Bau oder nicht Bau: Zell entscheidet sich fürs Grün. Die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans (FNP) der Gemeinde Zell hat in den letzten Jahren für viel Gesprächsstoff gesorgt. Einst mit einer CSU-Mehrheit im Gemeinderat beschlossen, gab es viel Widerstand gegen den ersten Entwurf. Im Rahmen der Kommunalwahl 2020 war der FNP eines der bestimmenden Themen im Ort. Kritik gab es besonders an den großflächigen, neuen Baugebieten. Denn diese waren genau dort geplant, wo Zell vermeintlich am schönsten sei.
Laut dem Ersten Bürgermeister Joachim Kipke (Zeller Mitte – Freie Wähler) orientiere sich der neue FNP an der Forderung der Regierung von Unterfranken, des Landratsamts und der Wissenschaft, welche empfehlen würden, die Innenentwicklung gegenüber neuen Baugebieten im Außenbereich zu priorisieren. Diese Ansicht teilen auch die meisten Zeller Fraktionen. Die Fraktion CSU / Freie Zeller Bürger sieht das jedoch kritisch. Sie sieht eine moderate Ausweisungsmöglichkeit von zukünftigen Baugebieten als dringend notwendig an.
Die Diskussionen stehen beispielhaft für größere gesellschaftliche Spannungslinien. Schlagwörter wie "demografischer Wandel", "Fachkräftemangel" und "Klimawandel" spielen dabei eine wichtige Rolle. Im Endeffekt geht es darum, langfristig verbindlich festzulegen, ob Zell nach innen oder nach außen wachsen soll. Und die Würfel sind gefallen: Der neue FNP sieht nur noch minimale Neubauflächen im Außenbereich vor.
Wachstum nach innen oder außen?
Die Gegner neuer Baugebiete begrüßen den neuen Flächennutzungsplan, da er ihrer Meinung nach eine nachhaltige und ökologisch verantwortungsvolle Entwicklung fördert. Damit verbunden seien sowohl der Erhalt wertvoller Natur-, Landwirtschafts- und Naherholungsgebiete als auch die Vermeidung zusätzlicher Verkehrsbelastungen.
Sie setzen stattdessen auf "Nachverdichtung" – beispielsweise durch Nutzung von Baugebieten aus den 1960er- und 1970er-Jahren. Auch die Zeller SPD-Fraktion findet es sinnvoll, sich zunächst auf den Altbestand zu konzentrieren. Ansonsten gehe "die Innenentwicklung flöten", so der Zweite Bürgermeister Sebastian Rüthlein (SPD / Junge Liste Zell). Er verweist unter anderem auf das Gebiet Scheckert, das viel Entwicklungspotenzial habe.
Fördermöglichkeiten für Sanierungen
Der Fokus auf die innerörtliche Entwicklung wird von den meisten Zeller Fraktionen als eine ökonomische Chance betrachtet. Ratsmitglied Barbara Metz (Zeller Mitte – Freie Wähler) ist zum Beispiel der Meinung, dass besonders im Altort "viele bestehende Häuser und Höfe ungenutztes Potenzial bieten würden". Diese Position vertritt auch die Ortsgruppe Zell des BUND Naturschutz (BN). Diese betrachtet den neuen FNP als einen großen Erfolg ihres langjährigen Engagements.
Die Verfechter neuer Baugebiete (die komplette Fraktion CSU / Freie Zeller Bürger) argumentieren hingegen, dass der Mangel an Wohnraum nicht nur durch Innenentwicklung beseitigt werden könne. Dadurch fänden Fachkräfte für ortsansässige Betriebe und Einrichtungen keine passenden Wohnmöglichkeiten, was wiederum das lokale Wirtschafts- und Vereinsleben schwächen würde. Auch für junge Familien sei es schwierig, Baugrund zu finden, was langfristig zu deren Wegzug und eine Überalterung der Bevölkerung führe.
Die Befürworter des neuen Flächennutzungsplans betonen die Möglichkeiten, durch Sanierung hochwertigen Wohnraum zu schaffen, und verweisen dabei auf zahlreiche Fördermöglichkeiten. Zu nennen sind vor allem die bayerische Förderinitiative "Innen statt Außen" sowie das Kommunale Förderprogramm der Marktgemeinde Zell. Für die sogenannten "Urenkel-Grundstücke" der Speckgürtel-Gemeinde bieten sich somit neue Entwicklungschancen.