„Heute wirst du die gesamte Bahn schaffen!“, ermutigt Rudi Riepel Jana aus der 3. Klasse und gibt dem Kind die Zeit, sich der Herausforderung zu stellen. Wobei ein Kind gezielt Unterstützung braucht, wie er Ängste nehmen und motivieren kann, weiß er ganz genau. Denn der pensionierte Sportlehrer bringt bereits seit 40 Jahren Kinder das Schwimmen bei. Gemeinsam mit der ebenfalls pensionierten Schwimmlehrerin Ingrid Wiesmann hat er im vergangenen Herbst zwei Intensiv-Kurse für Grundschulkinder der Eichendorff-Schule in Gerbrunn angeboten. Darüber informiert die Schule jetzt in einem Schreiben an die Presse, dem auch die folgenden Informationen entnommen sind.
Bayernweit verlassen mehr als ein Drittel aller Kinder die Grundschule als Nichtschwimmer – Tendenz steigend. Zwar gibt das Bayerischen Innenministeriums inzwischen Gutscheine von 50 Euro für einen Schwimmkurs zum Erwerb des „Seepferdchens“ aus, allerdings kann der Gutschein häufig nicht eingelöst werden. Denn für Schwimmkurse in örtlichen Schwimmbädern gibt es inzwischen lange Wartelisten. Die Verantwortung, Kindern möglichst früh das Schwimmen beizubringen, liegt daher immer mehr bei den Schulen. Allerdings haben in Bayern auch immer weniger Grundschulen Zugang zu einem Schwimmbad, das für den Unterricht genutzt werden kann.
Förderprogramm half nach der Corona-Pandemie
Nicht so in Gerbrunn. Die Gemeinde hat sich intensiv für den Erhalt des Ozonhallenbads in der Schule eingesetzt – mit Erfolg. Sportstätten und Schwimmbäder sind ein zentraler Bestandteil der kommunalen Infrastruktur – für den Vereinssport, den Schulsport und alle Bürgerinnen und Bürger. Bis zur Pandemie konnte fast jedes Kind an der Eichendorff-Schule in Gerbrunn bereits nach der zweiten Jahrgangsstufe schwimmen.
In den Jahren 2020 und 2021 konnte aufgrund der Corona-Pandemie über einen langen Zeitraum kein Schwimmunterricht angeboten werden. Vor allem die Schulanfängerinnen und Schulanfänger waren davon betroffen und haben nicht oder nicht richtig schwimmen gelernt. Dem wollte die Grundschule Gerbrunn entgegenwirken und richtete nach Wiederaufnahme des regulären Schwimmunterrichts zusätzliche Intensiv-Kurse ein.
Dabei half das Förderprogramm „gemeinsam.Brücken.bauen“. Es unterstützte seit dem Schuljahr 2021/2022 bayerische Schülerinnen und Schüler beim Abbau pandemiebedingter Defizite. Die durch das Programm geschaffenen, vielfältigen Fördermöglichkeiten wurden neben dem Bereich „Lernförderung“ in der Eichendorff-Schule auch für intensive Schwimmkurse genutzt.
Es fehlt an regulären Lehrkräften
In zwei insgesamt zwölfstündigen Förderkursen vermittelten Ingrid Wiesmann und Rudi Riepel den Kindern grundlegende Schwimmkenntnisse. Anders als im Unterricht konnten Kleingruppen gebildet werden, die dafür optimale Betreuungsmöglichkeiten boten. „Die Kinder waren hoch motiviert, man konnte jedes Kind dort abholen, wo es gerade steht, und unter stressfreien Bedingungen individuell fördern“, erklärt Ingrid Wiesmann. Das Ergebnis waren sehr gute Lernfortschritte, alle Kinder waren am Ende der Kurse schwimmsicher.
Davon profitierten auch die Lehrkräfte im regulären Schwimmunterricht. Laut Verordnung des Bayerischen Kultusministeriums müssen in einer Schwimmklasse jeweils eigene Gruppen für Schwimmer und Nichtschwimmer gebildet werden. Leider fehlt es an Lehrkräften, die die vielen Gruppen betreuen können. Wenn alle Kinder schwimmen können, stellt sich das Problem nicht.
Weitere Kurse, denn Schwimmen kann überlebenswichtig sein
Im Schuljahr 2023/24 wurde das Budget für „gemeinsam.Brücken.bauen“ soweit reduziert, dass Schwimmkurse aus diesem Etat nicht mehr finanziert werden konnten. Zum Glück gab es tatkräftige Unterstützung: Mithilfe des Fördervereins der Eichendorff-Schule konnten die Kurse neben dem regulären Schwimmunterricht weitergeführt werden, um möglichst viele Kinder schwimmsicher zu machen. Fast alle Teilnehmenden konnten am Ende der Kurse im Tiefen schwimmen und erwarben das Seepferdchen.
Für die zweite Jahreshälfte ist ein weiterer Schwimmkurs mit Schwimmmeister Andreas Gentner für Mittelschülerinnen und Mittelschüler der 5. Jahrgangsstufe geplant. Es kommen derzeit viele Kinder ohne ausreichende Schwimmfähigkeit nach der 4. Klasse aus den umliegenden Grundschulen an die Eichendorff-Schule nach Gerbrunn. Das will die Schule nicht hinnehmen, heißt es in der Mitteilung weiter. Denn eins dürfe man nicht vergessen: Schwimmen ist längst nicht nur Sportart oder Hobby - es kann in vielen Situationen überlebenswichtig sein.