Wenn einer in Würzburg Kulturschaffender ist und bei der Stadt einen Ansprechpartner sucht – an wen muss er sich wenden? In den vergangenen zwölf Jahren war die Antwort leicht: an Johannes Engels, den Kulturmanager im Würzburger Rathaus. Der 65-jährige ausgebildete Musiker und Musiklehrer kümmerte sich seit 2003 um die Kulturbelange der Stadt und leitete den Fachbereichs Kultur im Kultur-, Schul- und Sportreferat. Jetzt ist Schluss. Johannes Engels geht in Rente, am 1. November ist Sybille Linke neue Kulturamtsleiterin. Und was macht Engels? Ein Blick zurück, ein Blick voraus mit einem, der sich Gegenwartsmensch nennt.
Johannes Engels: Mit Wehmut noch nicht, denn ich bin ja noch mittendrin in der Arbeit. Ich kenne solche Abschiede nicht und habe auch nicht das Gefühl aufzuhören, auch wenn ich jetzt kein Funktionsträger mehr bin. Außerdem bleibe ich ja als Dozent an der Musikhochschule und wurde gerade zum neuen Vorstand der Musikalischen Akademie gewählt. Ich werde mich auch im Theater bewegen und die ein oder andere Moderation übernehmen. Ob mich das dann ausfüllt, werde ich erst wissen, wenn ich es sehe. Ich bin ein Gegenwartsmensch.
Engels: Die verändert sich ja eigentlich von alleine. Aber ich habe schon festgestellt, dass das Kulturamt in Öffentlichkeit und Medien viel intensiver wahrgenommen worden ist. Das lag auch daran, dass ein sehr kraftvoller Kulturreferent Dinge aus dem Boden stampfen musste und damit Akzente gesetzt hat. Und natürlich haben (Groß-)Veranstaltungen wie Hafensommer und Straßenmusikfestival dazu beigetragen, dass ein Fachbereich Kultur sich von einer Verwaltungsbehörde zu einem Veranstaltungsmanagement entwickelt hat und damit in der Öffentlichkeit viel präsenter wahrgenommen wurde.
Engels: Ich konnte feststellen, dass viele Kulturschaffende überrascht und dankbar waren, dass ich von Beginn an sehr viel Präsenz gezeigt habe – nicht nur während meiner Dienstzeit. Die Türen des Kulturamtes standen immer offen, und ich war immer für alle zu sprechen, auch wenn ich nicht immer helfen konnte. Dieses Angebot ist wirklich stark in Anspruch genommen worden.
Engels: Ich habe das alles nie als Arbeit empfunden, sondern als Auftrag und ein Amt, das ich lebe. Das habe ich auch versucht den Künstlern vorzuleben. Ich wollte Kultur nie verwalten, sondern begeistert mitgestalten. Was mich besonders gefreut hat, war, wie sich das Angebot in der Jugendkultur verbreitert hat. Diese Öffnung war etwas neues und hat mir großen Spaß gemacht.
Engels: Es gab viele schönste Erlebnisse. Vor allem das Vertrauen, das mir viele Leute geschenkt haben, gehört für mich zu den schönsten Erlebnissen der letzten zwölf Jahre. Viele Leute sind gekommen, um sich bei mir Rat zu holen. Ratschläge wollte ich aber nicht geben. Denn wie mal ein junger Kollege gesagt hat: „Ratschläge sind auch Schläge“. Ganz besonders gefreut hat mich die Moderation eines Wunschkonzertes des Philharmonischen Orchesters. Das fand genau an meinem 65. Geburtstag statt, was der dirigierende Generalmusikdirektor allerdings gar nicht wusste.
Engels: Schade fand ich, dass es in den zwölf Jahren nur dreimal gelungen ist eine lange Nacht der Museen zu veranstalten. In anderen Städten boomt das Konzept, hier konnte es sich leider nicht durchsetzen. Die beteiligten Museen haben eben ganz unterschiedliche Interessen und machen meist eigene Veranstaltungen. Sie waren nicht unter einen Hut zu bringen. Leider gab es für die lange Nacht auch keinen eigenen Etat. Super laufen dagegen die Tage des offenen Ateliers, da machen alle mit.
Engels: Unterm Strich ja. Der Hafensommer ist zu einer echten Kulturmarke geworden. Die Junge Philharmonie war längst fällig. Und es war sehr hellsichtig von der Stadt, das Stramu, ein Festival mit 140 ehrenamtlichen Helfern, zu übernehmen. Neben den etablierten Angeboten gehören solche Veranstaltungen zur Kulturlandschaft einer Stadt wie Würzburg. Das ist aber noch nicht alles. Viele neue junge Akteure haben den Kontakt zu uns gesucht. Ich nennen hier nur den Verein KÖR (Kunst im öffentlichen Raum). Da ist viel Zutrauen entstanden.
Engels: Wenn damit eine Verjüngung des Publikums gemeint ist, das passiert von ganz alleine. Das U&D hat sich unter dem Einspardruck positiv verändert. Es ist aktueller geworden, aber auch die Qualität ist gestiegen. Das Ringpark-Festival ist ein Format, das von alleine läuft. Oder das Africa Festival: Das ist jedes Jahr anders und trotzdem immer gleich. Der Wandel der Generationen bringt es mit sich, dass sich die Dinge von alleine ändern. Wir müssen nur hellwach sein und es mitkriegen.
Engels: Natürlich, ich könnte gar nicht ohne. Ich würde krank werden, wenn ich nicht mehr im Kulturbereich aktiv wäre. Das ist für mich eine ganz hohe Motivation. Kultur – das ist mein Leben. Ich habe Glück gehabt, das als Dozent, Musiker und Fachbereichsleiter auch umsetzen zu können. Als letzterer vor allem durch die Hilfe derer, die Dinge konnten, die ich nicht gelernt habe.
Engels: Als Lehrer hatte ich ja schon viele Gelegenheiten und Zeit dazu, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Ich war in vielen großen Städten und konnt Dinge erleben, die meine Arbeit befruchtet haben. Im Rathaus hatte ich eine andere Arbeitszeit. Aber ich hatte mich ganz bewusst dazu entschlossen, das Kulturleben vor ort erleben zu wollen. Vielleicht dehne ich künftig meinen Radius wieder aus. Das wird sich zeigen. Ganz sicher werde ich keine Weltreise machen, denn ich wollte noch nie ein Konsumtourist sein.
Engels: Alles in allem: Ich hätte mir nie träumen lassen, den Beruf des Fachbereichsleiters zwölf Jahre lang auszuüben. Das war eine ganz andere Welt, die mir entgangen wäre, wenn ich Musiker geblieben wäre. Darüber bin ich froh und allen, die daran mitbeteiligt waren, auch sehr dankbar.
Johannes Engels
Der 65-Jährige gehört zu den versiertesten Spezialisten der Flötenmusik des Barock. Engels wurde in Eschweiler geboren, wuchs in Düsseldorf auf und machte in Aachen sein Abitur. Von 1968 bis 1976 studierte er Block- und Querflöte an der Hochschule für Musik Rheinland in Köln. 1978 kam der Musiker als Dozent ans Würzburger Hermann-Zilcher-Konservatorium. Nach der Fusion mit der Musikhochschule im Jahr 2001 behielt Johannes Engels einen kleinen Lehrauftrag und wechselte dann ans Mainfranken Theater, wo er in Öffentlichkeitsarbeit und Marketing tätig war. Im September 2003 wurde Engels Interims-, ab Februar 2004 dann hauptamtlicher Kulturmanager der Stadt Würzburg und Fachbereichsleiter Kultur im Kultur- und Sportreferat.