Gerade ist Dieter Janecek (41) in Unterfranken unterwegs gewesen – mit dem Zug, dem Auto und dem Fahrrad. „Je nachdem, wie es sinnvoll ist. So sieht Mobilität in Zukunft aus“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag. Durch die jüngsten Skandale sieht er sein Streiten für Elektromobilität bestätigt. Die Grünen, so hofft der Realo aus München, würden von der Debatte profitieren.
Frage: Deutsche Autohersteller werden verdächtigt, gegen bestehendes Kartellrecht Absprachen getroffen zu haben – nicht zuletzt in Sachen Diesel-Abgasreinigung. Hat Sie die Nachricht überrascht?
Dieter Janecek: Nein, die hat mich nicht wirklich überrascht. Ich beobachte die Automobilindustrie seit vielen Jahren. Die Abgaswerte vor allem in den Städten sind schon lange so hoch, dass es da mehr als eine Vermutung gab. Allerdings ist es schon ein Schock, mit welch krimineller Energie da offensichtlich manipuliert wurde. Das muss Konsequenzen haben.
Was ist denn falsch gelaufen?
Janecek: Ich glaube, in der Industrie hat man sich einfach darauf verlassen, dass die Erfolgsgeschichte Automobilwirtschaft so weiter läuft. Es gab ja auch viele Erfolge, bei den Arbeitsplätzen, im Export. Aber die Zeitenwende ist längst gekommen. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir wegkommen von den fossilen Verbrennungsmotoren. Schon vor einem Jahr habe ich öffentlich ein konkretes Ausstiegsdatum gefordert. Viele haben es als Hirngespenst dargestellt. Doch nun machen es andere Länder wie China, Frankreich, Großbritannien und sogar Indien vor – und setzen Fristen. Wir können doch nicht der einzige Wirtschaftsraum auf der Welt bleiben, der 2030 noch Dieselautos verkaufen möchte. Der Automobilwirtschaft fehlt es aktuell an Innovationskraft, und die fehlt auch der Politik. Minister, egal ob von der Union oder der SPD, haben Verkehrspolitik immer als Lobbyisten der Automobilindustrie gedacht. Das ist ein Problem.
Was hat die Politik denn versäumt?
Janecek: Sie hat zu lange weggeschaut, die Kontrollen der Abgaswerte waren viel zu lax. Dass uns die Amerikaner erzählen müssen, wie unsere deutschen Autos betrügen, ist eine Schande für den Standort Deutschland. Dieses Versagen hat auch der Bundesverkehrsminister zu verantworten. Außerdem hat er sträflich versäumt, die Elektromobilität nach vorne zu bringen. Die Bundesregierung erreicht nicht einmal die eigenen Ziele wie die Zulassung von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020. Aber auch die Möglichkeiten des Radverkehrs werden völlig unterschätzt. Ich bin demnächst in Kopenhagen. Dort nutzen 60 Prozent der Einwohner Fahrrad und E-Bike als erstes Verkehrsmittel. Da sind wir in Deutschland weit von weg. Die Flächen, die wir für den Verkehr nutzen wollen, geben wir fast ausschließlich dem Auto.
Die Grünen fordern, ab 2030 keine Diesel- und Benzin-Fahrzeuge mehr zuzulassen. Ihr Parteifreund Winfried Kretschmann hält solche Verbote für falsch. Hat er Recht?
Janecek: Kretschmann hat geäußert, dass er die Festlegung auf ein Datum für falsch hält. Er kann sich aber auch vorstellen, dass es zwei Jahre vorher oder zwei Jahre später dazu kommt. Insofern ist er nicht weit weg von unserer Zielvorgabe. Ich glaube, er hat in diesem Fall nicht Recht. Weil er nicht einkalkuliert hat, wie schnell so eine Vorgabe helfen kann, Innovationen auf dem Weltmarkt voranzutreiben.
Woran liegt es, dass die E-Mobilität nicht in Gang kommt? Immerhin gibt es Zuschüsse für den Kauf von E-Autos.
Janecek: Ich glaube, dass das Kartell der fossilen Verbrenner bislang gezielt verhindert hat, solche Fahrzeuge in den deutschen Markt zu bringen. Das Geschäftsmodell des Verbrennungsmotors ist nach wie vor sehr lukrativ – für die Industrie. Auf dem deutschen Markt gibt es fast keine E-Autos zu kaufen. Unsere Hersteller haben so gut wie keine Fahrzeuge produziert. Deswegen muss man momentan leider vorrangig französische oder andere Modelle kaufen, wenn man zum Beispiel im Kleinwagen-Segment ein Elektrofahrzeug fahren möchte. Was ich übrigens tue, seit einigen Wochen mit guten Erfahrungen.
Welches?
Janecek: Den Renault Zoe. Mit einer Reichweite von 300 Kilometern. Den Strom dafür produziere ich mit Photovoltaik auf dem Dach, zusätzlich kaufe ich erneuerbare Energien beim Stromanbieter. Ich fahre faktisch mit null Emissionen.
Die Politik begründet ihre Zurückhaltung bei Vorgaben gegenüber der Industrie immer mit dem Schutz von Arbeitsplätzen. Sehen Sie da keine Gefahr?
Janecek: Doch, es sind Arbeitsplätze in Gefahr, aber es werden auch viele neue entstehen. Emissionsfreie Mobilität wird die Industrie verändern. Deshalb schlagen wir Grüne eine Zukunftskommission aller relevanten Entscheider unter der Leitung von Ex-Umweltminister Klaus Töpfer vor. Wenn wir jetzt nicht handeln und umsteuern, dann werden perspektivisch alle Arbeitsplätze verloren gehen. Wenn wir sukzessive diesen Wandel gestalten, unter anderem mit der Zielvorgabe emissionsfrei, dann haben wir die Chance, am Ende, und das wäre mein Wunsch, erneut die führenden Fahrzeughersteller der Welt zu sein. Aber eben im Segment der emissionsfreien Mobilität. Das wäre das Ziel. Dafür würden wir Grüne uns in der Bundesregierung einsetzen.
Was machen Länder wie Norwegen, wo fast 40 Prozent aller neuen Pkw Elektroautos sind, besser?
Janecek: Wenn Sie dort ein E-Fahrzeug kaufen, finden Sie eine umfassende Ladeinfrastruktur vor, sie bekommen einen kostenlosen Parkplatz, sie erhalten steuerliche Vergünstigungen. Bei uns gibt es weder die Fahrzeuge noch die Privilegien, die man in der ersten Phase braucht.
Zurück in die deutsche, die bayerische Realität. Viele Innenstädte leiden unter hoher Feinstaub- und Stickoxid-Belastung. Sind sie für Fahrverbote?
Janecek: Ich bin kein Fan von Fahrverboten. Aber es ist schon bezeichnend, wenn Gerichte, wie jetzt in Stuttgart im Interesse der Gesundheit der Menschen so entscheiden müssen, schlicht weil die Politik über Jahrzehnte nicht gehandelt hat. Nur: Wenn wir die Verkehrswende in den Städten nicht endlich konsequent voranbringen, wird sich die Abgassituation auch weiterhin nicht nachhaltig verbessern. Das geht nur mit weniger Autos, mit deutlich mehr Bus und Bahn, und vor allem mehr Radverkehr.
Soll die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen gefördert werden?
Janecek: Nein, das soll die Industrie selber bezahlen. Wir brauchen mit Sicherheit keine Dieselbetrügerrettungsprämie finanziert aus Steuergeldern! Der Diesel ist nicht umweltfreundlich. Die Politik ist für die Verkehrswende zuständig, sie muss endlich umsteuern. Die Leute in den Städten sind längst weiter. Sie wollen ihre Flächen wieder zurückhaben, sie wollen sie nicht vorrangig dem Automobil überlassen. Der erfolgreiche Bürgerentscheid in Würzburg für eine Begrünung des Parkplatzes Kardinal-Faulhaber-Platz hat das eindrucksvoll gezeigt.
Und im ländlichen Raum?
Janecek: Im ländlichen Raum sind die Menschen noch für längere Zeit mehr auf das Auto angewiesen. Ich setze darauf, dass sie deutlich mehr Elektrofahrzeuge nutzen können. Auf der Basis von erneuerbaren Strom. Dazu muss man aber auch die erneuerbaren Energien wie die Windkraft ausbauen, und nicht bremsen, wie es die bayerische Staatsregierung tut. Außerdem kann man heute Fahrzeuge auch deutlich besser teilen als früher. Dank digitaler Plattformen und Smartphones sind heute sehr intelligente Car-Sharing-Modelle möglich, die auch auf dem Land funktionieren. Solche Modelle sollte man öffentlich deutlich stärker fördern.
Auch für bedarfsgerechte Bürgertaxis braucht es mehr Pilotprojekte. Der Ausbau des Radverkehrs bleibt oberste Priorität, mit dem E-Bike kann jedermann auch längere Strecken zurücklegen. Dazu bedarf es sicherer Radwege.
Wenn der Druck auf die Autoindustrie steigt, werden diese vermutlich stärker in Richtung Brennstoffzellen forschen und vielleicht auch bald das Problem der sicheren Speicherung von Wasserstoff lösen. Für Lokomotiven oder Schiffe ist ja bereits ein guter Lösungsansatz gefunden. Vermutlich wird man diese Technologie auch verkleinern können, wenn potentiell gute Geschäfte winken.
Die Grünen nicht. Alleine schon deshalb können Sie eine unabhängigere Politik machen. Eine Politik für den Bürger. Ich verfolge die
Grünen schon lange, aber die meisten ihrer Themen wurden später auch von den Konservativen übernommen. Warum also nicht gleich Grün wählen.
https://www.nature.com/articles/nature22086.epdf
Wenn sie nur ein klein wenig naturwissenschaftlich gebildet sind bzw. wären dann wissen /wüssten Sie daß Studien die in dieser Zeitschrift veröffentlicht werden allerhöchste Ansprüche erfüllen.
Sie bemängeln im übrigen weil dort steht daß die Forscher "von etwas ausgehen".
Naturwissenschaftler gehen immer von etwas aus.
Sie haben Theorien und das bleiben auch immer Theorien auch wenn diese durch Experimente oder Befunde noch so genau gestützt sind.
Beweise in dem Sinn gibt es nur in der Mathematik.
Merke: Physiker, Biologen, Mediziner etc. haben Theorien.
Typischerweise "beklagen" dies naturwissenschaftlich ungebildete (besonders auch häufig religiöse Fundamentalisten etc.) und meinen hier einen Schwachpunkt zu erkennen. Es sei ja NUR eine Theorie...
Hoffe Sie selbst gehören nicht zu dieser Gruppe.
und beklagen: "Die Forscher gehen davon aus"
Sie wollen "Beweise"...
Was genau ist bei Ihnen nun ein "Beweis"?
So etwas wie vor Gericht - oder im Mathematikunterricht?
Mein kurzer "Autoritätsbeweis" wäre:
Laut Wikipedia ist die Zeitschrift 'Nature' (in dieser erschien die zitierte Studie)
"Zudem ist sie (die Zeitschrift 'Nature') neben der US-amerikanischen Science die weltweit angesehenste Zeitschrift für Naturwissenschaften."
Ansonsten gibt es in den Naturwissenschaften schlicht keine Beweise sondern immer nur Theorien:
ein Lesetipp für Sie:
Was man beweisen kann und was nicht...
http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/09/11/was-man-beweisen-kann-und-was-nicht/
Wie haben die Forscher denn die Todesfälle auf Abgase zurückgeführt?
Tja - was soll man da antworten
Man beobachtet zieht Schlüsse aus Daten, macht Experimente mit Mäusen etc.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/74425/Wie-Feinstaub-Herz-und-Blutgefaesse-schaedigt
Daraus müsste ich schließen: die meisten Diesel-Fahrer sind dumm sie können nicht rechnen.
Erst zahlen sie einen höheren Anschaffungspreis. Dann höhere Versicherungsbeiträge und höhere KFZ-Steuern....
Könnte es nicht auch sein das nicht die vielen Diesel-Fahrer doof sind sondern Sie sich hier irren?
Ich denke die meisten Diesel Fahrer haben für sich gerechnet.
Wenn sie viel fahren dann wird die höhere KFZ-Steuer durch den Steuervorteil an der Tankstelle überkompensiert. Inklusive der zumeist höheren Versicherung.
Darum aber geht es hier doch gar nicht.
Es geht darum daß deutsche Autofirmen Jahre oder Jahrzehntelang millionenhaft betrogen haben. Es geht darum daß ein Dobrindt und seine Vorgänger zugeschaut haben. Es geht darum daß die Gesundheit vieler Menschen den Profitinteressen weniger untergeordnet wird.
Und das sind LEIDER keine Fake-News.
hätten Autobauer Abgasgrenzwerte für Dieselmotoren eingehalten.
11.400 der Toten in Ländern der EU.
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-05/abgase-dieselfahrzeuge-stickoxide-tote-studie
Der Staat fördert Dieselmotoren seit Helmut Kohl ganz besonders.
Allein durch den Steuervorteil an der Tankstelle wurden gab es laut FAZ
254 Milliarden Euro an Steuervorteilen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/seit-dem-jahr-1990-steuervorteil-von-254-milliarden-euro-an-der-diesel-tanksaeule-15030081.html
Der Versuch eine Industrie dadurch wettbwerbsfähig zu machen indem man auf alte Technik setzt und diese durch Subventionen
zu konservieren versucht ist bisher noch immer schief gegangen.
Die enge Verbindung zwischen Automobilindustrie (siehe Spendengelder, Vorstandsposten etc.) führte zu einer Amigowirtschaft die den Dieselskandal erst ermöglichte.
So schaufelt sich diese Industrie ihr eigenes Grab.
Ich bin nicht mit allem was die Grünen so machen einverstanden, aber insgesamt scheinen sie auch für enttäuschte CSU Wähler, gerade jetzt, wählbar. Wer sagt denn, dass es nicht zu Schwarz Grün kommt. Vor allem der CSU täte das gut. Vor allem In Fragen zukunftsfähiger Mobilität. Auch unter dem Gesichtspunkt zukünftige Arbeitsplätze.
Ein verkehrspolitisches Geisterfahrergespann mit Doro Bär auf dem Beifahrersitz brauchen wir jedenfalls nicht. Wie die CSU diese Frau an erster Stelle der Landesliste stellen kann ist mir nach wie vor schleierhaft. Ist die Qualtät des Nachwuchses so miserabel, das keine andere Wahl bleibt?
Nennen Sie mir doch mal die Politiker, die die grüne Politik glaubhafter umsetzen.
Mir fällt da, trotz intensiver Politikbeobachtung niemand ein.
Allerhöchsten kann noch Hr. Göppel aus Ansbach genannt werden. Aber der konnte in dieser Partei CSU wirklich nichts erreichen.
wäre von der schwarz-gelben Regioerung ausgesetzt worden und wir würden heute noch unseren Strom aus Grafenrheinfeld bekommen, hätte es "Fukushima" nicht gegeben (so ein Mist aber auch...).
Wahr ist, und das wird es bleiben: der Atomausstieg war von Rot-Grün fix und fertig mit den Versorgern ausgehandelt worden, und wir hätten jetzt möglicherweise weniger Stress (mit den Folgen des Hoppla-Hopp-Ausstiegs), hätte nicht eine Mehrheit zwischendurch schwarz-gelb und damit den Ausstieg vom Ausstieg gewählt. Die Quittung dafür kriegen jetzt wir alle - auch diejenigen, die damals "grün" gewählt haben und richtig lagen (wie Fukushima offensichtlich auch schwarz-gelb bewiesen hat).
Und ich werde weiter die Grünen wählen, weil das nämlich sonst nie was wird mit dem Umweltschutz in Deutschland. Mag ja sein, dass die Schwarzen das am Ende umsetzen - aber ohne grünen Antrieb liefe da garnix. Das wird wohl auch in der Mogel-Diesel-Krise wieder so sein. Wetten?