewollte Schwangerschaft, Verlust ihrer Anstellung als Sekretärin – eine Folge der zurückgewiesenen sexuellen Avancen ihres Chefs -, die allgemeine politische und wirtschaftliche Lage in Deutschland, der ein früherer Freund samt Familie trotz ihres Hilfsversuchs zum Opfer fällt, lassen sie ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen …

Keuns bewusster Verzicht auf Selbstmitleid, Klagen, Weinerlichkeit, ihre lebensnahen Ausdrucksformen, die knappe, temporeiche Sprache, Humor und Lebensgefühl, die hier zum Ausdruck kommen, machen die szenische Lesung zum vergnüglichen Kopfkino.

Nächste "Gilgi"-Lesungen am So., 20. Oktober, 19 Uhr, und So., 10. November, 15 Uhr. Karten unter Tel. (09333) 9049867 oder per Mail an: sommerhaus.info@googlemail.com

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Winterhausen
Sabine Dähn-Siegel
Brigitte Obermeier
Eltern
Emanzipation
Irmgard Keun
Mädchen
Schwangerschaft und Geburt
Theater Sommerhaus
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top