An Pfingstsamstag durften die in der Corona-Krise um ihre Existenzen kämpfenden bayerischen Jugendherbergen wieder öffnen - unter strengen Hygienevorschriften. So etwa dürfen Mehrbettzimmer nur von Gästen aus maximal zwei Haushalten belegt werden. Und jedes Zimmer muss Zugang zu einem eigenem WC und Bad haben.
In Unterfranken sind mehrere Häuser mit Teams in Kurzarbeit wieder in Betrieb und bieten nicht nur Familien eine günstige Urlaubsmöglichkeit. Gemeinsam ist allen: Ihnen fehlen die Gruppen wie Schulklassen oder Tagungsgäste. Die Leiter der Jugendherbergen in Würzburg, Schweinfurt, Bad Kissingen und Rieneck (Lkr. Main-Spessart) berichten, vor welchen Hürden sie stehen und welche Einbußen, Ängste und Hoffnungen sie haben.
Das sagt Jutta Summer, Chefin der Jugendherberge Würzburg mit 230 Betten:
"Wir sind in einer Stadt wie Würzburg noch ganz gut dran. Groß ist die Nachfrage bei Familien. Über Fronleichnam waren etwa 100 unserer Betten belegt, damit sind wir zufrieden. Derzeit können wir 54 der 100 Zimmer nutzten.
Beim Frühstück und Abendessen gibt es ein Bedien-Buffet: Die Gäste bekommen an der Ausgabe die Speisen gereicht, die sie möchten. Ich bin froh, dass wir verständnisvolle Gäste haben, die die Maskenpflicht außerhalb ihrer Zimmer einhalten.
Großes Thema bei uns ist die Desinfektion. Zimmerschlüssel, Türklinken, Handläufe - mehrmals am Tag müssen wir alles desinfizieren. Ich scherze schon: Wir haben keine Corona-, sondern Desinfektionslungen. Das Desinfektionsmittel hängt nicht nur überall in der Luft, sondern frisst sich durch Tropfen von den Handspendern auch in unseren historischen Steinboden.
Hoffnung machen mir trotz verhaltener Buchungsanfragen bis Herbst die sinkenden Infektionszahlen. Klar, im Moment betreiben wir Schadensbegrenzung, aber bis Ende des Jahres können wir uns über Wasser halten."
Das sagt Pit Kallmeyer, Leiter der Jugendherberge Burg Rieneck mit 137 Betten:
"Ich kritisiere die Politik, wie sie unsere Situation in der Öffentlichkeit darstellt. Zwar dürfen Jugendherbergen wieder aufmachen. Aber Gruppen dürfen nicht verreisen. Für uns ist das eine Katastrophe. Wir leben zu 95 Prozent von Gruppen und haben vor allem große Mehrbettzimmer mit Gemeinschaftsbädern. Dadurch können wir maximal 40 Prozent unserer Kapazität belegen.
Normalerweise heißt unsere Kalkulation: Viele bezahlen wenig. Jetzt aber bezahlen wenige wenig. Wir haben alle Buchungen unter der Woche fürs ganze restliche Jahr verloren. An Fronleichnam haben wir aufgemacht - für ein paar Gäste, die zum Teil sogar noch auf dem Zeltplatz übernachten.
Mit jedem Tag, den wir öffnen, vergrößert sich unser Defizit. Jeden Monat verlieren wir einen fünfstelligen Betrag. Denn bei drastisch sinkenden Einnahmen haben wir durch Desinfektion und höheren Reinigungsaufwand steigende Ausgaben. Wir öffnen trotzdem, weil es sonst Schwierigkeiten mit der Kurzarbeit geben könnte.
Viele organisierte Jugendherbergen, Schullandheime und Bildungsstätten in Bayern erhalten staatliche Unterstützung. Wir haben alles aus eigener Kraft erwirtschaftet und werden komplett alleine gelassen. Wenn wir nicht auch bald Hilfe bekommen, mit der wir uns nicht verschulden, ist nach 60 Jahren Burgbetrieb unsere Zukunft zerstört."
Das sagt Steffen Hörtler, Geschäftsführer der Jugendherberge und Bildungsstätte "Heiligenhof" Bad Kissingen mit 224 Betten:
"Unsere normale Auslastung zwischen März und Ende Oktober liegt bei 90 Prozent. Aber seit der Wiedereröffnung kleckert es nur so dahin. Über Pfingsten hatten wir an drei Tagen gerade mal 32 Übernachtungen, ein paar Familien und Radtouristen. Aktuell sind es sechs Gäste.
Auch für den Rest des Jahres verzeichnen wir noch mehr Stornierungen als Anfragen. Das betrifft vor allem den September, wo normalerweise Firmen am Beginn des Ausbildungsjahres ihre Azubis zu Einführungsveranstaltungen schicken. Sie begründen die Stornierungen mit Umsatzeinbußen.
Die touristischen Gäste hält eher die Unsicherheit wegen Corona ab. Nicht alle haben auch Verständnis dafür, dass sie in der Urlaubsunterkunft Masken tragen müssen. Dabei werden sie bei uns beim Frühstück wie im Hotel bedient. Da jedes Zimmer über Dusche und WC verfügt, haben wir keine Probleme, die Hygienevorschriften einzuhalten.
Trotz allem möchte ich nicht klagen. Ich bin glücklich, in Bayern zu leben, denn der Freistaat unterstützt uns. Das Geld war eine Woche nach meinem Antrag auf dem Konto. Damit kommen wir zumindest gut über den Sommer."
Das sagt Mario Dück, Chef der Jugendherberge Schweinfurt mit 96 Betten:
"Schweinfurt ist nicht so ein touristischer Hotpsot wie Würzburg. Zwar könnten wir jedes unserer 28 Zimmer mit Dusche und WC nutzen, aber im ganzen Juni haben wir nur 460 gebuchte Übernachtungen - normal sind 2000. Auch im Juli und August gehen wir von einer Auslastung von 25 Prozent aus.
Eine ungute Entwicklung ist auch, dass wir mehr Müll produzieren. Wir haben immer sehr auf Nachhaltigkeit und Bio-Produkte beim Essen geachtet, jetzt müssen wir aus Hygienegründen viel auf Einwegverpackungen zurückgreifen.
Wir hoffen, dass wir im Herbst von weiteren Lockerungen profitieren - fürchten aber, dass Gruppen wie Klassen, Vereine, Chöre, Azubis, die unser Hauptgeschäft ausmachen, ihre Stornierungen dieses Jahr dann trotzdem nicht mehr zurücknehmen."